„Viele teure Technologien machen das Gesundheitssystem krank“

23.Mai 2009

OÖN: Wie lange wird der Sozialstaat Gesundheit für alle finanzieren können?

van Doorslaer: Man muss sich zuerst klar sein, woran es krankt. Die Überalterung der Gesellschaft ist nur ein Teil des Problems. Der Hauptgrund für die stark steigenden Kosten ist der Einsatz vieler neuer Technologien, die nur marginale Verbesserungen bei Medikamenten oder Operationen bringen, aber sehr viel kosten.

OÖN: Wie kriegt man das Kostenproblem in den Griff?

van Doorslaer: In einigen Staaten ist Kosteneffizienz mittlerweile ein Zulassungskriterium für Medikamente. In den Niederlanden gibt es auch den Versuch eines regulierten Wettbewerbs zwischen den Versicherern. Wer mehr alte und Hoch-Risiko-Kunden versichert, zahlt weniger für Medikamente. Und kann günstigere Prämien anbieten.

OÖN: Das System muss definitiv effizienter werden?

van Doorslaer: So kann man es sagen. Die USA investieren 15 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in das Gesundheitssystem, die Europäer nur an die neun Prozent. Dennoch ist die Versorgung bei uns natürlich besser.

OÖN: Wird die Gesundheitsversorgung privatisiert werden müssen?

van Doorslaer: Ich glaube, dass die essenziellen medizinischen Dienstleistungen immer öffentlich bleiben sollten. Extras können privat sein.

OÖN: Das fördert aber die Zwei-Klassen-Gesellschaft.

van Doorslaer: Man kann die Leute nicht daran hindern, ihr Geld dafür auszugeben.

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An der Tagung in Linz mit dem Schwerpunkt „Arbeitsmärkte, Ungleichheit und der Sozialstaat“ nehmen 120 Ökonomen teil. Die Volkswirtschafts-Professoren Gerald Pruckner und Johann Brunner sind die Organisatoren. (az)