"Wir suchen nicht Lösungen, wir suchen das Problem"

Von Elisabeth Eidenberger   22.Jänner 2016

Wenn Chemikerin Catharina Paukner von ihrem Fachgebiet spricht, leuchten die Augen. Die gebürtige Linzerin erforscht das relativ neue Material Graphen und hat in England dafür die Firma Cambridge Nanosystems gegründet. Die OÖN trafen die Wissenschafterin bei der Veranstaltung zum Thema "Technophobie" im Welios in Wels.

Anfang 2015 wurde sie von der britischen Zeitung "The Telegraph" unter die 15 Firmenchefs gewählt, auf die England besonders schaut. Ein Jahr später hat sich einiges getan: "Wir sind in ein eigenes Gebäude mit 2500 Quadratmetern für Büros und Labors gezogen. Wir konnten die Produktion auf das Hundertfache steigern. Und wir haben das Team auf 22 Mitarbeiter verdoppelt", sagt die 31-Jährige.

Sie forscht in ihrer Firma an dem Stoff Graphen – vielfach als "Wundermaterial des 21. Jahrhunderts" bezeichnet. "Normalerweise ist es ja so: Es gibt ein Problem, für das man eine Lösung sucht. Wir haben eine Lösung – jetzt suchen wir nach dem Problem. Graphen ist so vielfältig einsetzbar", sagt Paukner. Graphen ist die zweidimensionale Form von Graphit. Es ist nicht nur sehr dünn, es ist auch besonders reißfest, leitet Strom fast ohne Verluste und wirkt isolierend. "Unser Hauptgeschäft ist die Produktion des Stoffs aus Methan und die Entwicklung von Anwendungen."

Eine dieser Anwendungen kommt ab 2017 in einem "High- End-Auto" zum Einsatz. Eine Marke nennt Paukner nicht. "Dank Graphen können wir im Auto viel schneller heizen, auch in nicht geraden Teilen, wie im Lenkrad oder in Sitzen. Das heißt: Es ist gleich nach dem Aufsperren des Autos warm – und nicht wie jetzt erst nach sieben bis neun Minuten", sagt sie. Neben Heiz-Anwendungen kann Graphen etwa auch als Korrosionsschutz oder für Verbundwerkstoffe genutzt werden.

2004 wurde Graphen erstmals wissenschaftlich beschrieben – zu diesem Zeitpunkt machte Paukner gerade ihre HAK-Matura. 2010 erhielten Graphen-Forscher den Physik-Nobelpreis. So rückte das neue Material ins Rampenlicht. "Die Erwartungen sind sehr hoch. Die theoretischen Eigenschaften versprechen viel, die industrielle Produktion und serienmäßige Anwendung sind aber eine andere Geschichte. Wir machen kleine Schritte. Da kann es sein, dass die Enttäuschung kommt, wenn die Realität eintrifft, weil eben nicht alles so schnell geht."

Als Technikerin fühlt sich Paukner am richtigen Fleck. Wie sie Mädchen für die Technik begeistern würde? "Es gibt leider immer noch zu viele Menschen, die sich nicht genieren, zu sagen: Mädchen können das nicht. Mädchen hören das und nehmen es sich zu Herzen. Wenn sie aber zu einer technischen Ausbildung ermutigt werden, würden sie sich das auch zutrauen."

Technophobie

Woher rührt die vorherrschende Technikskepsis? Warum wählen so wenige Junge eine technische Ausbildung? Wie kann man sie dafür begeistern? Auf der Suche nach Lösungen diskutierten bei einer Veranstaltung der Academia Superior und der Industriellenvereinigung Oberösterreich am Mittwoch Catharina Paukner, Erich Gornik (Professor für Physik), Curt Michael Stoll (Festo AG), Landesschulinspektor Günther Vormayr sowie IV-OÖ-Präsident Axel Greiner und Academia-Superior-Obmann Michael Strugl.