US-Nachbarn sehen Trumps Eskapaden entspannt

Von Hermann Neumüller   16.Juni 2018

Dass die US-Wirtschaft derzeit gut läuft, ist bekannt. Aber auch die Nachbarn Kanada und Mexiko sind wirtschaftlich gut unterwegs, trotz der politischen Querschüsse aus dem Weißen Haus in Washington.

Davon profitieren auch Österreichs Exporteure in diese Länder. "Die Zahlen sprechen für sich", sagte Friedrich Steinecker, Wirtschaftsdelegierter in Mexiko, auch stellvertretend für seinen Kollegen Christian Lassnig in Toronto. Gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen aus Amerika, Asien und Afrika besuchten sie gestern den Newsroom der OÖNachrichten.

US-Wirtschaft als Zugpferd

Um 16,7 Prozent auf 1,14 Milliarden Euro stiegen im Vorjahr die Exporte nach Kanada. "19 Prozent Zuwachs hatten wir in den ersten drei Monaten 2018", sagt Lassnig. Für Mexiko gilt ähnliches: 17,1 Prozent Zuwachs auf 1,11 Milliarden Euro 2017 und heuer läuft es "ähnlich gut", sagt Steinecker.

Die US-Wirtschaft spielt für den nördlichen und den südlichen Nachbarn eine ähnliche Rolle wie Deutschland für Österreich. Wenn es in den USA gut läuft, geht es auch Mexiko und Kanada gut. Und in den USA läuft es sehr gut, auch für Österreichs Exporteure. Um 10,7 Prozent auf 9,66 Milliarden Euro sind die Ausfuhren in die Vereinigten Staaten gestiegen. Damit ist der US-Markt schon der zweitwichtigste hinter Deutschland.

Die drei Länder in Nordamerika sind seit 1994 im North American Free Trade Agreement (NAFTA) miteinander verbunden, zum Vorteil aller Beteiligten. Aber auch das stellt US-Präsident Donald Trump in Frage und bezeichnet es als "unfair" und will es neu verhandeln. Sowohl in Mexiko als auch in Kanada sieht man diesen Vorstoß Trumps relativ gelassen.

"Nach 25 Jahren kann man ruhig einmal darüber reden. So sieht es zumindest die mexikanische Regierung", sagt Steinecker. Es dürfe aber nicht einer die Regeln bestimmen. Auch in Kanada sieht man die Neuverhandlung nicht so dramatisch. Schließlich würde es die US-Wirtschaft selbst hart treffen, würde NAFTA außer Kraft gesetzt.

Die Volkswirtschaften der drei Länder sind mittlerweile so verschränkt, dass es ohne NAFTA einen schweren Rückschlag gäbe. Entsprechend groß ist auch der Widerstand in den USA selbst gegen die Vorgangsweise Trumps. Die mächtige US Chamber oft Commerce sei ebenso gegen eine NAFTA-Aufkündigung wie eine Reihe von Agrarverbänden, sagt der Wirtschaftsdelegierte Michael Friedl in New York City.

Kanada und Mexiko sind längst dabei, ihre Abhängigkeit von der US-Wirtschaft zu reduzieren. Das Freihandelsabkommen Kanadas mit der EU (CETA) könnte auch aus österreichischer Sicht "einen Sprung bei den österreichischen Exporten" bedeuten, sagt Lassnig. Und auch Mexiko verhandelt mit der EU und, vor allem im Agrarsektor, mit mittel- und südamerikanischen Ländern. "Mexiko ist längst in der Weltwirtschaft angekommen", sagt Steinecker.