Als vier Kapläne in Hungerstreik traten

Von Herbert Schorn   17.Mai 2018

Mit Luftmatratzen in der Hand rückten am 21. Dezember 1971 um 16 Uhr vier Priester im Linzer Bischofshof ein. Vor der Wohnung von Bischof Franz Zauner richteten sie ihr Lager ein, um für 48 Stunden in den Hungerstreik zu treten.

Damit hatte, drei Jahre verspätet, auch die katholische Kirche in Oberösterreich ihren 68er-Skandal. Anlass für den Protest von Hans Gruber, Ernst Bräuer, Karl Appl und Johann Bachmair war ein Kaplan, der heiraten wollte und vom Vatikan in den Laienstand versetzt worden war. Doch der Bischof hielt die vom Papst bereits unterschriebene Urkunde zurück. Der Grund: Der Priester wollte mit seiner Frau in Wels leben. Nach österreichischer Regelung durften damals aber laisierte Priester nur in Wien, Graz oder Linz leben. "Man hoffte, dass die Anonymität der Großstadt Aufsehen verhinderte", erinnert sich Hans Gruber, heute 80.

Als klar war, dass der Bischof nicht nachgeben würde, griffen die vier zum letzten Mittel: dem Hungerstreik. Weihbischof Alois Wagner war der Vermittler. "Zu Beginn wurden uns disziplinäre Konsequenzen angedroht", sagt Gruber. Doch die vier hungerten medienwirksam weiter. "Die Aufregung war groß", erinnert sich der Priester, der sein Leben lang Betriebsseelsorger blieb. "In ganz Österreich wurde berichtet."

Schon 1966 hatte Gruber gemeinsam mit anderen Priestern eine Art Gewerkschaft, die Solidaritätsgruppe, gegründet: "Das war damals ein verbotener Zusammenschluss." Sie kämpften für mehr Freiheiten, etwa Krawatten statt des Priesterkragens tragen zu dürfen – und wurden prompt "die Selbstbinder-Priester" genannt. "Es gab damals eine große Aufbruchbewegung."

Der Hungerstreik endete übrigens mit einem Kompromiss: Der Ex-Priester durfte in Wels bleiben, musste aber seinen Posten als Religionslehrer in Linz aufgeben. "Das war aber kein Problem", sagt Gruber. "Er hatte schon vorher die Zusage für einen neuen Job bei der Bewährungshilfe."