Panne macht Geheimklage gegen Assange öffentlich
Klageschrift von US-Staatsanwaltschaft gegen den Wikileaks-Gründer wurde durch eine Verwechslung enthüllt.
Gewöhnlich erfahren Personen, die in den USA angeklagt werden, von den Vorwürfen gegen sie direkt von der Staatsanwaltschaft. Richten sich die Ermittlungen gegen Beschuldigte, die sich außerhalb des Landes aufhalten und damit versucht sein könnten, sich einem Prozess zu entziehen, gibt es das Mittel einer geheimen, "unter Siegel" stehenden Anklage.
Dass gegen Wikileaks-Gründer Julian Assange eine solche versiegelte Klageschrift vorliegen könnte, überrascht niemanden, der den Fall des im Jahr 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London geflüchteten Australiers verfolgt hat. Nachdem Schweden die Ermittlungen in einer Sexualstrafsache fallen ließ, gab Assange ein drohendes Strafverfahren in den USA selber als Grund für sein andauerndes Asyl in der diplomatischen Vertretung an.
Durch eine Schlamperei der Bundesstaatsanwaltschaft in Alexandria vor den Toren der Hauptstadt Washington hat der Flüchtling nun Gewissheit. Die Ankläger reichten die Justizakten zum Fall Assange versehentlich mit einer völlig anderen Eingabe an das zuständige Gericht weiter.
Prozess wegen Geheimnisverrats
Sollten die Amerikaner seiner habhaft werden, droht Assange in den USA unter anderen ein Prozess wegen Geheimnisverrats. Ihm wird vorgeworfen über seine Enthüllungsplattform Hunderttausende diplomatische Kabel sowie Geheimakten aus den Kriegen in Afghanistan und im Irak veröffentlicht zu haben. Das Material stammt von Chelsey Manning, die dafür bereits eine mehrjährige Haftstrafe verbüßt hatte.
Viel brisanter für Assange sind die Ermittlungen von Sonderermittler Robert Mueller in der Russland-Affäre. Der Australier steht in dringendem Verdacht, von russischen Geheimdienst-Hackern gestohlene Emails von Hillary Clinton in Umlauf gebracht zu haben.
Der erklärte Gegner der ehemaligen Präsidentschaftskandidatin der Demokraten hat dies möglicherweise in direkter Abstimmung mit dem Wahlkampfteam Donald Trumps gemacht. Als Mittelsmänner in Verdacht stehen der langjährige Trump-Intimus und Wahlkampfberater Roger Stone, der ehemalige Führer der britischen Nationalisten UKIP Nigel Farage und der Verschwörungstheoretiker Jerome Corsi.
Kaum Hilfe für Assange
Assange hilft das Wissen um die versiegelte Anklage nach Ansicht von Experten nur am Rande. Er habe ohnehin damit gerechnet, heißt es. Falls Ecuador ernst macht und ihm das Botschafts-Asyl in London aufkündigt, steht Assange ein Rechtsstreit über eine mögliche Auslieferung von Großbritannien an die USA bevor.