Rotes Signal für EU-Eisenbahnfusion?
EU-Wettbewerbsentscheidungen werden in Brüssel in der Regel nicht breit diskutiert. Heute, Dienstag, war das anders. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager musste ihren Kollegen in der wöchentlichen Sitzung erklären, warum sie schwere Bedenken gegen die geplante Fusion der Zugsparten der beiden großen europäischen Hersteller hegt – des deutsche Industriekonzerns Siemens und dessen französischen Konkurrenten Alstom.
BRÜSSEL/STRAßBURG. In Berlin und Paris wird der Widerstand aus Brüssel nicht goutiert. Die Entscheidung solle wie geplant am 18. Februar fallen, betonte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici nach der Sitzung. Die Überlegungen der EU-Kommission als Ganzes seien aber „sicher nicht obsolet“. Man wolle die künftige wirtschaftliche Entwicklung berücksichtigen. Die Kommission werde objektiv entscheiden, sei aber nicht naiv, sagte der Franzose.
Siemens und Alstom haben die Fusion im September 2017 angekündigt, nachdem der deutsche Konzern zunächst mit dem kanadischen Wettbewerber Bombardier verhandelt hatte. Argumentiert wird die europäische Fusion mit der drohenden Konkurrenz aus China, wo aus zwei Unternehmen der Branchenriese CRRC geschmiedet worden ist. Der ICE- und des TGV-Hersteller würden zusammen mit 65.000 Mitarbeiter 15,6 Milliarden Euro umsetzen. Es wäre der zweitgrößte Zugbauer der Welt und der größte Produzent von Signaltechnik.
Vestager hatte im Juli eine vertiefte Untersuchung eingeleitet, ob der Zusammenschluss den Wettbewerb behindern und die Preise zum Nachteil von Millionen Bahnkunden erhöhen könnte. Im Oktober präzisierte sie ihre Bedenken: Die wachsende Konkurrenz aus China sei zwar ein „valides Argument“. Der europäische Eisenbahn-Markt funktioniere jedoch ganz anders, er sei hoch entwickelt und habe eine langen Vorgeschichte. Einwände gab es auch von den Wettbewerbsbehörden in Großbritannien, Spanien, den Niederlanden, Belgien und sogar Deutschland.