Die Milchbauern müssen den Preisdruck "aushalten"

Von OÖN   18.April 2017

Immer weniger Bauern produzieren in Österreich immer mehr Milch. Ihre Erlöse hielten weder 2015 noch 2016 mit den Mengen mit. Aufgrund der Topographie ist die Milchviehhaltung aber in vielen Regionen die einzige Chance, Einkommen zu erwirtschaften. Die OÖNachrichten sprachen mit dem Geschäftsführer der größten Molkereigenossenschaft, der Berglandmilch mit Zentrale in Wels: Josef Braunshofer über das noch junge Produktionsjahr 2017.

 

Wie entwickeln sich die Milchmengen aktuell?

Braunshofer: Wir haben im Vorjahr von unseren 11.000 Bauern 1,27 Milliarden Kilogramm Milch zur Verarbeitung erhalten. Das war ein Plus von 1,7 Prozent – ein Rekord, vor allem entstanden im ersten Halbjahr. Und heuer liefern unsere Mitglieder noch mehr Milch als vor einem Jahr. Es hören zwar Bauern auf, aber andere stocken ihre Produktion auf. Jene Familien, die sich entschieden haben, in der Milch zu bleiben, optimieren ihre Betriebe.

Bedeutet das schon wieder Druck auf die Bauernpreise?

Noch nicht, aber wir sind gefordert. Es geht in Zukunft – das hört sich hart an – um das Aushalten der Volatilitäten auf dem Milchmarkt. Wir als Genossenschaft versuchen, diese Schwankungen abzufedern. Als norddeutsche Molkereien ihren Bauern im Vorjahr nur noch 20 Cent pro Kilogramm bezahlt haben, sind wir bei 27,3 Cent geblieben. Wir puffern ab, nach unten, leider aber auch nach oben. Wir müssen außerdem vorsichtig sein bei der Aufnahme neuer Bauern.

Was läuft auf der Absatzseite?

Trinkmilch und Fruchtjoghurt erzielen keine Zuwächse mehr. Butter und Käse wachsen. Wir investieren heuer fast 35 Millionen Euro in unsere Innviertler Betriebe, in Feldkirchen bei Mattighofen und Geinberg. Wir verdoppeln im steirischen Voitsberg bis 2018 die Käserei auf 30.000 Jahrestonnen. Käse ist ein hochwertiges Eiweiß. Er ist eine ideale Alternative für die wachsende Gruppe der Vegetarier und Flexitarier.

Der Lebensmittelhandel und die Tierschutzorganisationen machen Druck gegen die Anbindehaltung von Kühen. Das gefährdet kleine Milchbauern, vor allem in Bergregionen. Sie haben nicht den Platz oder können sich die Investitionen in Laufställe nicht leisten.

Natürlich tut das weh und trifft besonders die kleinen Betriebe. Wir müssen uns aber den gesellschaftlichen Entwicklungen stellen. Wir als Molkerei sind gefordert und treten in Diskurs mit unseren Bauern. Es geht um einen Laufstall oder um eine Anbindehaltung im Stall mit gleichzeitig mindestens 90 Tagen Weide im Jahr. Das bedeutet für die betroffenen Bauern wieder mehr Bürokratie (Anm.: Anbindehaltung erfordert künftig Ausnahmegenehmigungen und Kontrollen). Aber das sind die Erwartungen der Konsumenten.

Immer wieder heißt es, österreichische Molkereien müssten sich aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit zu größeren Unternehmen zusammenschließen. Ist das noch immer, wie Sie einmal gesagt haben, eine Diskussion, die auftritt wie das Ungeheuer von Loch Ness?

Ja, so sehe ich das. Es gibt immer wieder Gerüchte über Zusammenschlüsse. Berglandmilch befindet sich nicht in Gesprächen. Ich habe aufgehört, mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Wir wollen uns auf uns selbst konzentrieren. Das macht uns glücklicher.

 

 

Der österreichische Milchsektor im Jahr 2016