Telekom Austria im Kreuzfeuer zwischen Politik und Betriebsrat
WIEN. Aufsichtsratschef warnt vor Zerschlagung und ist mit Rücktrittsforderungen konfrontiert.
Rund um Österreichs teilstaatlichen Telekom-Konzern Telekom Austria gehen die Wogen hoch. Der als SP-nahe geltende Aufsichtsratschef Wolfgang Ruttenstorfer warnte davor, dass Teile der österreichischen Politik den börsenotierten Konzern zerschlagen wollten, indem entweder die Hauptumsatzträgerin, die österreichische A1, oder das Leitungsnetz herausgelöst werden sollten.
Ruttenstorfer hält wie der mexikanische Haupteigentümer América Móvil nichts davon. Der Finanzminister Hans Jörg Schelling (VP) hat Ruttenstorfer laut einem unbestätigten "Kurier"-Bericht zum Rücktritt aufgefordert.
Hier Antworten auf die wichtigsten Fragen.
1. Was haben die Mexikaner eigentlich vor mit der Telekom Austria?
Der vom Milliardär Carlos Slim kontrollierte Konzern (51 Prozent der Anteile) verfolgt von Beginn an eine Strategie, die sich nicht geändert hat: Er will in Europa, speziell Osteuropa wachsen. Eher zufällig ist sein Hauptinvestment Österreich. Die Telekom Austria mit ihrem starken Osteuropa-Netz ist die ideale Basis dafür. "Die TA fährt keine Strategie des Rückzugs, sondern die eines kontrollierten und nachhaltigen Wachstums", sagte RCB-Analyst Bernd Maurer zu den OÖNachrichten. Die jüngsten Zukäufe von kleinen Kabelnetzbetreibern in Slowenien, Mazedonien, Bulgarien würden das bestätigen. Derzeit macht der mexikanische Konzern weniger als sieben Prozent seines Umsatzes in Europa. Bis 2020 könne dieser Anteil auf 15 Prozent zulegen, lautet der Plan.
2. Warum schießt die Gewerkschaft so scharf gegen eine Umwandlung in GmbHs ?
Angeblich sind die Vorbereitungen schon in der Endphase, die Töchtergesellschaften der Telekom Austria, die überwiegend Aktiengesellschaften sind, in GmbHs umzuwandeln. Das soll schon am 10. November im Aufsichtsrat beschlossen werden. Für den Konzernbetriebsratsvorsitzenden Walter Hotz ist das ein rotes Tuch, weil er um seinen Einfluss vor allem bei der A1 fürchtet. Er bezeichnet das Vorhaben im OÖN-Gespräch als "schlechten Scherz", weil somit das Durchgriffsrecht auf die Töchter vor allem auch in Personalfragen deutlich erhöht würde. Jetzt habe man weisungsfreie Vorstände in den Töchter-Unternehmen, mit einer GmbH wären die Geschäftsführer weisungsgebunden.
Ruttenstorfer vertritt wie die Konzernführung die Haltung, die Unternehmensteile sollen enger zusammengeführt werden. Das hat ihm eine Rücktrittsaufforderung von Hotz eingebracht, der von einem dadurch "sehr gestörten Vertrauensverhältnis" spricht. Hotz droht jedenfalls im Fall der Strukturveränderung mit Streik und plant, einen Sonderaufsichtsrat noch vor 10. 11. einzuberufen.
3. Wie realistisch ist die Abspaltung der Infrastruktur der Telekom Austria?
Die seit Jahren angestellten und jetzt wieder befeuerten Überlegungen lauten, das Leitungsnetz aus dem Konzern zu lösen und von einer Servicegesellschaft betreiben zu lassen. Dabei ist völlig unklar, wie das technisch gehen soll, weil das in der Telekommunikation viel komplizierter ist als bei der Bahn. Hotz, der sich um das Interesse der Republik sorgt: "Das ist, wie wenn man vom Auto den Motor verkauft." Außerdem kann sich ein Minderheitseigentümer (der Staat hält über die ÖBIB 28,4 Prozent) viel wünschen, aber wenig mitbestimmen. América Móvil hat sich gegen eine Abspaltung ausgesprochen, also ist die Frage eine theoretische.
4. Was sind die Auswirkungen auf die Aktie?
Die Börse reagiert kaum auf die aktuellen Debatten. Das hängt, so Analysten, auch damit zusammen, dass es entscheidender ist, wie das Durchgriffsrecht im Konzern gelebt wird als wie das Konzern-Organigramm aussieht.
Die Bedürfnisse und Interessen der Kunden sind bei den Klassenkämpfern unbekannt, eine fremde Welt.