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"Achtung, Falle!": Was es bei der Pflege zu beachten gilt

Von René Laglstorfer, 22. November 2018, 00:04 Uhr
"Achtung, Falle!": Was es bei der Pflege zu beachten gilt
Bild: Alexander Schwarzl

BRAUNAU. Enormes Interesse bei Veranstaltung von Arbeiterkammer und OÖNachrichten Experten informierten über das Dauerthema Pflege und gaben Tipps

Pflegebedürftig zu werden kann jeden von uns treffen – sei es durch einen Unfall, eine Krankheit oder mit zunehmendem Alter. Doch wer hilft mir, wenn ich in eine solche Situation komme? Welche Ansprüche habe ich? Und wie organisiere ich die Pflege für meine Angehörigen?

Um diese und viele weitere Fragen drehte sich die Informationsveranstaltung "Achtung, Falle! Pflege und Ihr gutes Recht" am Dienstagabend in Braunau. Auf Einladung von Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ) und OÖNachrichten informierten eine Konsumentenschützerin sowie Arbeits- und Sozialrechtsexperten über Tücken, die bei der Pflege zu beachten sind, und wie man zu seinem Recht kommt.

Wenn es um viel Geld geht

"Wir bemerken einen deutlichen Anstieg bei den Beratungen für Pflegegeld", sagt Johann Kalliauer, Präsident der AK OÖ. Die Arbeiterkammer berät Betroffene kostenlos in Fragen zum Pflegegeld oder bei allfälligen falschen Einstufungen und nimmt Verträge von Pflegeagenturen unter die Lupe. Bei der Pflegegeld-Einstufung geht es oft um viel Geld. "Wir hatten einen Fall, bei dem ein Gutachter die Erhöhung von Pflegestufe 2 auf 3 abgelehnt hatte. Wir klagten und es wurde festgestellt, dass sogar die hohe Pflegestufe 5 erforderlich ist. Da ging es um eine Nachzahlung von 7000 Euro für die Betroffene. Seither bekommt sie statt 290 Euro im Monat 920,30 Euro", sagt Kalliauer.

 

"Unsere Leser wollen nicht nur tagesaktuell informiert werden, sondern erwarten auch Hilfestellungen bei ihren Problemen, wie zum Beispiel der Pflege. Dem werden wir auch in Zukunft mit konstruktivem Journalismus nachkommen", sagt Gerald Mandlbauer, OÖN-Chefredakteur. Laut Experten wird der Pflegebedarf in unserer Gesellschaft künftig noch deutlich zunehmen.

Die Veranstaltungsreihe "Achtung, Falle!" von Arbeiterkammer OÖ und OÖNachrichten ging mit zahlreichen Fragen aus dem Publikum über die Bühne.

 

Meine Mutter kommt im Alltag nicht mehr zurecht, möchte aber auch nicht ins Heim. Welche Möglichkeiten gibt es?

"Viele Bedürfnisse können punktuell gelöst werden: mit Essen auf Rädern, Wäscheservice oder Hauskrankendienst", sagt AK-Konsumentenschützerin Karin Leitner. Wird mehr Betreuung benötigt, greifen viele auf die 24-Stunden-Betreuung zurück.

Wie komme ich zu einer Betreuungsperson?

Im Regelfall muss man sich an eine Agentur wenden. "Die richtige Agentur erkenne ich daran, welche Haltung sie gegenüber dem Betroffenen an den Tag legt", sagt Leitner. Nimmt sich die Agentur Zeit, den Betreuungsbedarf zu erheben, sind die Unterlagen verständlich? Kann ich auf den ersten Blick sehen, was ich zahlen muss und was geboten wird?

Wer hat Anspruch auf Pflegegeld?

Wer körperlich, geistig oder psychisch behindert ist und ständig betreut werden muss, hat Anspruch auf Pflegegeld, wenn dieser Zustand mindestens sechs Monate anhalten wird und ein Pflegebedarf von mehr als 65 Stunden im Monat besteht. Die Höhe des Pflegegelds hängt von der Pflegestufe ab und liegt zwischen 157,30 Euro bei Stufe 1 und 1688,90 Euro bei Stufe 7 mit einem Pflegebedarf von mehr als 180 Stunden pro Monat.

Warum passieren falsche Einstufungen bei der Pflegestufe?

"Ich habe das selbst bei meiner Mutter erlebt: Obwohl sie bettlägrig war, hat sie dem Gutachter erzählt, was sie im Haushalt noch alles selbst schafft und wie sie für die ganze Familie kocht", sagt AK OÖ-Präsident Johann Kalliauer. Betroffene würden oft versuchen, eine Fassade aufrecht zu erhalten, die nicht der Realität entspricht. Deshalb sollte man von seinem Recht Gebrauch machen, dass eine Vertrauensperson beim Gutachtergespräch dabei ist und keine Scheu vor Themen wie unkontrolliertem Harnverlust haben.

Wie kann ich die Pflege eines Familienmitglieds mit meinem Beruf vereinbaren?

Pflegekarenz und Pflegeteilzeit ermöglichen es Beschäftigten trotz aufrechtem Arbeitsverhältnis, nahe Angehörige zu pflegen. "Die Pflegekarenz ist unbezahlt, man ist dafür vom Dienst komplett freigestellt. Bei der Pflegeteilzeit kann die Arbeitszeit auf minimal zehn Stunden reduziert werden", sagt Arbeitsrechtsexperte Ernst Stummer. Sowohl Pflegekarenz als auch Pflegeteilzeit können drei Monate lang bezogen werden und einmalig um weitere drei Monate verlängert werden. Ein Rechtsanspruch existiert jedoch nicht, es braucht die Zustimmung des Arbeitgebers.

 

"Wir wissen nicht mehr ein und aus"
Bild: Alexander Schwarzl

„Wir wissen nicht mehr ein und aus“

Annemarie pflegt seit Jahrzehnten ihren jüngeren Bruder zu Hause. „Er leidet an schwerer Multipler Sklerose und hat die Pflegestufe 7“, sagt die Landwirtin. „Hut ab vor dem, was Sie leisten. Jeder, der die Pflegestufen kennt, weiß, was das heißt“, sagt Stefan Wimmer, Leiter der Arbeiterkammer-Bezirksstelle Braunau. Auch Franz pflegt seit 38 Jahren seinen behinderten Sohn. Dieser hat Pflegestufe 6 und bräuchte dringend persönliche Pflegeassistenz.

Verzweifelt ist die Altenbetreuerin Irene. „Mein Bruder hatte Prostata-Krebs und musste unter Vollnarkose operiert werden, seither ist er schwer dement, hat aber nur Pflegestufe 1 bekommen“, sagt Irene. Sie und ihre ebenfalls berufstätige Schwägerin würden nicht mehr ein und aus wissen, hätten schon einen Antrag auf höheres Pflegegeld gestellt. „Aber das dauert so lange“, sagt Irene.

„Kommen Sie zu uns und lassen Sie sich beraten, wir können Ihnen helfen“, sagt Johann Kalliauer, Präsident der AK OÖ. Für schwere Demenzfälle gebe es beispielsweise Erschwerniszuschläge. „Sie sollten unbedingt einen Termin bei uns vereinbaren, dann können wir uns auch etwaige Pensionsansprüche anschauen“, sagt der AK-Experte Wimmer. Geht ein Angehöriger in Pflegekarenz, dann ist er trotzdem beitragsfrei kranken- und pensionsversichert. Der Bund schreibe dem Pensionskonto 1800 Euro pro Monat gut.

Randgruppe unter Schutzschirm

„Uns wird vorgegaukelt, der Sozialstaat sei nicht mehr finanzierbar. Aber wir müssen den Mut für eine ordentliche Finanzierung der Pflege aufbringen“, sagt Kalliauer. Er fordert die Politik auf, künftig auch Pflegekräfte im Begutachtungsverfahren um die Pflegestufe mit einzubeziehen, weil diese den praktischen Pflegebedarf besser einschätzen könne als ein Arzt.

Bis vor kurzem sei eine kleine Personengruppe, die länger als 52 Wochen krank war und Reha-Geld beim Warten auf die Pensionierung bezogen hat, durch alle sozialen Netze gefallen. „Auch dank den OÖNachrichten, die immer wieder Fälle von Betroffenen aufgezeigt haben, haben wir durchgesetzt, dass diese Gruppe nun auch unter den Schutz des sozialen Schirms fällt“, sagt Kalliauer.

 

Pflege und 24-Stunden-Betreuung

230.000 Beratungen pro Jahr führt die Arbeiterkammer Oberösterreich in Pflege-, Arbeits- und Sozialrechtsfragen durch.

600–800 Agenturen bieten die 24-Stunden-Betreuung in Österreich an. Die meisten vermitteln Betreuerinnen aus Osteuropa.

500 Klagen vor Gericht strengt die AK OÖ jährlich für Betroffene allein wegen Pflegegeld-Streitigkeiten an.

Mehr als die Hälfte der etwa 100 Sozialrechtsklagen pro Jahr gewinnt die AK-Stelle Braunau vor Gericht.

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7  Kommentare
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zeissi65 (464 Kommentare)
am 22.11.2018 14:37

ca.500 Streifälle - für mich sind die Hauptschuldigen die CHEFÄRZTE.Aber dies ist hausgemacht,jene Herrn Dr.werden bezahlt für "Streichen,Kürzen,Ablehnen".Mir pers.wurden vom Chef.Ärztl.Dienst eine korrekte Untersuchung von 94 Std.korrigiert auf 46 Std.- ohne mich pers.untersucht zu haben.So schauts aus und seit unserer neuen Unsozialministerin gibts nur mehr Kürzungen,Streichungen,Ablehnungen,- Nasser Fetzen und weg::

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jamei (25.498 Kommentare)
am 22.11.2018 11:16

In diesem Artikel wird zu WENIG auf die Kontrolle von Pflegeagenturen seitens der AK eingegangen - weshalb hält man sich da so bedeckt?

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Bellou (2.120 Kommentare)
am 22.11.2018 13:44

Keiner traut sich wirklich über eine konsequente Qualitätskontrolle der Agenturen drüber: Zu verheerend wären die Folgen, würde dadurch ein Teil der Agenturen oder der 24-Stunden-BetreuerInnen wegbrechen.

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Gfrasttraun (402 Kommentare)
am 22.11.2018 07:30

Probleme die man schon vor Jahren lösen hätte sollen. Kranke und behinderte Menschen gibt es schon immer.

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Wosisdolos (711 Kommentare)
am 22.11.2018 10:50

Stimme ich zu, aber früher wurden die zu Hause betreut weil immer wer daheim war. Heute muss ein jeder arbeiten gehen.

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gegenstrom (16.154 Kommentare)
am 22.11.2018 06:39

Hier wird nur von der Pflege in den eigenen 4 Wänden berichtet - aber es gibt auch Pflege in Pflegeheimen und das wird das größere Problem werden, nachdem nur noch Pflegebedürftige mit Pflegestufe 4 eingewiesen werden sollen.
Niemand hat dabei berücksichtigt, daß auch der Pflegeschlüssel geändert werden müsste, denn für viele PflegerInnen ist die Belastung bereits jetzt zu viel geworden und sie steigen aus oder leiden an Burnout, weil sie die Verantwortung und Arbeit nicht mehr schaffen.
Ich würde empfehlen für 1 Tag so einen Gesetzgeber unerkannt mitarbeiten zu lassen...

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PippilottaOma (1.219 Kommentare)
am 22.11.2018 17:31

Sehr richtig !
Noch hilfreicher fände ich es, die Verantwortlichen als "Pflegefälle" 1 Woche ins Bett zu legen und zu schauen, ob ihnen die "Pflege"
- wie sie aktuell unter Stress und Druck von oben von den Pflegekräften erbracht werden kann -
zu genießen!

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