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Menschenrechtsarbeit in Ungarn: "Wir kämpfen den Kampf mit Hingabe"

Von Clemens Schuhmann, 26. September 2018, 00:04 Uhr
Menschenrechtsarbeit in Ungarn: "Wir kämpfen den Kampf mit Hingabe"
Pro-EU-Demonstration Mitte September in der Hauptstadt Budapest Bild: Reuters

LINZ. Áron Demeter von Amnesty Ungarn über das "Stop-Soros-Gesetz" und die Abschreckung.

In Viktor Orbáns Ungarn ist Menschenrechtsarbeit alles andere als leicht. Áron Demeter von der Nichtregierungs-Organisation (NGO) "Amnesty Ungarn" spricht im OÖN-Interview über diffuse Ängste, politischen Druck und den Widerstand der Jungen.
 

OÖNachrichten: Wie beurteilen Sie die Einleitung eines EU-Rechtsstaatlichkeitsverfahrens nach Artikel 7 gegen Ungarn?

Áron Demeter: Amnesty befürwortet die Einleitung des Rechtsstaatlichkeitsverfahrens gegen Ungarns Regierung schon länger, wir fordern das seit 2015. Damals schloss Ungarn seine Grenzen und begann, Flüchtlinge unmenschlich zu behandeln. Die Einleitung ist die letzte Chance des EU-Parlaments, für die europäischen Werte aufzustehen. Daher ist es die richtige Entscheidung.

Sollte die EVP nun Orbáns Partei "Fidesz" ausschließen?

Für unsere Arbeit würde das nichts ändern. Wichtiger wäre, dass die ungarische Regierung die Menschenrechte achtet und die Rechtsstaatlichkeit respektiert.

Erwarten Sie, dass Premier Viktor Orbán im Zuge des Artikel-7-Verfahrens einlenken wird?

Es deutet vieles darauf hin, dass Orbán die Entscheidung des EU-Parlaments dafür verwenden wird, der Bevölkerung zu suggerieren, dass die EU gegen das ungarische Volk sei. Wir werden daher in Ungarn einen sehr harten und interessanten EU-Wahlkampf erleben. Und Orbán wird alles in seiner Macht Stehende tun, um sich als starker Mann in Europa zu präsentieren. Das sind keine guten Aussichten für die Ungarn und für die europäische Öffentlichkeit.

Was bedeuten die neuen NGO-Gesetze für die tägliche Menschenrechtsarbeit in Ungarn?

Da ist einmal das Gesetz aus 2017, das ungarische Nichtregierungs-Organisationen zwingt, sich als "zivile Organisationen, die Mittel aus dem Ausland erhalten", registrieren zu lassen. Das wird von der Regierung in erster Linie als eine Art Kommunikationsmittel genutzt, um missliebige NGOs anzuschwärzen – etwa weil sie sich wie Amnesty nicht registrieren lassen wollen. Deutlich weitreichender ist das "Stop-Soros-Gesetz", das im heurigen Juni verabschiedet wurde. Es bedroht beispielsweise Menschen mit Haftstrafen, wenn sie Asylsuchenden helfen. Ich kenne zwar noch niemanden, gegen den ermittelt wird oder der deswegen im Gefängnis sitzt. Aber die eigentliche Absicht hinter diesem Gesetz ist, innerhalb der NGO-Szene und der Zivilgesellschaft Angst zu verbreiten. Man überlegt sich daher zwei Mal, ob man Orbán öffentlich kritisiert. Das Gesetz soll abschreckende Wirkung haben.

Ist es aufgrund der neuen Gesetzeslage für Amnesty Ungarn auch schwieriger geworden, Spenden zu sammeln?

Ja und nein. Es gibt natürlich einige Spender und Mitglieder, die ihre Unterstützung eingestellt haben – etwa weil sie Beamte sind oder ihr Arbeitsplatz von der Regierung abhängt. Sie sagen dann: Ich würde euch gerne weiter unterstützen, aber der politische Druck ermöglicht mir das nicht mehr. Gleichzeitig sehen wir aber speziell in der jungen Generation deutlich mehr Bereitschaft, Aktivist oder Spender zu werden – nach dem Motto: Wenn die Regierung diese NGO so sehr ablehnt, dann bin ich dort genau richtig. So gesehen arbeitet das Gesetz auch für uns.

Hat Amnesty je darüber nachgedacht, Ungarn zu verlassen?

Nein! Amnesty Ungarn existiert mittlerweile ja seit fast 30 Jahren, und es ist wichtig, was wir tun. Wir kämpfen den Kampf mit großer Hingabe.

Zur Person

Áron Demeter hat in Budapest Politikwissenschaften, Jus und vergleichendes Verfassungsrecht studiert. Seit September 2013 arbeitet Demeter bei Amnesty International – zuerst als Kampagnenkoordinator. Derzeit ist er für Rechtsfragen und Medien zuständig.

Montagabend war Demeter gemeinsam mit Amnesty-Österreich-Geschäftsführerin Annemarie Schlack zu Gast im Kepler Salon in Linz.

3 Fragen an …

Annemarie Schlack, Geschäftsführerin Amnesty Österreich
In der Österreich-Sektion der Menschenrechtsorganisation beobachtet man die Entwicklung in Ungarn mit großer Sorge, sagt Geschäftsführerin Annemarie Schlack den OÖN.

  1. Wie beurteilt Amnesty Österreich die Entwicklung im Nachbarland Ungarn?

    Wir arbeiten viele Jahre sehr eng mit den ungarischen Kollegen zusammen, Budapest ist ja quasi ums Eck. Umso schockierter bin ich, wie sich die Politik der Hetze und der Ausgrenzung ausbreitet. Wir sind entschlossener denn je, Amnesty Ungarn weiterhin tatkräftig zu unterstützen. Denn dort passiert ganz wichtige Menschenrechtsarbeit für alle Ungarn. Wir stehen Seite an Seite.
  2. Wie beurteilen Sie die Einleitung des Rechtsstaatlichkeitsverfahrens?

    Diese Entscheidung ist ganz wichtig – und sie ist insofern ein Erfolg, als sie auch zeigt, wie es um die Zivilgesellschaft in einem EU-Mitgliedsland steht. Wir dürfen nicht vergessen, dass Ungarn ein Land im Herzen Mitteleuropas ist, das übrigens auch die Europäische Menschenrechtskonvention unterschrieben hat. Nun gilt unser Augenmerk der Abstimmung im EU-Rat, wo es eine Vier-Fünftel-Mehrheit braucht.
  3. Jetzt haben Polen und Bulgarien signalisiert, dass sie Ungarn unterstützen. Was heißt das für das Verfahren?

    Es ist entscheidend, die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel auszuschöpfen, damit die EU glaubhaft bleibt und ihre Werte lebt. Daher ist es unumgänglich, dass es zum Verfahren kommt. Klar ist: Ungarn darf der EU nicht länger auf der Nase herumtanzen. Da macht sich ja die EU lächerlich.

 

 

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