„2030 gibt’s auf dem Dachstein keine Gletscher mehr“

Von Gabriel Egger   06.Oktober 2017

Christoph Preimesberger war zehn Jahre alt, als er zum ersten Mal bedächtig einen Fuß auf das ewige Eis des Hallstätter Gletschers setzte. Im Jahr 1974 hatte es diese Bezeichnung noch verdient. "Das war ein Wahnsinnsgefühl. Alles war weiß, ich habe nur so gestaunt", erinnert sich der Chef der oberösterreichischen Bergrettung. 43 Jahre später verliert König Dachstein immer mehr an Macht: Ihm droht der Verlust seiner Gletscher – und das bereits in den nächsten 13 Jahren. "Das Ende ist keine Utopie mehr. 2025, spätestens 2030 wird es auf dem Dachstein keine Gletscher mehr geben", sagt Klaus Reingruber, Meteorologe bei "BlueSky", der am Forschungsprojekt "Dachsteingletscher" beteiligt ist.

Das Wegenetz verändert sich

Ihm liegen die ersten Ergebnisse des heurigen Gletscherberichts vor. Die exakten Messwerte werden erst veröffentlicht, aber eines ist bereits jetzt klar: Das Jahr 2017 war wieder kein gutes Jahr für Österreichs Gletscher. Der Hallstätter Gletscher verlor heuer rund 15 Meter an Länge. Fünf Millionen Kubikmeter Wasser flossen ab. "120 Millionen Kubikmeter sind noch übrig. Der Schwund lässt sich nur mehr verzögern, nicht mehr verhindern", sagt Reingruber.

Der Rückgang der Gletscher verändert nicht nur das Aussehen des höchsten Berges Oberösterreichs. Er hat auch weitreichende Folgen für den Tourismus. Der "Superpark" auf der steirischen Seite wird kommenden Herbst nicht mehr aufgebaut. Für die Snowboard- und Freeski-Anlage wurde der Gletscherschwund zu groß. Der Eispalast wird mit weißem Vlies, das die Attraktion vor der starken Sonneneinstrahlung schützen soll, am Leben gehalten. Die Quellen, die Hallstatt, Gosau und Obertraun mit frischem Trinkwasser vom Gletscher versorgen, werden langsam versiegen. Und Routenbeschreibungen für Wanderer und Kletterer müssen neu geschrieben werden. "Das gesamte Wegenetz wird sich durch den starken Rückgang verändern. Es kommt auch zu einem Anstieg der Lawinengefahr, weil viele Bereiche durch die Schmelze steiler werden", sagt Preimesberger, der "seinen" Dachstein in Hallstatt jeden Tag vor Augen hat.

50 Zentimeter Schnee am Gletscher

Der Neubau der Seethalerhütte auf 2740 Meter Seehöhe, für den erst im Juli der Spatenstich erfolgte, könnte schon bald nicht mehr über Schnee und Eis zu erreichen sein. Das höchstgelegene Haus Oberösterreichs soll im Herbst 2018 in Vollbetrieb gehen. "In den 70er Jahren war die Hütte oft gar nicht erkennbar, weil es so viel Schnee gab", erinnert sich Preimesberger. Derzeit liegen dort im Gletscherbereich rund 50 Zentimeter. Bereits heute soll es einiges an Nachschub geben. Helfen wird das auf Dauer nicht. "Das ist wie mit einem Fisch, dessen Teich immer kleiner wird", sagt der Bergrettungschef. "Er überlebt lange, aber irgendwann geht ihm die Luft aus."

Der Hallstätter Gletscher im Jahr 1906:

Ewiges Eis mit Ablaufdatum
Der Hallstätter Gletscher im Jahr 1906

 

Bis zum Jahr 2003 hat der Gletscher sehr viel an Masse und Länge verloren: 

Ewiges Eis mit Ablaufdatum
Bis zum Jahr 2003 hat der Gletscher sehr viel an Masse und Länge verloren.

 

Der Gletscher im Jahr 2017:

Ewiges Eis mit Ablaufdatum
Der Gletscher im Jahr 2017.