Arbeitsinspektorat schaut bei Kontrolle der Arbeitszeit auf einzelne Minuten

Von Josef Lehner und Hermann Neumüller   16.Jänner 2013

Unternehmen im Großraum Wels werden derzeit vom Arbeitsinspektorat besonders genau auf Einhaltung der Arbeitszeiten überprüft, klagen seit Wochen Firmenchefs und Interessenvertreter. Es seien bei manchen Firmen mehr als 10.000 Anzeigen erfolgt, weil jede einzelne Arbeitszeitüberschreitung eines jeden Mitarbeiters einen Verstoß darstellt. Die Bezirksverwaltungsbehörden hätten Strafen von bis zu 100.000 Euro verhängt, die die verantwortlichen Geschäftsführer aus der eigenen Tasche bezahlen müssten.

Am Dienstag diskutierten Industrievertreter aus dem Bezirk Eferding, der zum Zuständigkeitsbereich des Welser Arbeitsinspektorats gehört, mit Wirtschaftslandesrat Viktor Sigl und Vertretern der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Oberösterreich. Und auch dort habe es „intensive Kritik“ am Arbeitsinspektorat gegeben, sagte Sigl.

Er werde der Sache nachgehen und mit dem zuständigen Minister Rudolf Hundstorfer „in Dialog treten“, sagte Sigl. Das Arbeitsinspektorat habe auch eine Dienstleistungsfunktion, und dabei mache „der Ton die Musik“.

„Die Verletzung des Arbeitszeitgesetzes ist keine Bagatelle“, sagt Elisabeth Kern, Pressesprecherin des Ministers. Dass das Arbeitsinspektorat in Wels besonders genau sei, glaube sie hingegen nicht. „Es gibt sicher strengere Aufsichtsbezirke in Österreich.“ Eine Schwerpunktaktion in Wels habe es jedenfalls nicht gegeben.

Ministerium dementiert

„Für mich ist diese Vorgehensweise unverständlich. Das versteht man als Unternehmer nicht“, sagt Josef Resch, Geschäftsführer und Eigentümer von Resch & Frisch und Obmann des Welser Wirtschaftsbundes. Sein Unternehmen allein hätte 18.000 Anzeigen erhalten und die Geschäftsführer der einzelnen Resch-Gesellschaften seien privat zu jeweils 100.000 Euro verdonnert worden. „Ich sage zu meinem Unternehmen nichts. Es handelt sich um ein laufendes Verfahren“, sagt Josef Resch.

Insgesamt ist es ein gutes Dutzend Unternehmen, bei denen sich die Anzeigen häufen. Es geht häufig nur um ein, zwei Minuten, um die laut Stechuhr an einem oder mehreren Tagen die vorgeschriebene Pause – 30 Minuten pro Tag – unter- oder die maximale Arbeitszeit von zehn Stunden überschritten wird. Es sei nicht praktikabel, bei jedem einzelnen Beschäftigten darauf zu achten, dass er nach einer Pause ja nicht zu früh und am Ende des Arbeitstags ja nicht zu spät ein- bzw. ausstemple, sagen die Unternehmer.

„Dann schauen wir genau hin“

Ob er besonders streng sei, könne er nicht beurteilen, sagt Heinrich Mayrhofer, Leiter des Arbeitsinspektorats Wels. „Wir müssen prüfen und tun dies stichprobenartig. Aber wenn uns eine Verletzung des Arbeitszeitgesetzes ins Auge sticht, dann schauen wir halt genauer hin“, sagte Mayrhofer zu den OÖNachrichten.

„Warum wird ein Unternehmer gestraft, wenn die gesetzliche Arbeitszeit um eine Minute überschritten wird? Ein Autofahrer, der auf der Autobahn 131 fährt, wird ja auch nicht gleich gestraft“, sagte Clemens Malina-Altzinger, Vizepräsident der Wirtschaftskammer Oberösterreich.

Die Interessenvertretung will die Fragen der Arbeitszeit, ihrer Aufzeichnung und der Ahndung von Verstößen grundsätzlich behandeln. Im öffentlichen Dienst seien viel großzügigere Tages- und Wochenarbeitszeiten erlaubt, heißt es. Ein Unternehmen mit Betriebsrat könne eine Arbeitszeitvereinbarung für alle Mitarbeiter abschließen; ohne Betriebsrat sei mit jedem einzelnen Mitarbeiter ein Vertragswerk nötig. Die Bürokratie rund um die Arbeitszeit sei ein gravierender Kostenfaktor.

 

Unternehmer zum Thema Arbeitszeitkontrolle

„Warum wird ein Unternehmer gestraft, wenn ein Arbeitnehmer die gesetzliche Arbeitszeit um eine Minute überschreitet? Ein Autofahrer, der einen Kilometer pro Stunde zu schnell ist, wird auch nicht gestraft.“ Clemens Malina-Altzinger, Vizepräsident der Wirtschaftskammer OÖ