"Wasserstraße Donau ist seit zwei Monaten tot"

Von Sigrid Brandstätter   10.November 2018

Wolfgang Eder, Vorstandsvorsitzender der voestalpine und damit des größten Nutzers der Binnenschifffahrt in Österreich, beschreibt die Folgen des anhaltenden Niedrigwassers drastisch: "Die Wasserstraße Donau ist seit zwei Monaten de facto tot."

Der heimische Stahlerzeuger verlagert den Transport seiner Rohstoffe auf die Schiene und lässt Erze und Kohle durchwegs nun über den Adriahafen Koper auf die Bahn umschlagen.

Dieter Illmayer, Geschäftsführer von Panta Rhei, einer der wenigen österreichischen Speditionen, die sich nur auf Binnen- und Seeschifffahrt spezialisiert hat, bestätigt: "Das ist nicht das erste Niedrigwasser, das ich erlebe. Aber die Dimension ist einmalig." Üblicherweise könnten Motorgüterschiffe und Schubkähne über Rotterdam und den Rhein ausweichen, wenn die Donau Niedrigwasser führt und umgekehrt. "Heuer sind beide großen Flüsse massiv betroffen."

Es drohen mehr Eissperren

Panta Rhei bringt für die voestalpine Fertigprodukte wie Schienen, Draht oder Blechbunde übers Wasser zu den Kunden, auch die Borealis in Linz ist mit Düngemitteln Kunde des Unternehmens. Auf dem Wasser werden neben Rohstoffen wie Erz und Magnesit Massengüter wie Schrott, Holz, Getreide und Futtermittel transportiert. Im Binnenbereich habe sein Unternehmen heuer bisher einen Mengenrückgang von 25 Prozent erlitten, sagt Illmayer.

Einige Kunden könnten aber kaum ausweichen. Diese müssten einen Pauschaltarif akzeptieren: Die Schiffe können nur ein Drittel laden, bezahlt werde aber für eine Vollladung – anders würde sich der Transport nicht rechnen. Das bestätigt die viadonau: "Ein wirtschaftlicher Gütertransport auf der Donau ist aktuell kaum möglich." Allerdings stellt die Schifffahrtsbehörde klar: "Der Fluss ist nicht für die Schifffahrt gesperrt."

Nutznießer sind die Güterbahnen, die Vollbetrieb haben. Ein ÖBB-Sprecher sagt: "Wir fahren mit allem, was geht." Allerdings besteht ein Mangel an Wagen, Zeitfenstern für die Fahrten auf einzelnen Streckenabschnitten und vor allem an Lokführern: 4300 Lokführer sind bei den ÖBB derzeit im Einsatz. 1300 neue werden in den nächsten fünf Jahren gebraucht. Die Ausbildung dauert ein Jahr, kurzfristig gibt es daher keine Abhilfe.

Vor allem um Güterwaggons wird gekämpft: "Wir laufen jedem Wagen nach", heißt es von einer privaten Güterbahn. Von den ÖBB heißt es, man habe 21.000 eigene Wagen, weitere 9000 sind angemietet. Allerdings dürfen Güterwaggons dank einer internationalen Vereinbarung von anderen Bahnen beladen und weiter benutzt werden – was in Zeiten wie diesen weidlich ausgenutzt wird. So könne es bis zu 28 Tage dauern, bis ein Waggon wieder zurückkomme.

Zurück zur Schifffahrt: Dort fürchtet man vor allem den Wintereinbruch – ohne dass es zuvor große Regenmengen gegeben hätte. "Die Gefahr des Einfrierens ist bei geringerer Wassermenge größer, auch die geringere Fließgeschwindigkeit erhöht diese Gefahr", sagt der Schifffahrtsexperte Illmayer.

Illmayer fürchtet die längerfristigen Folgen der Verlagerungen. "Die Gefahr besteht, dass die Ware nicht mehr zurückkommt." Diese Einschätzung teilt Oliver Schauer nicht. Er ist an der FH Steyr Logistik-Experte für die Wasserwege: "Für einzelne Branchen bleibt die Binnenschifffahrt sehr relevant."

 

Bahn und Schiff

9,6 Millionen Tonnen wurden im Vorjahr auf der Donau in Österreich transportiert. Das ist ein Plus von sechs Prozent gegenüber 2016.

119 Millionen Tonnen Güter wurden 2017 auf der Schiene transportiert. Das war ein Plus von 3,4 Prozent.

45 Prozent der auf der Donau geführten Produkte wurden im Hafen der voestalpine ent- oder beladen. Auf den Hafen der Linz AG entfallen 7,9 Prozent, auf den Ennshafen 8,5 Prozent.