Niedrigzinsen bringen Versicherer unter Druck
WIEN. Wegen des anhaltend niedrigen Zinsniveaus schreibt die Finanzmarktaufsicht (FMA) den Versicherungen eine viel stärkere und raschere Aufstockung ihrer Rückstellungen in der klassischen Lebensversicherung vor.
Es geht um Altverträge, bei denen hohe Garantiezinse von beispielsweise vier Prozent versprochen wurden. Seit 2013 müssen dafür Rückstellungen für die Zinsverpflichtungen gebildet werden. Bis Ende dieses Jahres dürften es in der Branche insgesamt 320 Millionen Euro sein. Gestern, Donnerstag, zog die FMA noch einmal die Daumenschrauben an. Sollten ursprünglich 700 Millionen Euro binnen zehn Jahren zur Seite gelegt werden, müssen es nun bis 2021 knapp 1,5 Milliarden Euro sein.
Auch Kunden müssen zahlen
Die Rückstellungen sollen nur zur Hälfte die Unternehmen selbst aufbauen. Die andere Hälfte müssen die Kunden tragen, für die die Gewinnbeteiligung, die zum Garantiezins dazukommt, knapper ausfällt. Wird in einem Unternehmen die höhere Rückstellung letztlich nicht benötigt, kann sie später aufgelöst werden, was dann den Versicherungsnehmern zugutekäme.
Die Versicherung sei ein Kollektiv, daher sollten die Kunden auch an negativen Marktentwicklungen solidarisch partizipieren, begründete FMA-Vorstand Klaus Kumpfmüller die Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Vorsorgen. Es müsse verhindert werden, dass es falsche Anreize gebe und die Lebensversicherung in ein stärkeres Risiko gebracht werde. "Die klassische Lebensversicherung wird als Sparprodukt mit höchstmöglicher Sicherheit gesehen, dem sollten wir auch Rechnung tragen."
Weniger Garantie, mehr Infos
Wie von den OÖN vorigen Samstag angekündigt, hat die FMA gestern auch die Senkung des höchstmöglichen Garantiezinses bekanntgegeben. Statt 1,5 dürfen die Lebensversicherer nur noch ein Prozent Zinsen versprechen. Im Gesamtbestand liege der Garantiezins im Schnitt noch bei 2,7 Prozent. "Das ist viel zu hoch, das kann man im aktuellen Zinsumfeld nicht erwirtschaften", sagte Kumpfmüller. Dass die wiederholten Senkungen des Garantiezinses das Lebensversicherungsgeschäft beeinträchtigen, was aus Vertriebssicht in der Branche befürchtet wird, kann die FMA so "nicht nachvollziehen", sagte Vorstand Helmut Ettl.
Verschärft werden von der Aufsicht auch die Informationspflichten für die Lebensversicherer gegenüber ihren Kunden. Modellrechnungen müssen ab 1. Jänner branchenweit einheitlich gestaltet und leichter vergleichbar sein. Auch müssen Konsequenzen einer vorzeitigen Kündigung, der Anteil der Kosten und die effektive Verzinsung klar ersichtlich sein.