Industriestaaten mobilisieren gegen China, um Rohstoffe zu sichern

Von Von Josef Lehner   16.Oktober 2010

Österreichs Industrie gab heuer im Sommer einen Notruf ab, dass Rohstoffe knapp würden. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat das Thema diese Woche wieder ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt. Die deutsche Regierung und die Europäische Union müssten weltweiten politischen Beschränkungen entgegenwirken. China sollte vor der Welthandelsorganisation verklagt werden, weil es den Zugang zu wichtigen Rohstoffen verwehre. Die Verhandlungen mit Afrika sollten intensiviert werden. Schon vor Monaten hat der BDI eine „Artenschutzliste bedrohter Rohstoffe“ verlangt.

Gestern, Freitag, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einer Tagung des sogenannten Ost-Ausschusses reagiert, allerdings auch nur mit einem Appell: Die europäischen Staaten sollten eine gemeinsame Strategie entwickeln, die „den Zugriff auf Rohstoffe in anderen Teilen der Welt sichert“.

Schon 2008 hat der damalige Vizepräsident der Europäischen Union, Günter Verheugen, den Entwurf einer europäischen Rohstoffstrategie vorgelegt. Sie strebt „faire Bedingungen auf außereuropäischen Märkten“ an. Während die Brüsseler Bürokraten und Politiker noch an Detailplänen feilen, hat China längst gehandelt. Es hat sich entweder Quellen in anderen Ländern gesichert – etwa Schürfrechte im umkämpften Afghanistan für das in Akkus eingesetzte Lithium – oder die Ausfuhr eigener Rohstoffe beschränkt.

Bei Zweiterem geht es um „Seltene Erden“, über die derzeit nur der Tigerstaat verfügt: z. B. Neodym, das für Magneten gebraucht wird, oder Erbium für Lichtwellenleiter zum Datentransfer. Der deutsche Wirtschaftsminister, Rainer Brüderle, bezeichnete die Exportbremse diese Woche als „unfreundlichen Akt.“

China schenkt Dritt-Welt-Ländern Kapital zur Infrastrukturentwicklung, damit es deren Rohstoffe nutzen darf. Damit verstoße es gegen Wettbewerbsregeln, so der BDI. Doch China ist mit staatlich gelenkten Systemen schneller.

Es geht um Zukunftsprodukte: Solarzellen brauchen Silizium und Gallium, RFID-Chips Indium; ein Computer besteht aus 60, ein Handy aus rund 40 Rohstoffen. Wegen der Verknappung steigen die Preise seit Jahren sehr stark.