"Wir fürchten nicht die neuen, sondern die alten Technologien"

Von Dietmar Mascher aus Stockholm   07.Oktober 2017

Alrik Danielson entspricht auf den ersten Blick nicht dem Bild, das man von einem Generaldirektor eines Milliardenkonzerns hat. Der CEO des auch in Steyr vertretenen Kugellager-Spezialisten SKF mit 50.000 Mitarbeitern und sieben Milliarden Euro Umsatz empfängt eine oberösterreichische Delegation der Business Upper Austria, geführt von Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Strugl und Industriellen-Präsident Axel Greiner, in Sneakers und leichtem Sakko. Bei seinem Vortrag setzt er sich auf einen Tisch, entschuldigt sich für "mein schreckliches Deutsch" und nimmt sich dann kein Blatt vor den Mund.

"Die Zeit der Transformation ist jetzt. Wir müssen alles daran setzen, nicht aus den Angeln gehoben zu werden. Die Digitalisierung verändert unser Leben und unser Arbeiten grundlegend. Das kostet Arbeitsplätze. Und wir müssen uns jetzt, in Zeiten guten Wachstums, mit Mut und Führungskraft auf die Zukunft einstellen", sagt Danielson. Er weiß sich dabei von den Betriebsräten und Gewerkschaften unterstützt.

Keine Jobs für Nichtqualifizierte

Die schwedischen Gewerkschafter wüssten im Gegensatz zu Kollegen in anderen Ländern, worum es geht, und würden die Transformation mittragen. "Das betrifft auch die Immigration. Wenn wir gebeten werden, Jobs für nicht oder schlecht qualifizierte Leute zu schaffen, muss ich sagen: Die wird es nicht mehr geben. Wir müssen schleunigst alle weiterbilden und auf Digitalisierung vorbereiten."

Danielsons Worte sind deshalb bemerkenswert, weil Schweden schon als Weiterbildungs-Europameister gilt. Dies begründet nicht zuletzt den Ruf der Regionen um Göteborg (wo SKF sitzt) und Stockholm. Die beiden Gebiete liegen im Ranking der besten Wirtschaftsregionen Europas unter den besten zehn. Stockholm gilt als Innovationsweltmeister, weshalb die Gruppe mit Strugl, Greiner, JKU-Rektor Meinhard Lukas, Fachhochschulchef Gerald Reisinger und etlichen Industriellen nach Schweden reiste.

Aber wie machen das die Schweden? "Wir haben eine lange Tradition. Weltkonzerne wie ABB, Ericsson, Scania, Ikea und Electrolux, aber auch jüngere wie Spotify und H&M kommen aus Schweden und holen die Welt zu uns", sagt Joachim Appelquist von der Innovationsagentur Vinnova, die auch die schwedische Regierung berät.

Daneben gibt es in Schweden eine aktive Start-up-Szene. Schon in den Schulen und Universitäten gilt es als cool, Unternehmen zu gründen. "Das liegt auch daran, dass Gaming bei den Gründern eine große Rolle spielt", sagt Strugl. Minecraft und Candy Crush sind Spiele, die in Schweden entwickelt wurden.

Kinder früh ermutigt

Appelquist nennt als Erfolgsgeheimnisse auch, dass Kinder früh ermutigt werden, ihre Kreativität auszuleben. "Das beginnt im Kindergarten. Dazu haben wir viele technologieaffine Leute."

"Wir fürchten uns nicht vor den neuen, sondern vor den alten Technologien, mit denen wir den Anschluss verpassen würden", laute die Devise.

Wenn man Stockholm oder Göteborg mit Österreich vergleiche, werde klar, "dass wir auf einem guten Weg sind. Aber was Weiterbildung und Infrastruktur betrifft, haben wir Nachholbedarf", sagt Strugl. 70 Prozent der Haushalte haben schnelles Internet mit 100 Megabit pro Sekunde. In Oberösterreich ist der Prozentsatz einstellig. Bei Ericsson wird gerade 5G für mobile Daten getestet, dabei geht es um bis zu 20 Gigabit pro Sekunde Downloadrate. "Wir müssen nicht nur unsere Kinder auf die Digitalisierung vorbereiten, sondern alle Arbeitnehmer. Und ein Tablet in der Schule wird nicht reichen", sagt Strugl.

"Was uns die Schweden voraus haben, ist der finanzielle Spielraum", sagt Axel Greiner. Das einst als supersozialer Staat bekannte Land ist noch immer sehr sozial und viel familienfreundlicher als Österreich. Aber schon vor Jahren haben die Schweden ihr Budget in Ordnung gebracht, und sie leben sparsamer. Das schafft Möglichkeiten, in Weiterbildung und Digitalisierung zu investieren.