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"Ich hatte Glück, immer genug Arbeit zu haben"

Von Susanne Dickstein, 13. Juli 2018, 00:04 Uhr
"Ich hatte Glück, immer genug Arbeit zu haben"
Ferry Öllinger Bild: Alexander Schwarzl

LINZ. Schauspieler Ferry Öllinger über das schwierige Unterfangen, von der Kunst leben zu können. Sein erste Abendgage waren in den 1980ern 100 Schilling bei einem Festival in Zürich.

Seine Paraderolle ist jene des Polizisten Kroisleitner in der Serie Soko Kitzbühel. Insofern hat Ferry Öllinger zumindest im Film den Wunsch des Vaters verwirklicht, der ihn gerne als Beamten gesehen hätte. Im OÖN-Interview erzählt der Schauspieler, wie er für die Pension vorgesorgt und wie oft er ein Engagement aus finanzieller Notwendigkeit annehmen musste.

 

Sie sind auf einem Bauernhof aufgewachsen. Was haben Ihre Eltern zur Schauspielerei gesagt?

Öllinger: Meine Eltern haben mich immer unterstützt, indem sie zugelassen haben, was ich mache. Aber verstanden haben sie es, glaube ich, nicht: Ich war das dritte von sieben Kindern und als ältester Sohn wäre ich für die Landwirtschaft vorgesehen gewesen.

Dennoch entschieden Sie sich für ein "brotloses Gewerbe".

Meine Eltern waren keine Theatergeher, sondern einfache Landleute. Aber sie haben gewusst, es ist ein schwieriges Unterfangen, als Künstler zu arbeiten. Meinem Vater wäre recht gewesen, wenn ich Beamter geworden wäre. Jetzt spiele ich einen Beamten in einer Fernsehserie. Insofern habe ich seinen Wunsch erfüllt.

Hatten Sie im Schauspielerleben oft materielle Sorgen?

Ich lebe jetzt seit 40 Jahren von diesem Beruf, habe meine Familie ernährt und ein bisschen geerbt, um mir ein Haus kaufen zu können. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich war nie in Not, bin aber auch nicht reich im pekuniären Sinn. Ich hatte – im Gegensatz zu vielen anderen Schauspielern – das Glück, immer genug Arbeit zu haben.

Ab welchem Zeitpunkt war klar, dass Sie von der Schauspielerei leben können?

Ich habe relativ bald einen fixen Vertrag bekommen, nämlich für die Suche nach dem Phönix-Theater. Das war mit 25 Jahren, davor habe ich als Reiseleiter, Werbetexter, Lastwagenfahrer und als Fotomodell gearbeitet – letzteres glaubt mir heute keiner mehr. Meine erste Abendgage habe ich irgendwann in den 1980ern bei einem Festival in Zürich verdient: 100 Schilling.

Als Mitbegründer des Phönix-Theaters sind Sie dann stark ins Risiko gegangen.

Jeder von uns sechs Gründern hat für einen Kredit von 6,7 Millionen Schilling persönlich gehaftet. Das war wirklich riskant. Ich hatte ein bisschen Geld auf der Seite, aber das hätte nicht gereicht. Wir haben unsere Existenz riskiert, im Wissen, dass das Theater das einzige ist, was wir tun wollen. Der Drang und das Selbstvertrauen, davon leben zu können, waren so stark, dass uns das Risiko wurscht war.

Sie haben sich dann vom Theater zum Film weiterentwickelt.

Ich habe parallel zur Theaterarbeit schon immer wieder mal gedreht. Beim Phönix habe ich dann 1998 gekündigt. Ich wollte wissen, ob ich es als Schauspieler alleine auch schaffe. Gleichzeitig hatte ich das Angebot, die Leitung beim Festival der Regionen von 1999 bis 2003 zu übernehmen. 2001 ist dann Soko Kitzbühel losgegangen.

Lässt sich beim Film mehr verdienen als im Theater?

Wenn man halbwegs Drehtage pro Jahr hat, kann man davon leben. Wenn es Phasen gibt, wo man wenig drehen kann, ist es prekär. Als Mitglied in einem Theaterensemble bekommt man zwar ein geringes, dafür fixes Einkommen.

Und in Phasen ohne Engagement melden sich Schauspieler beim Arbeitsmarktservice an?

Ja, um versichert zu sein. Ich mache das auch immer wieder, wenn ich im Winter keine Arbeit habe – weil ich ja Saisonarbeiter bin: Wir drehen von April bis Oktober, in dieser Zeit bin ich angestellt. Dazwischen habe ich entweder ein Winterengagement im Theater oder bin eben arbeitslos.

Wie oft mussten Sie ein Engagement rein aus finanzieller Notwendigkeit annehmen?

Ich hatte bis jetzt das Glück, so ein Projekt nicht machen zu müssen. Vor kurzem hätte ich die Fortsetzung eines Films machen sollen, bei dem ich das Drehbuch völlig daneben gefunden habe. Zum Glück ist sich das nicht ausgegangen.

Wie ist Ihr Zugang zum Geld?

Ich finde Geld sehr ungerecht verteilt, darüber kann ich mich empören. Persönlich bin ich froh, wenn ich mir keine Gedanken über Geld machen muss. Ich bin kein geschickter Anleger, habe geringe Beträge in Ethik- und Ökofonds.

Wie gut ist es um Ihr Finanzwissen bestellt?

Ich weiß, was Fonds und Aktien sind. Letzteres würde ich mir aber nicht zutrauen, wahrscheinlich bin ich ein typischer Österreicher: Ich habe Bausparer und eine Lebensversicherung, habe einen Notgroschen, aber kein Vermögen.

Das heißt, Sie haben für die Pension vorgesorgt?

Ich werde vermutlich mit dem, was ich ab 65 bekommen werde, nicht durchkommen. Deshalb habe ich privat vorgesorgt. Solange ich arbeiten darf und kann, habe ich aber nicht vor, mit dem Spielen aufzuhören. Das hat nicht nur mit Notwendigkeit, sondern mit Freude zu tun. Ich habe viele Bekannte, die in einem Sozialberuf tätig sind, die werden in der Pension noch weniger bekommen. Ich finde es obszön, was Menschen in anstrengenden Sozialberufen verdienen.

Sind Schauspielgagen obszön?

Ich sage immer, die Schauspieler sind Vorreiter des Prekariats und der Überstundenausbeutung.

Weil bei den Filmbudgets immer mehr gespart wird?

Ich meine das primär für das Theater und die freie Szene. Der Druck in der Filmbranche ist aber auch, wie überall, spürbar größer geworden. Wir haben bei Soko Kitzbühel zum Beispiel die Winterfolgen eingestellt, weil die Mittel für den teureren Winterdreh nicht mehr gereicht haben. Für eine Folge von 43 Minuten haben wir neun Drehtage zur Verfügung. Da haben wir ein bisschen Spazi, weil viele wetterabhängige Außendrehs dabei sind. Ein Fernsehfilm mit 90 Minuten liegt heute bei 16 Tagen, früher waren es 24.

 

Ferry Öllinger (59) ist durch seine Rolle als Polizist in SOKO Kitzbühel österreichweit bekannt geworden. In Oberösterreich ist der Schauspieler schon seit langem eine fixe Größe in der Theaterszene.

Er war Mitbegründer des Phönix-Theaters und leitete das Festival der Regionen. Der Vater von zwei Söhnen ist auf einem Bauernhof in Leonding aufgewachsen und lebt in Ottensheim.

 

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2  Kommentare
2  Kommentare
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nordlicht (1.476 Kommentare)
am 13.07.2018 07:34

Ein sypathischer, offener Mensch. Ein ehrliches, spannendes Interview! Danke dafür und viel Glück!

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mitreden (28.669 Kommentare)
am 13.07.2018 08:17

Und warum muss er dann "weanerisch"Reden?

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