Rätselhafte Wühlspuren aus den Tiefen der Kreidezeit
Nach 100 Jahren tauchte im Flyschsteinbruch bei Gmunden erneut Pinsdorfichnus abeli auf.
Dort, wo sich heute die Bagger des Zementwerks Hatschek durch die Sand- und Tonsteine graben, wühlte sich vor rund 70 Millionen Jahren ein urzeitliches Tier durch den Schlamm eines Meeresbeckens. Davon zeugen seine Spuren, die die Zeit überdauert haben und schon vor 100 Jahren erstmals entdeckt wurden. Man deutete sie damals allerdings anders, u. a. als Wirbelsäulen von Urschlangen, Sauriern oder Frühmenschen. Im heurigen Herbst fand Paläontologe Alexander Lukeneder erneut eine fossilisierte Spur des rätselhaften Wesens im Zuge einer Exkursion zum Pinsdorfer Steinbruch.
Die dortigen Flyschgesteine entstanden durch Trübeströme, die in ein bis zu 2000 Meter tiefes Meeresbecken abglitten. Die Sedimentgesteine, in die das Spurenfossil eingebettet ist, stammen aus der späteren Kreidezeit und sind circa 70 Millionen Jahre alt. Die Verursacher dieser Schlammspuren – möglicherweise große Muscheln oder Schnecken – durchwühlten das Sediment an der Oberfläche auf der Suche nach Nahrung. Dabei hinterließen sie diese charakteristischen Spuren im Schlamm. "Wir wissen nicht, was sich da durchgegraben hat", sagt Lukeneder, der als Kurator im Naturhistorischen Museum (NHM) für das Erdmittelalter zuständig ist. Nicht einmal internationale Spezialisten für Spurenfossilien konnten bisher das Rätsel um die Verursacher lüften.
"Jedenfalls handelt es sich dabei, wie auch bei der Gmundner Keramik, um eine rein oberösterreichische Spezialität, da diese Form von Spurenfossilien nur in der Gegend um Gmunden gefunden werden konnte", sagt Lukeneder. Ein Teil der Spur – einst gefunden am Grünberg – befindet sich im Kammermuseum in Gmunden. Das 150 Kilogramm schwere, neue Stück von Pinsdorfichnus abeli geht nach Wien und wird die Spurenfossilsammlung des NHM bereichern. Der Dank dafür ergeht an Steinbruchleiter Albert Detamble und Bergehelfer Karl Bösendorfer.