Minister kontern kritischen Ökonomen

Von OÖN   11.Juli 2013

 „Die Auffassung kann sich von jener der Bundesregierung unterscheiden.“ Dieser Satz ist nicht ohne Grund dem Kapitel der Ökonomen im diesjährigen Wirtschaftsbericht vorangestellt. Die Stellungnahmen der Volkswirte auf elf Seiten patzen die freundliche Bilanz der Regierung doch etwas an. Der Bericht wurde gestern in der Aula der Wissenschaften von vier Ministern präsentiert.

So hat Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, dessen Ministerium das 152 Seiten starke Werk koordiniert, in seiner Stellungnahme gleich gekontert. Er könne die Einschätzung des Wirtschaftsforschers Ulrich Schuh (Eco Austria) nicht teilen, wonach es für Österreich keinen konjunkturellen Rückenwind gebe. „Den gibt es“, sagte der Oberösterreicher. „Wir werden uns gut entwickeln im Herbst“, so der Minister. Schon wegen des Aufholprozesses in anderen Ländern. „Es werden auch von Europa wieder Impulse kommen“, ist er überzeugt.

Ambivalent sieht er die Effekte der jüngsten Hochwasserkatastrophe für die Volkswirtschaft. Es werde durch das Hochwasser ein Konjunkturplus geben. Von deutschen Wirtschaftsforschern wisse man, dass es im Flutjahr 2002 deutlich mehr Wirtschaftswachstum in den von der Flut betroffenen Bundesländern gegeben habe.

Infrastrukturministerin Doris Bures verwies auf das Konjunkturpaket 2013. Dieses werde mit „klugen Investitionen“ eine „doppelte Dividende“ für Konjunktur, Jobs und Zukunftssicherung abwerfen.

140.000 Jobs seit 2009

Sozialminister Rudolf Hundstorfer sagte, seit 2009 sind im Land 140.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstanden, und auch heuer werden in Österreich, dem Land mit der EU-weit geringsten Arbeitslosenquote, weitere 20.000 Arbeitsplätze hinzukommen. Es müsse weiterhin verstärkt in Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen investiert werden. „2015 darf es niemanden mehr geben, der nach dem Pflichtschulabschluss keine weitere Ausbildung beginnt“, sagte Hundstorfer.

Auf die steigende Beschäftigung nahm auch Finanzministerin Maria Fekter Bezug. Gebe es ausreichend Beschäftigung, erhalte sie ausreichend Lohnsteuer, die Leute könnten Geld ausgeben, damit bekomme sie Mehrwertsteuer – dann gehe es den Betrieben gut, und das schlage sich in den Körperschaftsteuereinnahmen und Einkommensteuern nieder, rechnete die Finanzministerin vor. „Wir sind sehr behutsam unterwegs, wenn es um den Standort geht.“ Mehrfach wurde im Wirtschaftsbericht auf die Priorität für die Standortpolitik und einer „Re-Industrialisierung“ verwiesen.

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl forderte in einer Reaktion, die Anstrengungen im Innovationsbereich deutlich zu erhöhen. Sein Kollege aus der Arbeiterkammer, Rudolf Kaske, forderte mehr Geld für Ältere, gesundheitlich Beeinträchtigte und zur Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit. ÖGB-Präsident Erich Foglar sagte, nur mit Investitionen in Zukunftsbranchen, in Bildung, in Infrastruktur, in die Industrie werde Österreich auch auf längere Sicht seine gute Position behaupten können. Die Oppositionsparteien meldeten sich mit kritischen Stellungnahmen zu Wort.