600 Millionen Euro: Bahn mit Umleitung

Von Josef Lehner   25.Oktober 2016

Die ÖBB wollen die pfeilgerade, 16 Kilometer lange Strecke zwischen Linz und Marchtrenk von zwei auf vier Gleise ausbauen. Während sie andernorts für ihre Schnellzüge Kurven beseitigen wollen, würde hier die Direkte verlassen und die neue Trasse zum Flughafen Hörsching ausgeschwenkt. Die Strecke durch Pasching würde aufgegeben.

Dieses Vorgehen erzürnt die Grundbesitzer im Norden des Flughafens, weil die Ackerflächen, die zu den fruchtbarsten in ganz Österreich zählen, verbaut bzw. die Felder zerteilt würden. "160 Hektar Ackerland und wertvolle Natur im ohnehin schon stark verbauten Zentralraum sowie die vorhandene Straßeninfrastruktur würden zerschnitten", sagt Hans Lughammer, der Obmann der Flurgemeinschaft. Die Grundbesitzer sind alarmiert, weil mittlerweile das Behördenverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung begonnen hat.

VP ist dagegen, tut aber nichts

Lughammer ist irritiert, weil beim VP-Bezirksparteitag vor einigen Wochen beinahe einstimmig ein Leitantrag gegen diese Bahntrasse beschlossen wurde (226 dafür, zwei Enthaltungen). Dabei habe auch Landeshauptmann Josef Pühringer als Parteimitglied gegen die Ausschwenkung Hörsching gestimmt. Das Land unternehme jedoch nichts.

"Das wäre Sache des Verkehrsreferenten, Landesrat Steinkellner", sagt VP-Bezirksobmann Wolfgang Stanek. Der FP-Politiker befindet sich zur Zeit im Ausland. Aus seinem Büro hieß es, das Land habe die Trasse vor zehn Jahren beschlossen. Damals hatte allerdings das Schonen von Grünland noch keine politische Priorität.

Positiv beurteilt wird das Projekt vom VP-Wirtschaftsbund und der Wirtschaftskammer. Dass Flugpassagiere künftig mit der Bahn zum Airport fahren könnten, würde nur beschränkt gelten: Schnellzüge werden dort mit 200 km/h durchdüsen. Fraglich ist, ob die Regionalzüge besser genützt würden als der bestehende Bus.

Wirtschaftliche Gründe nennt auch ÖBB-Sprecher Karl Leitner: "Die ÖBB investieren 600 Millionen Euro, und das ist ein enormer wirtschaftlicher Impuls für die Region. Das Industriegebiet am Flughafen erhält einen Bahnanschluss." Die Ausschwenkung würde zwar 53 Hektar Agrarfläche benötigen, 40 Prozent würden jedoch Begleitgrün bleiben, und die alte zweigleisige Strecke werde stillgelegt (46 Hektar). "Damit entsteht nur ein zusätzlicher Bedarf von sieben Hektar", sagt Leitner. Insgesamt würden von Linz bis Marchtrenk 137 Hektar verbaut. Der Neubau ermögliche es, den S-Bahn-Intervall zu verdichten.

Die Paschinger könnten die S-Bahn künftig nicht voll nutzen, weil die nächste Haltestelle am Flughafen wäre. Doch der Ort wäre nicht mehr von der Bahn zerteilt. "Lärm und Erschütterungen fiellen für die Anrainer weg, und Pasching könnte endlich zusammenwachsen und hätte Entwicklungsgebiet Richtung Süden", sagt SP-Bürgermeister Peter Mair. Und von den ÖBB werde eine Paschinger Haltestelle, an der neuen Trasse beim Tierfriedhof, gefordert.

600 Millionen Euro: Bahn mit Umleitung
Der Railjet, der Superschnellzug der ÖBB, würde für Flugpassagiere nicht am Flughafen halten.

 

 

Viele Interessen rund um das ÖBB-Projekt Hörsching

Karl Leitner, ÖBB-Sprecher, sagt, die Verschwenkung sei effizienter, um 20 Millionen Euro billiger, würde nur sieben Hektar Grund kosten und zusätzlich das Industriegebiet am Flughafen erschließen.

Wolfgang Stanek: Der VP-Bezirksobmann sieht „kein einziges stichhaltiges Argument für diese Trasse“. Und: „Der Verkehrsreferent des Landes, FP-Landesrat Günther Steinkellner, muss jetzt handeln.“

Hans Lughammer, Pasching: Der Obmann der Flurgemeinschaft spricht von „manipulativer Informationspolitik“. Es gebe so viele Gegenargumente, doch nichts ändere sich: „Das ist frustrierend.“

Peter Mair, Bürgermeister: Paschings Ortszentrum würde vom Bahnlärm befreit und wäre nicht mehr von der Bahn zerteilt. Allerdings verweigern sich die ÖBB einer Haltestelle Pasching an der neuen Trasse.