Existenzkampf um Agrargelder der EU

Von Josef Lehner   17.April 2018

Es geht um nicht weniger als das Überleben der bäuerlichen Familienbetriebe, die mit kleinen Strukturen eine flächendeckende Bewirtschaftung Österreichs aufrechterhalten. Die Voraussetzungen sind denkbar schlecht: Die EU wird ab 2021 mit dem Austritt Großbritanniens eine Finanzlücke von zehn bis 14 Milliarden Euro im Jahr zu schließen haben und will außerdem mehr Mittel in Sicherheit und Migration investieren.

Weil die meisten Mitgliedsländer es ablehnen, die Beiträge zu erhöhen, dürfte der Sparstift angesetzt werden. Da steht die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) in der Auslage, da sie als einer der wenigen Sektoren ausschließlich gemeinschaftlich behandelt wird. Sie steht für knapp 40 Prozent des EU-Budgets von rund 150 Milliarden Euro im Jahr. "Man kann daher nicht linear kürzen, das würde voll auf die Landwirtschaft durchschlagen", sagt Landesrat Max Hiegelsberger nach einem Besuch in der EU-Zentrale.

Seit Monaten werden in Brüssel und in den Mitgliedsländern Auswege aus dem Finanzdilemma diskutiert. "Für die unter enormem Wettbewerbsdruck stehende heimische Bauernschaft ist es inakzeptabel, einseitig die Lasten des Brexits zu tragen", sagt Franz Reisecker, Präsident der OÖ. Landwirtschaftskammer und Vizepräsident des EU-Bauernverbands (Copa). Laut einer Kommissionsumfrage sind 87 Prozent der EU-Bürger gegen Kürzungen der Agrarzahlungen, 45 Prozent sogar für mehr Agrarhilfen. In Österreich machen die EU-Förderungen 71 Prozent der bäuerlichen Einkommen aus. Eine Kürzung würde vielen Bauernfamilien die Existenz rauben.

In Brüssel wie in Mitgliedsländern wird diskutiert, die Agrarförderungen völlig oder teilweise zu "renationalisieren". Die EU sollte also erlauben, dass nationale Budgets einspringen.

Reisecker sieht das als gefährliches Ablenkungsmanöver. Die Agrarpolitik brauche dieselben Fördermittel wie bisher. Förderbasis sind die Direktzahlungen aus Brüssel, die fast drei Viertel des Agrarbudgets ausmachen und nach Hektar auf die Bauern aufgeteilt werden, gleich ob ein Gutsbetrieb in Ostdeutschland oder ein kleiner Bergbauer in Österreich. Wegen dieser Methode werden die Betriebe in den Gunstlagen immer größer, mit "allen negativen Auswirkungen auf Böden, Wasser, Tiere", kritisierte die Bertelsmann-Stiftung.

18 Prozent der Empfänger erhalten bereits 80 Prozent der gesamten Direktzahlungen. Außerdem verlieren die Kleinbetriebe in Ungunstlagen mit diesem Modell an Wettbewerbsfähigkeit. Hiegelsberger sagt, dass es für sie ein neues Förderinstrument geben müsse: "Ihnen ist mit der Flächenprämie allein nicht geholfen, wir brauchen eine Prämie für raufutterverzehrendes Großvieh." Damit könnten ökologisch wertvolle Grünlandzonen bewirtschaftet bleiben.

Ohne Ziele keine Geld

Der EU-Rechnungshof forderte kürzlich, dass die Fördermittel streng an Ziele gebunden werden sollten, deren Erreichung zu prüfen sei. Das will EU-Agrarkommissar Phil Hogan in sein neues GAP-Modell einfließen lassen. Die Österreicher könnten damit leben, weil schon heute ein großer Teil der Förderungen an sogenannte gemeinwirtschaftliche Leistungen gebunden ist. Hiegelsberger ist nach seinem Brüssel-Besuch zuversichtlich: "Plan der EU-Kommission ist, dass wir uns national Ziele setzen. Das ist das, was die Regionen aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit brauchen. National sind wir dann auch für die Zielerreichung verantwortlich." Es sind aber viele Fragen offen. Erst 2019 wird es zu einem Beschluss kommen.