Der Traum vom Eigenheim führte in die Katastrophe

Von Hermann Neumüller   11.September 2018

Warum wurde die viertgrößte Investmentbank der USA, Lehman Brothers, nicht vor der Pleite gerettet? Wollte die US-Regierung ein Exempel statuieren? Hat man die Auswirkungen unterschätzt? Diese Fragen sind auch nach zehn Jahren nicht zu beantworten. Was wir wissen, ist, dass die Pleite von Lehman Brothers mit einem vernichteten Firmenwert von 690 Milliarden US-Dollar die größte Firmenpleite der Geschichte war, sie löste auch eine Weltwirtschaftskrise beispiellosen Ausmaßes aus.

Begünstigt von recht niedrigen Zinsen kauften in den USA immer mehr Bürger Immobilien, die sie sich eigentlich nicht leisten konnten. Die Banken nährten die Illusion, dass sich jeder ein Haus leisten kann, da ja die Immobilienpreise weiter steigen werden. Finanziert wurde das von Banken, die beide Augen zudrückten, was die Bonität ihrer Kunden anging. "Subprime Loans" nannte man diese Hypothekarkredite. Die Banken riskierten dabei nicht viel. Die wackeligen Forderungen wurden in Wertpapiere verpackt und weltweit verkauft. Und hier kamen Lehman Brothers und andere US-Investmentbanken ins Spiel. Sie verdienten mehr als prächtig an diesen Papieren.

Nur die Spitze des Eisbergs

Erste Probleme zeigten sich schon im Frühjahr 2007. Nachdem die US-Notenbank begonnen hatte, die Leitzinsen zu erhöhen, konnten immer mehr Hausbesitzer ihre Kredite nicht mehr bedienen. Das brachte auch die Banken in Bedrängnis. Die US-Investmentbank Bear Stearns wird im März 2008 nur dank der Übernahme durch den Mitbewerber J.P. Morgan vor dem Kollaps gerettet. Im September 2008 überschlagen sich dann die Ereignisse. Die US-Behörden müssen die riesigen Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac mit Milliardenaufwand retten. Lehman hingegen wurde nicht gerettet. "Mein Eindruck war, dass die Amerikaner im Fall von Lehman ein Exempel statuieren wollten", wird der damalige deutsche Finanzminister Peer Steinbrück in der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" zitiert.

Parallel zur Immobilienblase entwickelte sich jene der sogenannten "Credit Default Swaps, CDS". Diese Papiere ähneln Versicherungen, mit denen man sich gegen den Ausfall einer Unternehmensanleihe oder eines anderen Kreditpapieres absichern konnte. Dieser Markt war völlig unreguliert und kurz vor der Lehman-Pleite auf die sagenhafte Summe von 62 Billionen Dollar angewachsen. Mit diesen CDS wurden zum Teil auch die Immobilien-Papiere abgesichert.

Mit der Lehman-Pleite machte sich auf den Finanzmärkten – nicht nur in den USA – eine tiefe Vertrauenskrise breit. Keine Bank traute mehr der anderen über den Weg. Der lebenswichtige Geldmarkt, auf dem sich die Banken untereinander Geld borgten, trocknete aus. Nur durch Milliarden-Infusionen der Notenbanken auf der ganzen Welt wurde der Kollaps des Finanzsystems abgewendet.

Weltweite Schockwelle

Trotzdem waren die Folgen noch schlimm genug. Die Börsenkurse rauschten in den Keller. Die Wertverluste an den Aktienmärkten weltweit summierten sich nach nur drei Wochen auf mehr als 20 Billionen US-Dollar. Das weltweite Medienecho machte auch viele Sparer nervös. Am 5. Oktober mussten die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister Steinbrück ihre besorgten Landsleute beruhigen, indem sie im Fernsehen die Sicherheit der Spareinlagen garantierten. Auch die österreichische Regierung versuchte so die Sparer zu beruhigen.

In Österreich forderte die Finanzkrise schon Ende 2008 ein erstes Opfer unter den heimischen Banken: Die Kommunalkredit musste vom Staat gerettet werden. Sie hatte mehr als zwölf Milliarden Euro an CDS in den Büchern stehen.