Waldbrände mit 62 Toten in Portugal: "Das ist ein echtes Inferno"
LISSABON. Die Portugiesische Regierung ruft nach den verheerenden Waldbränden eine dreitägige Staatstrauer aus: "Das ist die größte Tragödie, die wir in Portugal seit Jahren erlebt haben"
"Das fühlt sich nicht wirklich an, nicht von dieser Welt", sagte Valdemar Alves, Bürgermeister in der portugiesischen Bergregion Pedrógão Grande 200 Kilometer nordöstlich von Lissabon. Seit Samstag wüten mehrere Waldbrände in der Region, bis gestern Abend waren 62 Todesopfer zu beklagen.
Zwei der vier Feuerfronten habe die Feuerwehr gestern Nachmittag in den Griff bekommen, sagte Jorge Gomes, Staatssekretär im Inneren.
Das Feuer wurde am Sonntag in Pedrogao Grande und drei Nachbar-Kreisen von insgesamt 690 Feuerwehrmännern mit 216 Fahrzeugen und vier Löschflugzeugen bekämpft. Insgesamt waren es fünf größere Brände, bei denen rund 1600 Feuerwehrleute, 495 Fahrzeuge sowie 15 Flugzeuge und Hubschrauber im Einsatz waren.
Viele der Opfer in der zentralen Bergregion von Pedrógão Grande seien auf der Flucht vor den Flammen in ihren Autos verbrannt, teilte das Innenministerium mit. "Das ist ein echtes Inferno, so etwas haben wir noch nie gesehen", sagte Bürgermeister Alves.
Blitzschlag als Ursache?
Die EU, Frankreich, Deutschland und Spanien boten Löschflugzeuge zur Unterstützung an oder schickten diese bereits auf den Weg.
In der Region rund 200 Kilometer von Lissabon entfernt herrscht seit Tagen extreme Hitze. Die Polizei schloss nicht aus, dass ein Blitzschlag in einen Baum das Feuer verursacht hatte. Der Einsatz von Löschflugzeugen und Hubschraubern sei am Sonntag zunächst lange Zeit aufgrund der starken Rauchentwicklung völlig unmöglich gewesen. Die hohen Temperaturen, die extreme Trockenheit und die starken Winde behinderten weiterhin die Löscharbeiten und fachten die Brände immer wieder an, hieß es aus dem portugiesischen Innenministerium.
Bewohner des Dorfes Nodeirinho berichteten, eine vierköpfige Familie habe ihr Haus verlassen und mit einem Auto fliehen wollen. Der Wagen sei aber von einem "Tornado von Flammen" erfasst worden. TV-Bilder zeigten zudem verkohlte Häuser. Hunderte Bewohner wurden in Notzelten untergebracht, viele von ihnen wurden wegen Rauchgasvergiftungen behandelt.
"Wir tun alles Mögliche und Unmögliche, um das Feuer zu löschen", sagte Gomes. Er hatte über das Wochenende die Opferzahlen wiederholt anheben müssen.
"Das ist die größte Tragödie, die wir seit Jahren in Portugal erlebt haben", sagte auch Regierungschef Antonio Costa nach einem Besuch der Region. Die Regierung rief eine dreitägige Staatstrauer aus. Papst Franziskus hat dem portugiesischen Volk gestern beim Angelus-Gebet seine Anteilnahme ausgesprochen.
Video: ORF-Korrespondent Josef Manola berichtet über die aktuelle Situation in Portugal und über die schweren Vorwürfe von Augenzeugen, wonach die Einsatzkräfte vollkommen überfordert gewesen seien.
Waldbrände kommen häufig in der Mittelmeer-Region vor, weil es dort oft monatelang extrem heiß und trocken ist. Unter diesen Umständen ist die Brandbekämpfung schwierig.
In Mitteleuropa kann es auch passieren, aber hier ist die Feuerwehr gut aufgestellt. Problematisch werden Brände im Gebirge, wo man mit Löschfahrzeugen nicht herankommt. Ich erinnere mich an ein abgebranntes Latschenfeld am Donnerkogel, das war mehr als 10 Jahre als "braune Fläche" sichtbar. Es sind während dieser Zeit keine neuen Latschen nachgewachsen.
Selbst in Russland und in Sibirien gab es Waldbrände infolge extremer Trockenheit und Hitze. Es entzündeten sich Torf-Lagerstätten, die Glut breitete sich unterirdisch aus und konnte nicht gelöscht werden. Sie mussten auf Regenwetter warten.