Plastikmüll: EU will Verbot von Besteck, Strohhalm und Wattestäbchen

Von nachrichten.at (mg, dm)   28.Mai 2018

Die EU-Kommission verschärft den Kampf gegen die steigenden Plastikmüllberge. Am Montag hat sie einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, der ein Verbot der typischen Einwegteller, Bestecke und Trinkhalme aus Plastik vorsieht. Verboten werden sollen auch Rühr- und Wattestäbchen sowie Luftballonhalter aus Kunststoff.

Bei anderen Wegwerfwaren – von Plastikbehältern über Trinkbecher bis hin zu klassischen Folienverpackungen, etwa für Chips, und Tragetaschen – sollen der Einsatz reduziert und die Erzeuger an der Sammlung und Verwertung beteiligt werden. Für Plastikflaschen ist eine Recycling-Quote von 90 Prozent bis 2025 vorgesehen, etwa durch ein Pfandsystem.

Laut EU-Kommission machen die zehn Produktgruppen, bei denen die Einweg-Richtlinie ansetzt, etwa die Hälfte der Kunststoffabfälle im Meer aus. „Wir holen schon jetzt mehr Plastik aus dem Meer als Fisch“, sagte Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans am Montag.

Die meisten Produkte werden nach Ansicht der Brüsseler Behörde durch innovative und umweltfreundlichere Alternativen ersetzt werden. Verbraucher könnten unter dem Strich 6,5 Milliarden Euro sparen. Oder es gebe bereits Ersatz, sagte Timmermans, wie bei Geschirr, Besteck oder Wattestäbchen. „Diese Produkte werden nicht verschwinden, sie werden nur aus anderen Materialien gemacht werden. Sie können weiter Picknicks machen und Ihre Ohren säubern“, sagte er.

Mit den geplanten Einschränkungen und Regeln soll es aber gelingen, diese Abfälle um die Hälfte zu reduzieren und neue Chancen für Unternehmen aufzutun. Denn nichts von dem, was verboten werden soll, wird in Europa produziert. Bis 2030 könnten Umweltschäden im Wert von 22 Milliarden Euro vermieden werden, schätzt die Kommission.

Dem Aus für Plastikteller & Co müssen noch das Europaparlament und die EU-Staaten zustimmen. Geht es nach der EU-Kommission, soll das Thema prioritär behandelt und noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden.

Brauchbar oder symbolisch

Der ÖVP-Europaabgeordnete Lukas Mandl lobte den Plan. SPÖ-Mandatarin Karin Kadenbach bezeichnete die Vorschläge der EU-Kommission als „brauchbar“. Der deutsche Grün-Parlamentarier Martin Häusling hält das Verbot eher für „symbolisch“, weil das Problem nur durch systematische Sammlung und Recycling zu lösen sei.
Der jüngste Vorschlag ist Teil der Plastik-Strategie der Kommission vom Jänner, darunter die Idee einer Abgabe für nicht-recycelte Plastikabfälle, die zum Teil ins künftige EU-Budget fließen soll. Knapp 26 Millionen Tonnen Plastikmüll fallen laut Brüssel jedes Jahr in Europa an. Weniger als 30 Prozent davon werden zur Wiederverwertung gesammelt, der Rest landet in Verbrennungsanlagen, auf Müllhalden oder in der Umwelt.

Ab 2030 soll in der EU kein Plastik mehr verwendet werden, das nicht recycelt werden kann.
Aus dem Umweltministerium kamen am Montag positive Signale zu den Kommissionsplänen. Kritik übt dagegen Helmut Schwarzl, Obmann der Berufsgruppe Kunststoffindustrie im heimischen Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs. Die Richtlinie schieße „am Ziel vorbei“.

Joschka Fischer als Berater

Der Vorstandschef des oberösterreichischen Kunststoff-Konzerns Greiner, Axel Kühner, kann der Vorgangsweise der EU durchaus Positives abgewinnen: „Plastikgeschirr und Wattestäbchen müssen nicht aus Plastik sein. Wir haben das bei unserer Strategie ,Plastic for Life‘ schon vorweggenommen und sehen in diesen Produkten auch keine Zukunft.“ Wie berichtet, hat Greiner schon vor zwei Jahren begonnen, mit dem ehemaligen deutschen Vizekanzler Joschka Fischer (Grüne) ein Konzept für mehr Nachhaltigkeit zu entwickeln.

Laut Kühner müssten aber noch einige Fragen geklärt werden. „Sind Coffee-to-go-Becher aus Papier, die plastikbeschichtet sind, auch Plastikbecher?“ Wichtig sei, dass Produkte in den Wiedervewertungskreislauf kommen und dies berücksichtigt wird. „Denn Kunststoff ganz wegzulassen, ist eine Illusion.“

Ihre Meinung interessiert uns! Stimmen Sie ab: