"Wir werten die Lehre digital auf"

Von Dietmar Mascher   14.Februar 2018

Warum sie die Lehre für Ältere öffnen, Frauen fördern, aber das Frauenvolksbegehren nicht unterschreiben will und was eine digitale Identität bringen soll, erklärt Ministerin Margarete Schramböck im OÖN-Gespräch.
 

OÖNachrichten: Sie haben angekündigt, dass jeder Österreicher eine digitale Identität haben können wird. Was heißt das?

Schramböck: Erstens wird das freiwillig sein. Man kann es für sich beantragen und auch für seine Kinder. Es ist die Grundlage für digitale Behördengänge. Wir nehmen die zehn wichtigsten Behördengänge, die soll man rasch digital erledigen können.

Was sind die wichtigsten Behördengänge?

Wenn man ein Baby bekommt, soll man alle Meldungen digital machen können. Auch wenn man die Wohnung wechselt.

Das soll über die einheitliche Plattform oesterreich.gv.at erfolgen. Es gibt Kritiker wie den österreichischen Wissenschafter Viktor Mayer-Schönberger, die sagen, das sei veraltet. Man müsse die Menschen in ihren Lebenswelten abholen. Wären Facebook oder WhatsApp nicht besser?

Wir gehen vom E-Government zum Mobile Government, aufs Handy. Aber diese Lösungen müssen sicher sein. Und das, was Sie angesprochen haben, ist nicht sicher. Wir können uns etwas abschauen, damit es für unsere Kunden, die Bürger, einfacher wird, mit uns in Kontakt zu treten. Herrn Mayer-Schönberger habe ich eingeladen, mit uns zusammenzuarbeiten oder Input zu geben, was er leider abgelehnt hat.

Sie haben kürzlich im Hinblick auf Bürokratie gesagt: Wer die wenigsten Gesetze beschließt, gewinnt. Und Ihr Kollege, Justizminister Moser, hat alte Gesetze ausgesetzt, um sie auf ihre Tauglichkeit zu prüfen. Haben Sie schon ein Gesetz gefunden, auf das Sie verzichten möchten?

Eine Arbeitsgruppe, die zu 80 Prozent aus ressortfremden Personen besteht, diskutiert das. Wir werden im Anlagenrecht sicher liberaler werden. Künftig wird es erst ab 400 Quadratmetern eine Genehmigung brauchen oder bei Hotels erst ab 20 Zimmern. Und ein Eissalon braucht keine eigene Anlagengenehmigung.

Sie wollen auch die Lehre aufwerten und 13 neue Lehrberufe einführen. Bekommen wir so die Fachkräfte von morgen?

Ich will nicht nur die Lehre, sondern die Fachkraft insgesamt aufwerten. Die Lehre muss cooler werden, das werden wir moderner gestalten und mit Digitalem aufwerten. Etwa den Tischler, der ein Jahr CAD (Computer Aided Design) lernt, oder mit dem Beruf E-Commerce-Kaufmann oder -Kauffrau. Es zeigt sich auch, dass nur fünf Prozent der Lehrlinge älter als 21 sind. Es sollte für Maturanten und Studenten attraktiver werden, eine Lehre zu machen. Oder sich auch mit 50 neu zu orientieren und eine entsprechende Ausbildung zu absolvieren. Umgekehrt ist es auch das Ziel, die Meisterprüfung auf eine Ebene mit dem Bachelor zu heben.

Es gibt Beschwerden von Unternehmen, dass junge Leute, die um Asyl angesucht haben und eine Lehre machen, während dieser Lehrzeit abgeschoben werden. Warum gibt es nicht das deutsche Modell 3+2, wonach junge Leute die Ausbildung abschließen und zwei Jahre lang weiterarbeiten können?

Das deutsche Modell ist laut Verfassungsgerichtshof in Österreich nicht anwendbar, weil nach fünf Jahren Anwesenheit ein Anspruch auf Bleiberecht entsteht. Da wäre die Lehre quasi ein Schlupfloch. Es gibt klare Linien für Asyl, und das sollten die Unternehmen im Vorfeld wissen. Ich sehe es grundsätzlich skeptisch, die Themen Fachkräftemangel und Asyl zu vermischen.

Wir brauchen nicht nur mehr Fachkräfte, sondern auch mehr Frauen, die ihrem Beruf so nachkommen können, wie sie wollen. Die Kinderbetreuungseinrichtungen sind offensichtlich zu wenig.

Das Thema Frauen und Arbeitswelt sehe ich gesamtheitlich. Das beginnt bei der Lehre, wo es gelingen muss, mehr Frauen dafür zu begeistern. Neben den klassischen Lehrberufen als Friseurin, Einzelhandels- oder Bürokauffrau gibt es viele spannende Berufe mit exzellenten Möglichkeiten. Dann gilt es, Frauen in den Unternehmen zu fördern und moderne Formen des Arbeitens zuzulassen. Ich hatte in meinem Unternehmen zwei Frauen, die sich eine Führungsposition teilten. Dazu gilt es natürlich, auch den Wiedereinsteigerinnen digitales Wissen angedeihen zu lassen. Bei der Kinderbetreuung sollte man sich die Best-Practice-Beispiele ansehen. Etwa auch Unternehmen, die Kinderbetreuung anbieten.

Sie werden das Frauenvolksbegehren nicht unterschreiben. Liegt Ihnen nichts an Frauen?

Im Gegenteil. Ich bin für Maßnahmen zur Unterstützung von Frauen. Das Volksbegehren vermengt aber Frauenanliegen mit anderen Themen. Das passt nicht. Außerdem sind wir als Regierung die Adressaten des Volksbegehrens. Das zu unterschreiben, ist nicht logisch.

Sind Sie für oder gegen eine Frauenquote?

In Aufsichtsräten gibt es sie, da ist sie sinnvoll. In Unternehmen ist sie zum Teil gar nicht praktikabel.