Tiroler Adler zerreißt die Rundschau

08.November 2008

Es ist nicht nur ein historisches Ereignis, sondern für die rund 250 betroffenen Mitarbeiter geht es um die Existenz. Rund 100 sollen wie berichtet gekündigt werden. Die verbleibenden 150 müssen beim Einkommen deutlich kürzer treten. So sollen die Journalisten von ihrem Kollektivvertrag in den preiswerteren des Gewerbes gezwungen werden. Die Einbußen sollen bis zu 50 Prozent betragen. Wenn sie nicht akzeptieren, können sie gehen.

Auslöser des Kahlschlags: Die Moser Holding Innsbruck, die die Tiroler Tageszeitung und verschiedene Gratismedien herausgibt, übernimmt die Oberösterreichische Rundschau zur Gänze und zerreißt sie. Die Tiroler hatten seit Ende 2006 im Rahmen eines Optionsvertrags die operative Führung.

RLB/VP: Kein Kommentar

Die Zerschlagung der Rundschau bringt einen in der Geschichte des oberösterreichischen Medienwesens noch nie da gewesenen Personalabbau. Bei Gewerkschaft und Arbeiterkammer laufen die Telefone heiß. Auf der Eigentümerseite, die den Niedergang in den vergangenen 20 Jahren herbeigeführt bzw. nicht verhindert hatte, herrschte gestern Funkstille.

Der Verkäufer, die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, wollte keine Stellungnahme abgeben. Auch nicht die ÖVP-Landespartei, die zuletzt mit drei Prozent beteiligt war. Die Diözese Linz, die vor 20 Jahren die Unternehmensmehrheit abgegeben hatte, aber bei der Ernennung von Herausgeber und Chefredakteur noch Mitsprache hat, enthielt sich eines Kommentars.

Verlagschef verliert Titel

Trotz des Personalabbaues und der Umstellung von Kauf- auf Gratiszeitung und obwohl viele Zeitungsinhalte künftig aus anderen Bundesländern zugekauft werden, kündigte Moser-Holding-Chef Hermann Petz den Radikalschnitt als „Optimierung“ und Qualitätsoffensive an. Das führte gestern zu einer ersten Reaktion: Die österreichische Fachzeitung „Der Journalist“ entzog Petz per Aussendung den heuer verliehenen Titel „Medienmanager des Jahres“. Herausgeber Johann Oberauer: „Wir wollen keine Person als Vorbild auszeichnen, die Lösungen auf Kosten der Journalisten austrägt und sich gegen Qualitätsjournalismus entscheidet.“ Für die Pressevielfalt sei dies ein großer Schaden.

Der Radikalschnitt soll erfolgt sein, weil sich die Ertragslage als viel schlimmer darstellte, als es der Käufer vor knapp zwei Jahren erwartet hatte. Die Moser-Holding reduziere daher den Kaufpreis mit einem vereinbarten „Besserungsschein“, ist zu hören. Damit würde Verkäufer RLB um Geld umfallen.

RLB und Volkspartei behalten aber das Mitspracherecht bei wichtigen Personalentscheidungen. Daher soll Rudolf Chmelir weiterhin Herausgeber bei beiden Gratisblättern bleiben. Chefredakteur Josef Ertl wird künftig nur noch die dann kleinformatige Gratis-Sonntags-Rundschau führen.