"145,2 Millionen Euro betrogen": Betrugsprozess gegen Linzer Pleitier ab 19. November

Von OÖN   12.Oktober 2018

Am 19. November startet beim Landesgericht Wien der Prozess mit der Aktenzahl 611 St 39/11k. Es ist einer der größten Betrugsprozesse, die je in Österreich abgehalten wurden. Laut Staatsanwaltschaft Wien geht es um einen Schaden von 145,2 Millionen Euro. Angeklagt sind der ehemalige Immobilienpleitier Cevdet Caner sowie fünf seiner damaligen Mitarbeiter und Berater.

Wie im März berichtet, wirft die Staatsanwaltschaft Caner vor, mit einer „Loch-auf-Loch-zu“-Strategie ein Immobilienreich aufgebaut und dabei Gläubiger und Investoren geschädigt zu haben. Dabei seien ehemalige DDR-Immobilien mittlerer Qualität en gros erworben worden. Spekuliert worden sei dabei auf eine Wertsteigerung, mit der man den Kredit rasch refinanzieren und höhere Kreditsummen bekommen wollte. Damit wurde weiter investiert. Caner und seine Mitangeklagten Bernd T., Peter H., Gernot S., Wolfgang H. und Herbert A. sollen sowohl die finanzierende Bank Credit Suisse als auch Investoren geschädigt haben, die im guten Glauben Anleihen zeichneten, die angeblich grundbücherlich besichert und werthaltig waren.

"66 Millionen für Caner"

Die Einnahmen aus Anleihen, Mezzaninfinanzierungen und Krediten sowie Erhöhungen des Finanzierungsrahmens seien „wie Gewinne angesehen, so behandelt und sofort ausgeschüttet worden. Liquidität aus Fremdmitteln wurde für außerhalb der Gruppe liegende Projekte und für den privaten Bereich der Angeklagten verwendet, wo immer sie verfügbar war“, heißt es in der Anklage. Zudem habe Caner In-Sich-Geschäfte abgeschlossen und dafür Provisionen kassiert. Die gesamte Firmenstruktur sei vor allem zur persönlichen Bereicherung Caners aufgebaut gewesen, wirft ihm die Anklagebehörde vor. Nutznießer war die „Special Opportunity Holding“ Caners auf der Kanalinsel Jersey. Allein Caner soll sich um 66 Millionen Euro bereichert haben. Er lebt heute in Monaco und ist nach wie vor im Immobiliengeschäft international tätig.

Die Level One, Caners Immobilienflaggschiff, legte schließlich vor elf Jahren die zweitgrößte Immobilienpleite Deutschlands hin. Der einstige Immobilien-Tycoon, wie ihn englische Medien bezeichnet hatten, war gescheitert.

Laut Staatsanwaltschaft zahlten die Rechnung dafür allerdings andere. Sie wirft Caner & Co gewerbsmäßigen schweren Betrug, betrügerische Krida und Geldwäsche vor.

Caner-Anwalt Ben Irle, der die medienrechtlichen Aspekte abdeckt, sagt, dass sein Mandant „begrüßt, dass nach völlig unverhältnismäßig langen Ermittlungen nunmehr das gerichtliche Verfahren von einem versierten Gericht geführt und unser Mandant damit in die Lage versetzt wird, die entscheidende Instanz von der Haltlosigkeit der ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe zu überzeugen“.

Keine Kronzeugen-Regelung

Bemerkenswert ist, dass der ehemalige Caner-Finanzmann Markus E., auf dessen Aussagen die Staatsanwaltschaft einen Teil ihrer Anklage aufbaut, doch keinen Kronzeugenstatus erhält. Die Oberstaatsanwaltschaft Wien hat dies abgelehnt, weil E. ohnehin nur erzählt hatte, was man schon ermittelt hatte. E., der derzeit Geschäftsführer in einem städtischen Linzer Unternehmen ist, wurde auch als Beschuldigter geführt. Er sagte den OÖNachrichten, dass er beim Prozess im November aber nicht angeklagt sei.