Nachbarschaftshilfe für Österreichs Konjunktur
BERLIN/MAILAND/PRAG. Tschechien, Deutschland und Italien sollten dem österreichischen Außenhandel und damit unserer Wirtschaft in den nächsten Monaten Auftrieb geben. Die Hintergründe und Entwicklungen analysieren die OÖNachrichten.
Österreichs Wirtschaft kommt vorerst nicht vom Fleck. Das Wachstum betrug im ersten Quartal 0,1 Prozent im Vergleich zu den letzten drei Monaten 2014. Der EU-Durchschnitt lag bei 0,4 Prozent. Investitionen und Konsum sind schwach. Hoffnungsanker bleibt der Export. Hier sollte es für Österreich in den nächsten Monaten Impulse aus drei Nachbarstaaten geben, die zu unseren größten Handelspartnern gehören – Deutschland, Italien und Tschechien.
Mit 3,1 Prozent Plus im ersten Quartal sind die Tschechen Wachstumskaiser in der EU. Im Gesamtjahr dürfte es eine ähnliche Dynamik geben. Einer der Treiber ist der Autohersteller Skoda, der zuletzt ein Rekordjahr verzeichnete.
Die Zuversicht sei zurückgekehrt, sagt Christian Miller, Wirtschaftsdelegierter in Prag: "Davon profitiert Österreich, vor allem die Industrie." Die Exporte nach Tschechien, dem sechstgrößten Handelspartner, wuchsen im ersten Quartal um 4,7 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode, während die gesamten Ausfuhren nur um 0,7 Prozent zulegten. Bei den Industrielieferungen nach Tschechien waren es sogar rund zehn Prozent Plus.
Nach der Rezession 2013 herrscht im Nachbarstaat Aufbruchstimmung mit mehr Investitionen und Konsum. Das liege unter anderem an der seit Anfang 2014 amtierenden Regierung von Bohuslav Sobotka, die stabiler als die vorherigen sei, sagt Miller. Tschechiens Wirtschaft sei gut aufgestellt und werde von der Konjunkturlok Deutschland gezogen. "Dorthin liefert die tschechische Industrie Top-Produkte, für die sie Top-Maschinen und Top-Vormaterialien aus Österreich braucht."
Deutschlands Wirtschaft wuchs in den ersten drei Monaten um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Im Gesamtjahr werden robuste 1,6 bis 1,9 Prozent erwartet. Die Stärke von Deutschland, unserem wichtigsten Handelspartner, ist etwa auf kräftige Reallohnsteigerungen, geringe Arbeitslosigkeit und solide Staatsfinanzen zurückzuführen.
Hausaufgaben erledigen
Er rechne 2015 mit einer weiteren Belebung, sagt Heinz Walter, Wirtschaftsdelegierter in Berlin: "Wir erwarten ein Plus von ein bis zwei Prozent bei den österreichischen Exporten nach Deutschland (plus 1,15 Prozent im ersten Quartal, Anm.)." Dazu kommen noch "indirekte Effekte", etwa im Kfz-Bereich, wo österreichische Firmen in die Slowakei liefern und die Produkte dann nach Deutschland verkauft werden.
Der zweitgrößte Handelspartner Italien ist zwar noch im Hintertreffen. Jedoch gab es im ersten Quartal mit 0,3 Prozent zum Vorquartal das erste Wachstum seit Mitte 2013. Für das Gesamtjahr werden plus 0,6 Prozent erwartet. Damit lässt Italien drei Jahre Rezession hinter sich. Man dürfe sich nicht zu früh freuen, sagt Michael Berger, Wirtschaftsdelegierter in Mailand: "Aber es scheint, als sei das Schlimmste überstanden." Das sei etwa auf die Reformen des seit Anfang 2014 amtierenden Kabinetts von Matteo Renzi und die günstige Zinslage zurückzuführen. Im ersten Quartal schrumpften Österreichs Exporte nach Italien noch um 0,14 Prozent. Jedoch betont Berger, dass, wenn Italiens Wirtschaft wachse, unsere Exporte dorthin üblicherweise deutlich stärker steigen. Auch hier haben Zulieferer große Chancen. 2014 stiegen Österreichs Exporte insgesamt um 1,7 Prozent, nach Deutschland um 0,5 Prozent. Nach Italien gab es eine Null, nach Tschechien noch minus 0,5 Prozent.
Schlägt die Nachbarschaftshilfe heuer ein wie erhofft, wird das aber kaum für einen starken, nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung in Österreich reichen. Dazu müssen Hausaufgaben erledigt werden.