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Zweierlei Maß von Mitleid

Von Eike-Clemens Kullmann, 29. Dezember 2018, 00:04 Uhr
Höhlen-Drama in Thailand: Die ersten Buben gerettet
Viele Freude, nachdem die ersten Buben aus der thailändischen Höhle gerettet wurden Bild: APA/AFP

Flüchtlinge rücken Europa zu nahe. Ihre Not verliert damit ihre Unschuld. Ein Jahresrückblick von OÖN-Weltspiegel-Ressortleiter Eike-Clemens Kullmann.

Man musste mit ihnen hoffen und bangen, den Fußball-Buben in der Höhle in Thailand. Und durfte sich über ihre Rettung freuen. Eine Rettung, die auch eine Geschichte über die Kraft der Menschlichkeit und des Mitleids ist. Doch warum fällt uns dies dort so leicht – und warum gibt es diesen Verlust an Empathie mit den Flüchtlingen im Mittelmeer? Diese sind den Europäern nahegerückt mit ihrer Not, die damit ihre Unschuld verloren hat. Ungarns Orbán schimpft Flüchtlinge "Invasoren", Polens Kaczynski degradiert sie zu "Trägern von Erregern". Und so brütete Europas Politik über Möglichkeiten, wie man im Stil eines Kolonialherrn Afrika Auffanglager aufdrängen könne. Unterdessen ertranken täglich Menschen.

Immer wieder kentern überfüllte Flüchtlingsboote vor Libyen.  Bild: (Reuters)

Von offenen Grenzen kann deshalb keine Rede sein. Es gibt aber derzeit auch keine Flüchtlingskrise in Europa – bleiben doch 80 Prozent aller Vertriebenen in einem Land nahe ihrer Heimat. Europas Krise hat daher nichts mit Flüchtlingszahlen zu tun, sondern mit politischer Instrumentalisierung. Geht es nach Rechtsextremen und -populisten, wollen die da unten den von uns gebackenen Kuchen stehlen. Von diesen Abschottungspredigern können sich alle, die universelle Menschenrechte für eine brauchbare Idee halten, weiter wie die sprichwörtliche Sau durchs europäische Dorf jagen lassen. Oder sie nehmen den Kampf um politische Gestaltung auf. Etwa so: EU-Staaten errichten in Südeuropa Hotspots, wo rechtsstaatliche Asylbescheide ausgestellt werden. Anerkannte Flüchtlinge werden dezentral auf zu fördernde Kommunen verteilt. Für abgelehnte Flüchtlinge geht es dagegen schnell in ihre Heimatländer zurück. Deren Kooperation sichert man sich mit Abkommen über legale Migration. Das wäre zwar nicht das Ende von Flucht und Migration, aber ein Schritt zu einem halbwegs menschlichen Umgang damit.

Wer über Europas Tellerrand hinausblickt, weiß: 2015 war nur ein Vorgeschmack. Ein Grund für zunehmende Wanderungen ist der Kuchen des Wohlstands, den viele Europäer nur für sich selbst gebacken halten. Die koloniale Ausbeutung ermöglichte Europas Sprungbrett in die Modernisierung. Ebenso unbestreitbar ist, dass der Handel Europas mit Afrika bisher ausschließlich Ersterem zum Vorteil gereicht – ein EU-Afrika-Forum bringt noch lange keine Partnerschaft auf Augenhöhe. Überschwemmt die EU weiter mit subventionierten Agrarprodukten Afrikas Märkte und ruiniert so deren Bauern, machen sich viele auf den Weg. Kaufen wir Smartphones mit Rohstoffen aus Konfliktgebieten und missbrauchen wir Länder als Werkbank für Billig-Gewand, entstehen dort keine ökonomischen Perspektiven. Scheren wir uns nicht um unseren CO2-Ausstoß, muss uns klar sein, dass der Klimawandel immer mehr Menschen zur Flucht treibt.

Das ist die unbequemste Erkenntnis für uns Wohlstandskonsumenten: Die größte Handlungsmacht liegt nicht in Grenzzäunen, Fluchtrouten-Schließung und Marshallplänen, sondern in der Bereitschaft, rasch den Schaden zu reduzieren, den unsere Lebensweise anderen zufügt.

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5  Kommentare
5  Kommentare
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teja (5.847 Kommentare)
am 30.12.2018 12:44

Warum gibt es momentan keine Flüchtlingskrise? Weil durch den Druck der Bevölkerung sogar die Politiker aufgewacht sind.

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hausmasta (916 Kommentare)
am 30.12.2018 12:52

Ganz einfach. In Italien dürfen sie nicht landen, also bleibt nur absaufen.
happy new year!

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Alfred_E_Neumann (7.160 Kommentare)
am 30.12.2018 13:03

Findest du es also positiv, wenn solche Boote wie am Foto überhaupt von Nordafrika aus ablegen?

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vjeverica (4.297 Kommentare)
am 29.12.2018 10:47

"Die Europäer"?! Immer diese Verallgemeinerungen.
Amis, Chinesen sind natürlich Unschuldsengerln.

Rohkaffeepreis - wer profitiert davon? Die Unternehmen mit ihren Aktionären. Nicht der einzelne Europäer - der merkt nur, dass Kaffee und auch alles andere (wo auch immer das her kommt) immer teurer wird.

Politische Scheinfreiheit - als die z.B. Briten endlich "abzogen" (denen warf und wirft noch wie vor keiner ihre Vergang.vor, auch nicht den anderen Kolonialmächten - da heißt es immer nur "Europa") hinterließen sie ja keine schlechte Infrastruktur. Nur waren die dort verbliebenen Einheimischen anscheinend nicht fähig diese entsprechend zu nutzen.
Dubiose Machthaber damals wie heute am Ruder. Und immer wieder, wenn man denkt, endlich weg(gestorben), gestürzt, dann kommt es immer nur noch schlimmer für die Menschen dort. Regierende, die sich die eig. Taschen voll stopfen, Hilfgelder kassieren und behalten. Bei Umsturz Asyl kriegen in Europa und USA.

Geburtenkontrolle - nicht mal geplant

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Orlando2312 (22.305 Kommentare)
am 29.12.2018 09:48

Afrikas Länder sind auch heute noch nicht frei. Der politischen Abhängigkeit des 19. Jhdts folgte die ökonomische Abhängigkeit mit der politischen Scheinfreiheit.

In Wahrheit haben die Europäer immer noch das Sagen, was in den Ländern Afrikas zu geschehen hat.

Die Afrikaner werden in unvorstellbarem Ausmass ausgebeutet. So hat sich z.B. der Preis für Rohkaffee seit den 90ern mehr als halbiert. Die Europäer diktieren den Preis.

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