Lebensmittelhandel forciert statt der Hauszustellung die Abholsysteme

Von Josef Lehner   29.Jänner 2019

Als der US-Händler Amazon im Mai 2017 in Berlin und München die Hauszustellung von Lebensmitteln startete, herrschte in den Chefetagen der österreichischen Handelskonzerne erhöhte Nervosität. Sie hat sich nun gelegt, weil Amazon mit seinem Dienst "Fresh" im Nachbarland mäßig erfolgreich ist.

In Österreich ist Amazon seit dem Vorjahr zwar mit einem eigenen Logistikzentrum in Wien-Nord vertreten. "Ein Einstieg von Amazon fresh ist hier aber in nächster Zeit kein Thema", sagt Unimarkt-Geschäftsführer Andreas Haider aufgrund der Erfahrungen in Deutschland.

Abholung drückt Kosten

Die oberösterreichische Supermarktkette Unimarkt ist in Österreich Pionier mit flächendeckender Hauszustellung von Lebensmitteln. Auch Billa und Interspar liefern frische Lebensmittel ins Haus, forciert werden von den drei Wettbewerbern aber Abholsysteme. Damit wollen sie die unrentable Zustellung, die bei Frischware wegen der Kühlkette besonders teuer ist, umgehen und trotzdem ihre online-affine Kundschaft zufriedenstellen. Die Diskonter beschränken sich bei Online auf Spezialprodukte, ohne Lebensmittel.

Interspar hat dagegen vergangene Woche eine Abholstation am Bahnhof Tullnerfeld (NÖ) eröffnet, um Heimpendlern zu ermöglichen, frische Ware für das Abendessen abzuholen. Das ist über wählbare Zeitfenster bis 23 Uhr möglich. Es braucht nur der bei der Internet-Bestellung übermittelte Code an der Box eingegeben werden.

Die Spar-Gruppe geht beim E-Commerce sehr vorsichtig vor; es gibt derzeit Hauszustellung im Raum Wien/Niederösterreich und im Raum Salzburg, inklusive neun Abholboxen. Für Oberösterreich gibt es noch keine Projekte.

Die Rewe-Gruppe hat im Vorjahr ihr Online-Angebot bei Merkur eingestellt und dieses auf Billa konzentriert. Es gibt großflächig Hauszustellung und ein umfangreiches Click & Collect-System, nämlich bei 60 Filialen, davon drei in Oberösterreich (Linz, Wels, Inzersdorf im Kremstal).

Auch Unimarkt will Click & Collect-Filialen forcieren. Derzeit gibt es drei, in Enns, Wels und Graz. "Wir haben Abholboxen getestet. Sie wurden zu wenig angenommen", sagt Haider. "Wir wollen damit auch unseren selbstständigen Kaufleuten ermöglichen, einen Digitalisierungsschritt zu setzen", so der Manager.

 

Lebensmitteleinkauf im Internet

48 Prozent der Deutschen wollen in zehn Jahren „Grundlebensmittel“ online kaufen (Umfrage Bundesvereinigung Ernährungsindustrie BVE, n=1000, 2019).

1 Prozent des Umsatzes im Lebensmitteleinzelhandel wird in Österreich derzeit laut Schätzungen online getätigt. In Großbritannien sind es bereits sechs Prozent, weil es viel weniger Supermärkte gibt.

60 Abholstellen hat der Onlineshop von Billa derzeit in Österreich. Interspar hat auf neun Abholboxen erweitert, im Raum Wien und im Raum Salzburg. Unimarkt forciert Abholfilialen.