Russland-Sanktionen: "Ein Schuss ins Knie"

Von Dietmar Mascher   25.Juni 2018

"Diese Sanktionen haben nicht gewirkt, und sie werden auch nicht wirken", sagt Peter Augendopler. Der Chef des Backmittelherstellers Backaldrin und Mister Kornspitz kann den EU-Sanktionen gegen Russland überhaupt nichts Positives abgewinnen. Im Gegenteil: Der heimischen Wirtschaft hätten sie massiv geschadet.

Das belegt der Linzer Volkswirtschaftsprofessor Friedrich Schneider mit Zahlen. Die Exporte der EU nach Russland sind von 2013 bis 2016 um ein Drittel auf 72 Milliarden Euro gesunken, der Exportrückgang in Österreich bzw. Oberösterreich betrug immerhin rund zehn Prozent. "Im Wirtschaftskrieg haben auch oberösterreichische Unternehmen Kollateralschäden hinnehmen müssen", sagt Schneider.

In Russland investiert

Backaldrin hat rasch reagiert und ließ seine Produkte in einem Drittland produzieren, um sie weiterhin nach Russland liefern zu können. "Das kostete eine Million Euro. Um ein Haar wäre unsere Arbeit von 22 Jahren in Russland hinfällig gewesen", sagt Augendopler. Mittlerweile produziert Backaldrin in Russland selbst. Die Zehn-Millionen-Investitions-Entscheidung habe man von heute auf morgen treffen müssen, um Abnehmer zu beruhigen.

Den Münzbacher Fleischverarbeiter Greisinger haben die Russland-Sanktionen massiv getroffen. Nach einer langjährigen Kooperation seit den 1990er-Jahren fiel ein Umsatz von 13,5 Millionen Euro praktisch über Nacht weg, das waren damals mehr als 12,5 Prozent vom Umsatz. 50 Leute mussten um ihren Arbeitsplatz fürchten. "Wir konnten das dann auf andere Exportziele umlenken, mussten dafür aber unser Verkaufsteam verdreifachen", sagt Franz Greisinger. "Die Folgen hat man dann am Ergebnis gesehen."

Greisinger (700 Mitarbeiter, 135 Millionen Euro Umsatz) hat vor allem hochwertige Wurstwaren nach Russland geliefert. "Österreich hat dort einen guten Ruf. Ich bin der Überzeugung, dass wir bei einem Ende der Sanktionen dort rasch wieder in die Gänge kämen", sagt der Mühlviertler Unternehmer im Gespräch mit den OÖNachrichten, das von Institut Wirtschaftsstandort Oberösterreich organisiert wurde.

Dessen Geschäftsführer Gottfried Kneifel klagt, dass durch die Sanktionen viele Betriebe geschädigt worden seien. "Die Sanktionen waren de facto ein Schuss ins Knie der Betriebe", sagt Kneifel.

Das sehen auch Vertreter von Unternehmen so, die unmittelbar nicht von den Sanktionen betroffen sind. Franz Plochberger, der mit seiner Firma Cemtec (250 Mitarbeiter, 188 Millionen Euro Umsatz) im Ennshafen Anlagen für den Bergbau herstellt und die großen Förderer von Gold, Diamanten und Phosphor in Russland beliefert, hat keine Einbrüche verzeichnet, seit es Sanktionen gibt. "Der Preisdruck ist ohnehin gegeben durch die Konkurrenz aus China. Was aber auffällt: Die Russen sind generell vorsichtiger bei ihren Investitionsentscheidungen geworden. China wird vermehrt als Alternative gesehen", sagt Plochberger, der die Russen als verlässliche Handelspartner mit ähnlicher kultureller Einstellung kennengelernt hat.

"So wird keiner reich"

Der Innviertler Felgenhersteller Borbet Austria (800 Mitarbeiter, 240 Millionen Euro) ist indirekt von den Sanktionen betroffen. Geschäftsführer Helmuth Huber plädiert dafür, die Abschottung von Russland zu beenden. "Es hat sich gezeigt, dass davon keiner reich wird. Vielmehr sollten Zölle reduziert werden."

Das sieht auch Augendopler so. Er fordert die Bundesregierung auf zu reagieren. "Wir dürfen nicht der Büttel der USA sein, die uns ja zu diesen Sanktionen gezwungen haben", sagt Mister Backaldrin aus Sankt Florian.