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"Wir bezahlen mit Daten Dienste, die wir uns sonst nie leisten könnten"

Von Hermann Neumüller, 31. März 2019, 19:01 Uhr
"Wir bezahlen mit Daten Dienste, die wir uns sonst nie leisten könnten"
Michal Kosinski: "Wir müssen unsere Gesellschaft im digitalen Zeitalter völlig neu organisieren.“ Bild: Wakolbinger

GMUNDEN. Der Psychologe und Datenwissenschafter Michal Kosinki sieht keine Bedrohung durch Google, Facebook & Co, wenn wir lernen, damit umzugehen. Die OÖNachrichten sprachen mit dem renommierten Wissenschafter am Rande des "Academia-Superior-Plenum" am Samstagabend in Gmunden.

OÖN: Ihr Fachgebiet ist Psychometrie. Das ist vielen von uns nicht geläufig. Können Sie kurz erklären, was genau Sie machen?

Kosinski: Ich benütze bei meiner Arbeit Algorithmen und Big Data, um damit unser Wissen über menschliches Verhalten zu vergrößern. Wir leben in einer digitalen Welt. Unsere Kommunikation, unser Fahrverhalten mit dem Auto oder sogar unser Gesichtsausdruck erlauben uns, nach Mustern darin zu suchen.

Sie sagen, 100 "Likes" auf Facebook reichen Ihrem Algorithmus, jemanden besser einzuschätzen als dessen Freunde. Das finden viele von uns bedrohlich. Gehen wir zu leichtfertig mit unseren Daten in den sozialen Medien um?

Wir haben eine Wahl. Smartphones und die Dienste in den sozialen Medien machen unser Leben leichter, effizienter und billiger. Das ist alles so nützlich, dass es fast unmöglich ist, darauf zu verzichten. Aber Sie können das, wenn Sie wollen.

Und für diese Annehmlichkeiten zahlen wir mit unseren Daten.

Ja, aber ich denke, es ist ein fairer Deal. Diese Dienste wären immens teuer, wenn man sie mit Geld bezahlen müsste. Damit schließt sich die Kluft zwischen den privilegierten und weniger privilegierten Menschen ein bisschen.

Darüber können wir uns freuen, aber vorsichtig sollten wir doch sein, oder?

Unsere Umwelt ändert sich dramatisch, auch das, was wir Privatsphäre nennen. Ihre Religion oder Ihre sexuelle Orientierung steht nicht in Ihrem Pass. Aus gutem Grund. Jetzt können aber derartige Daten relativ einfach anhand des digitalen Fußabdruckes eruiert werden. Das heißt, wir müssen darüber nachdenken, wie wir unsere Gesellschaft völlig neu organisieren.

Was heißt das konkret?

Ein Beispiel: Vor nicht allzu langer Zeit gab es eine große Aufregung in den USA, als es hieß, Muslime sollten registriert werden. Das ist eine Idee aus dem 20. Jahrhundert. Mit den heutigen Techniken brauchen Sie nur Zugriff auf das Smartphone oder vielleicht reicht bald nur ein Gesichts-Scan, um zu wissen, welche Religion Sie haben.

Was bedeutet das für unsere Demokratie, wenn wahlkämpfende Politiker Zugriff zu diesen Techniken und zu unseren Daten haben? Stichwort: Cambridge Analytica und Donald Trump.

Es war Barack Obama, der diese Möglichkeiten als erster Mainstream-Politiker genutzt hat. Damals hieß es: Toll, der geht intensiv auf die Belange der Wähler ein und verwendet moderne Kommunikationstechniken. Die Republikaner haben schlicht aufgeholt. Außerdem hat Hillary Clinton rund dreimal so viel Geld für den Wahlkampf in sozialen Medien aufgewendet als Donald Trump. Diese Technologie ist nicht gut oder böse, sie ist neutral. Man kann mit relativ wenig Geld einen effizienten Wahlkampf machen und ist damit weniger von Spenden großer Firmen oder Lobby-Gruppen abhängig.

Trotzdem haben viele Leute Angst vor dieser Entwicklung. Wie können wir die Angst vor dieser neuen Art der Kommunikation verlieren?

Wir haben immer eine gewisse Zurückhaltung vor Dingen, die wir nicht oder nicht ganz verstehen. Vorsicht ist ja grundsätzlich in Ordnung. Aber wir können dieses Rad nicht mehr zurückdrehen.

Wir müssen also lernen, damit umzugehen?

Genau. Ich gebe Ihnen wieder ein Bespiel: Fake News. Die hat es immer schon gegeben. Die Frage ist, ob die Menschen jetzt eher darauf hereinfallen als in der Vergangenheit. Das ist nicht der Fall, darüber gibt es eine eindeutige empirische Evidenz. Wir sind die am besten informierte Generation, sind gut ausgebildet und wir haben einen noch nie dagewesenen Zugang zu Informationen. Das gilt nicht zuletzt auch für junge Menschen, die mit den neuen Medien aufgewachsen sind.

Vermessung der Zukunft

Academica Superior diskutiert am Samstagabend in Gmunden über die Chancen und Risiken der Vermessung der Zukunft. Neben Michal Kosinski diskutieren u. a. die deutsche Journalisten Susanne Gaschke und der Genetiker Markus Hengstschläger. Nach seinem Wechsel in die Privatwirtschaft übergab Michael Strugl den Vorsitz der Academica Superior an LH-Stv. Christine Haberlander.
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Autor
Hermann Neumüller
Redakteur Wirtschaft
Hermann Neumüller

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14  Kommentare
14  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Allegra (445 Kommentare)
am 01.04.2019 13:28

"Fake News ... hat es immer schon gegeben."

Korrekt!

Z.B. könnte man behaupten, dass Österreich darunter fällt!

Hier erfahren Sie näheres:
https://de.wikipedia.org/wiki/Privilegium_Maius

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gegenstrom (16.154 Kommentare)
am 01.04.2019 06:20

"Unsere Umwelt ändert sich dramatisch, auch das, was wir Privatsphäre nennen"
Dagegen aufzutreten, da hat auch er keine Empfehlungen, wie "unsere" einige Welt, auf der wir leben zu retten ist! Da sind die Jugendlichen die lautstark protestieren schon einen Schritt weiter!

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adaschauher (12.083 Kommentare)
am 01.04.2019 06:19

Wenn ich jetzt das Foto anschaue, dann brauche ich 0 Likes um zu wissen wer dieser Herr ist Also auf ins Reich der Algorithmen!!!!

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reibungslos (14.455 Kommentare)
am 31.03.2019 23:46

Da bin ich aber beruhigt. Das Paradies kommt also doch bald. Wir müssen uns nur den Algorithmen unterordnen und alles wird gut.

Die Algorithmen werden uns sogar sagen, wie eine Wahl ausgeht, bevor wir überhaupt wählen. Das ist großartig. Wir ersparen uns so die teuren Wahlen. Und auch was wir kaufen müssen, bekommen wir automatisch geschickt, bevor wir überhaupt überlegen, ob wir es brauchen. Gepfändet und delogiert wird natürlich auch automatisch, wenn das Konto überzogen ist. Beschweren ist sinnlos, weil man ohnehin nur bei einer künstlich intelligenten Computerstimme landet, die uns bestätigt, dass die Algorithmen besser wissen, was für uns gut ist.

Wir brauchen in Zukunft nicht mehr wählen, nicht mehr reden, nicht mehr denken, nur mehr das Leben genießen, von ein paar Hoppalas abgesehen. Und die Medien werden täglich verkünden, dass 117,63% der Menschen glücklich sind.

*Vorsicht Sarkasmus*

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reibungslos (14.455 Kommentare)
am 31.03.2019 23:54

P.S. Ich weiß, ich bin ein Pessimist. Aber ich erlebe täglich, dass die Menschen immer gedankenloser, unkonzentrierter, gestresster, ungebildeter, beratungsresistenter und aggressiver werden. Ich höre zwar auch immer mehr verzweifelte Menschen, die meinen, die Leute sollten sich wieder mehr Zeit nehmen und miteinander reden, von Angesicht zu Angesicht. Aber für mehr als eine halbe Stunde Entschleunigung pro Woche bleibt den wenigsten Zeit. Schließlich brauchen wir Wachstum und dürfen und nicht von den Chinesen überholen lassen.

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Killerkaninchen (7.975 Kommentare)
am 31.03.2019 23:45

" Wir sind die am besten informierte Generation, sind gut ausgebildet und wir haben einen noch nie dagewesenen Zugang zu Informationen. Das gilt nicht zuletzt auch für junge Menschen, die mit den neuen Medien aufgewachsen sind."

loooool das gilt aber nicht für dieses Forum!

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lituk (1.138 Kommentare)
am 31.03.2019 21:08

Lieber Herr Hermann Neumüller, you made my day!

"Michael Strugl wechselt also in die Privatwirtschaft" - selten so gelacht 🤣

Schon mal die Eigentümerstruktur der Verbund AG recherchiert?

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Allegra (445 Kommentare)
am 01.04.2019 13:33

Privat ist - vor allem in Ö - relativ.

Sie müssen beim Verbund keine Zwangsgebühren zahlen, dürfen Aktien kaufen und Dividenden kassieren.

Im Vergleich zu ORF und ÖBB sind das doch erhebliche zusätzliche Freiheitsgrade!

Ich war als junger Mann bei der Privatisierung des Verbund als Kleinstaktionär mit Ratenzahlung beteiligt, leider viel zu kurz...

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Harbachoed-Karl (17.883 Kommentare)
am 31.03.2019 19:51

Yon allem das Gegenteil, bitte.

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kleinerdrache (9.944 Kommentare)
am 31.03.2019 19:13

Handelt es sich hier um Werbung für die soz. Medien?
Ich bin weder auf facebook oder sonst wo angemeldet.
Ich fühle mich dadurch frei von gewissen Zwängen - ich kann das nur jedem empfehlen.

Und bitte welche Kluft schließt sich zwischen den privilegierten und weniger privilegierten Menschen, wenn ich die Dienste gar nicht benötige?

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rubicon (595 Kommentare)
am 31.03.2019 20:17

Ganz einfach, wer's nicht braucht, der muss sie nicht benutzen.
Wer sie braucht, dem kosten sie nix. Es ist egal, ob man arm oder reich ist.

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Killerkaninchen (7.975 Kommentare)
am 31.03.2019 23:44

Das ist ein Fehler, nicht auf Facebook angemeldet zu sein.

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kleinerdrache (9.944 Kommentare)
am 01.04.2019 12:04

Warum?

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robnbradl (265 Kommentare)
am 04.04.2019 05:23

Woher wissen Sie, dass sie diese Technologien nicht brauchen (würden)?

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