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Fragen zum Mythos Bio-Plastik

Von Ulrike Rubasch, 19. Jänner 2019, 00:04 Uhr
Fragen zum Mythos Bio-Plastik
Zuckermoleküle sind häufig die Bausteine für Bio-Kunststoffe. Bild: colourbox.de

LINZ. Schon heute könnten viele Kunststoffprodukte aus nachwachsenden Rohstoffen sein.

Mit dem Jahr 2020 werden Einweg-Plastikprodukte wie Sackerl oder Trinkhalme in der EU verboten. Vielen erscheinen Bio-Kunststoffe als Alternative, andere verteufeln sie. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen, die die OÖN vier Experten gestellt haben.

1. Was sind Bio-Kunststoffe?

Ähnlich wie Pflanzen bestehen sie aus langen Zuckermolekülen. Natürliche Rohstoffe sind etwa Zuckerrohr, Maisstärke oder Distelöl. Das bekannteste Bio-Polymer ist Celluloseacetat (z.B. Cellophan), das auch in Handydisplays eingesetzt wird. 26 Prozent der Bio-Kunststoffe weltweit sind PET (Polyethylenterephthalat, z.B. in PET-Flaschen) und zehn Prozent Polyethylen (PE) aus Mais oder Zuckerrohr. Dies ist auch die am stärksten wachsende Gruppe.

2. Sind sie kompostierbar?

Das ist einer der größten Irrtümer in Bezug auf Bio-Plastik: Nicht alle Bio-Kunststoffe sind abbaubar. Bio-PET und Bio-PE sind nicht kompostierbar. Bio-Plastiksackerl sind nicht dafür gedacht, auf den Hauskompost geworfen zu werden, auch wenn sie entsprechende Logos tragen – es sei denn, der Kompost wird fachgerecht umgestochen und große Hitze kann entstehen.

Hier ist die industrielle Kompostierbarkeit gemeint, die zwei Normen sichern. Entspricht ein Kunststoff diesen (EN 13432 oder EN 14995), kann er unter spezifischen Bedingungen (z.B. 60 Grad und Feuchtigkeit) vollständig abgebaut werden. Diese Eigenschaft ist also keine Lösung für die Umwelt- und Meeresverschmutzung mit Plastik.

3. Ist Bio-Kunststoff gleichwertig?

Die Bio-Kunststoffvertreter sagen, dass etwa 90 Prozent der fossilen Kunststoffe durch Bio-Kunststoffe ersetzt werden könnten: von Joghurtbecher, Sackerl, Plastikbesteck, Verpackung bis zu Autoteilen. Der Recycling-Maschinenhersteller Erema aus Ansfelden und der Uni-Professor Gernot Wallner sprechen von erheblichen Einschränkungen in den Anwendungen.

Die Bio-Polymere (Bio-Kunststoffe) sind wasserliebend, was für Verpackungen mitunter ein Nachteil ist. Auf der anderen Seite können sie "atmungsaktiv" sein, wie die "BioBags" samt Bioküberl zum Sammeln von Bioabfall. Sie verhindern Schimmel und können mit dem Sackerl in die Bio-Sammelbehälter geworfen werden. Bio-Kunststoffe sind jetzt schon in Anwendungsbereichen wie Mulch-/Agrarfolien sehr sinnvoll, weil sie bioabbaubar sind, also eingeackert werden können. Auch im Catering, wo Plastikgeschirr mit vielen Lebensmittelresten weggeworfen wird, können Bio-Plastikteller und -besteck sinnvoll eingesetzt werden, heißt es bei Erema.

4. Was sind die Vorteile?

Ein geringerer CO2-Fußabdruck und die teilweise mögliche Abbaubarkeit, wenn sie in die Umwelt gelangen – im Gegensatz zu konventionellen Kunststoffen, Stichwort Mikroplastik. Bio-Polymere sind etwa für den 3D-Druck von Vorteil, für den spezielle Milchsäure-Polymere entwickelt wurden. Es werden häufig nachwachsende Rohstoffe und pflanzliche Abfälle zur Herstellung von Bio-Kunststoffen eingesetzt. So wurde etwa im italienischen Vorzeigeprojekt Matrica mit der ersten "grünen Bio-Raffinerie" der Welt des Energiekonzerns Eni und des Bio-Kunststoff-Konzerns Novamont in Sardinien eine unrentable Raffinerie 2017 wiederbelebt. Regionale Wirtschaftskreisläufe wurden neu etabliert. 350.000 Tonnen Bio-Pflanzenmaterial wie Disteln werden hier jährlich industriell verarbeitet.

5. Stören Bio-Kunststoffe den Recycling-Kreislauf?

Hier bekamen wir keine eindeutige Antwort. Erema sagt, nur die bioabbaubaren Kunststoffe (stärke- und milchsäurebasiert) stören, Bio-PET und Bio-PE jedoch nicht. Bioplastik-Pionier Ewald Kapellner sagt, "bis zu zehn Prozent Anteil an Bio-Kunststoffen merken die Recycler nicht". Derzeit liegt der Bioplastik-Anteil – übereinstimmend – bei ein bis zwei Prozent. Wallner wiederum schreibt den Bio-Polymeren eine störende Wirkung im Verwertungskreislauf zu. "Sie sind nicht mischbar und führen zu Problemen. Die Verwertung wird aufwändiger und energieintensiver." Auch die Qualität der Recyclate werde beeinträchtigt.

6. Stimmt es, dass Bio-Plastik wertvolle landwirtschaftliche Flächen verbraucht?

Die Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion wird den Bio-Kunststoffen oft angekreidet. Kapellner sagt, der Flächenverbrauch sei viel geringer als oft von der Kunststoff-Industrie propagiert: "Mit zehn Prozent der italienischen Maisanbaufläche könnte ganz Europa alle Verpackungen auf Bio-Plastik umstellen." Nur ein Prozent der in der EU verarbeiteten Maisstärke wird für Bio-Kunststoffe verwendet. Es gibt auch Verfahren wie ein von Lackner Ventures mit der TU Wien entwickeltes, bei dem Bio-Kunststoff aus CO2 und Cyanobakterien – ohne Ackerflächenverbrauch – erzeugt wird.

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10  Kommentare
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Gugelbua (31.807 Kommentare)
am 20.01.2019 13:07

Bio- Plastik ?
entweder ist es Plastik oder nicht
und wenn die übrige Welt nichts gegens Plastik unternimmt weil gerade Drittstaaten die größten Verursacher sind und alles ins Meer spülen wirds wohl nur ein nett gemeintes Vorhaben sein.

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pinkpaul (379 Kommentare)
am 20.01.2019 10:56

Vor etwa 30 Jahren gab es die Initiative "Jute statt Plastik", wo Jutetaschen statt Plastiksackerl propagiert wurden. Diese Aktion hatte mehrfach positive Effekte, weil Jute nicht nur ein 100%-ig biologisches Material mit einer schnellen Abbaurate ist, sondern auch Jutebauern in ärmeren Ländern damit unterstützt wurden. Leider ist von dieser Aktion nichts mehr übriggeblieben. Die derzeit in Supermärkten angebotenen textilen Taschen sind sicher besser als Plastiktaschen, vorausgesetzt sie bestehen aus cellulosischem Material (Baumwolle, Jute, Viskose...). Jedoch sind einige davon innen mit Plastik laminiert, was nicht gut für deren Abbaubarkeit ist. Weiters machen die großen Supermarktketten damit ihr Geschäft. Baumwolle ist zwar ein natürlicher Rohstoff, jedoch ist sie nicht besonders umweltfreundlich. Es wird sehr viel Wasser dafür benötigt (und das in Gegenden wo Wasser knapp ist) und auch viel Insektizid. Die Austrocknung des Aralsees mit Salzsteppenbildung geht auf Baumwolle zurück

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pinkpaul (379 Kommentare)
am 20.01.2019 07:15

Cellophan besteht nicht - so wie im Artikel behauptet - aus Celluloseacetat, sondern aus reiner Cellulose (siehe Wikipedia). Cellulose ist der in der Natur am häufigsten vorkommende nachwachsende Rohstoff. Alle Bäume, Gräser, gewisse Algen, Pilze, Bakterien...enthalten Cellulose. Mit der von der oö. LENZING AG zur Marktreife entwickelten Lyocell-Technologie kann man ohne eine einzige chemische Reaktion Zellstoff direkt auflösen und damit Cellophanfolien herstellen. Diese werden innerhalb weniger Wochen von Bodenbakterien in Wasser und Kohlendioxid vollständig abgebaut. Zum Vergleich brauchen die als "grün" angepriesenen PLA-Plastiksackerl aus natürlicher Milchsäure dazu etwa 50 Jahre. Das erwähnte Celluloseacetat ist chemisch modifizierte Cellulose, bei der eine Reaktion mit Essigsäure gemacht wird. Ein Hauptanwendungsgebiet dafür sind Zigarettenfilter. Wie viele Hobbygärtner sicher bestätigen können, zersetzen diese sich nur langsam und sind noch nach Jahren im Erdreich auffindbar.

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caless (72 Kommentare)
am 20.01.2019 06:06

"Alle sehen gleich aus
Die Probleme beginnen bei der Verwertung der Bioabfälle. Wer schon einmal eine Anlieferung von Bioabfällen an einer Kompost- oder Vergärungsanlage gesehen hat, kann sich gut vorstellen, dass es unmöglich ist, in einem solchen Haufen Kunststoff-Müll­beutel von normalen Plastiktüten zu unterscheiden. Normale Plastiktüten stören aber bei der Verwertung massiv. Folglich werden beide als Störstoffe aussortiert und gelangen ins Müllheizkraftwerk – und zwar mitsamt dem Inhalt." https://www.abfallwelt.de/news/muelltonnen/kein-fall-fuer-die-biotonne-biologisch-abbaubare-kunststoff-muellbeutel/

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AlfaOmega (10 Kommentare)
am 19.01.2019 20:23

Bio-Kunststoffe sind wie im Artikel beschrieben in bioabbaubar und biobasiert und einer Schnittmenge, die beides sind unterteilt; beides hat teilweise seine Berechtigung, aber auch seine Einschränkungen, somit generell weder vorteilhaft, noch nachteilig.
Es gibt auch keine Wegwerfprodukte, sondern nur Einwegprodukte, die im Medizinbereich oder auch als Verpackung nicht wegzudenken sind und nach deren Nutzung entsorgt werden müssen (dies haben wir Menschen zu tun!! (nicht der Werkstoff)
Empfehle zum Thema Nachhaltigkeit folgende Info:
https://www.youtube.com/watch?v=pyNf6TZh4IY

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pinkpaul (379 Kommentare)
am 20.01.2019 07:27

Bio-Kunststoffe sind sicher bio-basiert, aber was Bio-Abbaubarkeit betrifft bedeutet dies nicht automatisch gute Werte dafür. Als Beispiel für einen schlecht abbaubaren Bio-Kunststoff sei PLA (poly-lactic-acid, Poly-Milchsäure) erwähnt, welches für "Bio"-Plastiksackerl verwendet wird. Bei standardisierten Zersetzungstests dauert es ca. 50 Jahre (hochgerechnet), bis der letzte Rest zersetzt ist. Echt "vollbio" ist Cellulose (Cellophan), da sich Produkte daraus (Fasern, Folien...) innerhalb von Wochen vollständig im Erdreich zersetzen. Findet man dennoch nach Monaten noch Reste, so hat es sich ganz sicher um ein Mischprodukt mit z.B. Polyester gehandelt, wobei der Mischungspartner übrig geblieben ist.

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clarazet (6.212 Kommentare)
am 19.01.2019 15:34

Die Faktenlage ist recht neutral und detailliert aufbereitet, ein sehr guter Artikel!
Eine Ergänzung noch, in allen Bereichen muss gespart werden. Die Flut an Plastik soll nicht durch Bioplastik ersetzt werden, sondern insgesamt reduziert werden.

Weg von der Wegwerfgesellschaft wie Kurz richtigerweise sagte, bedeutet klar, weg von der Überflussgesellschaft, wenn man logisch weiter denkt.

Wirtschaftsschrumpfung statt Wirtschaftswachstum.

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fai1 (5.984 Kommentare)
am 19.01.2019 19:28

Und wie soll die Wirtschaftsschrumpfung funktionieren?

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kleinerdrache (9.944 Kommentare)
am 20.01.2019 18:03

Weniger anstatt immer mehr.
Ich weiß, kein einfacher Weg...

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fai1 (5.984 Kommentare)
am 19.01.2019 11:32

Mit diesem tollen Bio Plastik werden alle Kompostanlagen ihre lieben Probleme bekommen. Nachdem ja diese irreführende Bezeichnung “kompostierbar“ vorhanden ist, werden jede Menge dieser Plastiksackerl in der grünen Tonne landen. Eigentlich wieder einmal eine totale “Verarschung“ des Konsumenten.

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