IS bekennt sich zu Selbstmordanschlag in Kabul
KABUL. Ein schwerer Selbstmordanschlag in Kabul hat erneut ein Schlaglicht auf die fragile Sicherheitslage in Afghanistan geworfen.
Vor dem Ministerium für ländliche Entwicklung riss ein Selbstmordattentäter am Sonntag mindestens sieben Menschen mit in den Tod und verletzte mehr als 15 weitere, wie die Behörden mitteilten. Zu dem Anschlag bekannte sich die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Dies teilte das auf die Beobachtung islamistischer Websites spezialisierte US-Unternehmen Site mit. Eine entsprechende Erklärung wurde demnach über das IS-Propagandaorgan Amaq verbreitet.
Unter den sieben Todesopfern vom Sonntag seien sowohl Sicherheitskräfte als auch Zivilisten, teilte Polizeisprecher Hashmat Staniksai mit. Der Sprecher des angegriffenen Ministeriums, Freidun Ashand, sagte, der Attentäter habe sich am Feierabend an einer Sicherheitsschleuse in die Luft gesprengt, als dort gerade viele Mitarbeiter das Ministerium verließen.
Es war aber unklar, ob sich der Anschlag gegen das Ministerium gerichtet habe. In der Nähe hatte sich laut Polizeisprecher Staniksai zum Zeitpunkt der Tat ein Fahrzeug mit ausländischen Beratern des Ministeriums befunden. Auf das Ministerium für ländliche Entwicklung war bereits am 11. Juni ein Anschlag verübt worden, als während des Fastenmonats Ramadan vor dem Gebäude Mitarbeiter für einen Bus Schlange standen. 13 Menschen wurden getötet und mehr als 30 weitere verletzt. Auch damals hatte der IS die Tat für sich reklamiert.
Die UNO-Mission in Afghanistan (Unama) teilte am Sonntag mit, die Zahl der zivilen Opfer in dem Land durch Kämpfe und Anschläge habe im ersten Halbjahr 2018 einen neuen Höchststand erreicht. 1.692 Zivilisten seien in den ersten sechs Monaten dieses Jahres getötet worden - ein Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Weitere 3.430 Menschen wurden den Angaben zufolge verletzt, etwas weniger als im Vorjahreszeitraum.
Bei Selbstmord- und Bombenanschlägen wurden laut Unama 1.413 Menschen getötet oder verletzt. Die IS-Miliz sei für den Großteil dieser Angriffe verantwortlich gewesen. An zweiter Stelle stehen demnach die radikalislamischen Taliban, die weiterhin die größte bewaffnete Miliz sind und weite Teile des Landes kontrollieren.
An dieser Entwicklung konnte offenbar auch eine historischen Waffenruhe nichts ändern. Die einseitig von der afghanischen Armee ausgerufene Feuerpause hatte sich mit einer dreitägigen Waffenruhe der Taliban während des Fastenbrechens am Ende des Ramadans überschnitten. Die Waffenruhe wurde jedoch von zwei Selbstmordanschlägen des IS mit dutzenden Toten in der östlichen Provinz Nangarhar überschattet.
Den stärksten Anstieg gab es der UNO-Mission zufolge bei zivilen Toten nach Luftangriffen. 353 Menschen seien dabei verletzt oder getötet worden - 52 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Neben der afghanischen Luftwaffe fliegen auch die USA Angriffe am Hindukusch. US-Präsident Donald Trump hatte vor knapp einem Jahr eine Intensivierung der Angriffe auf Stellungen von Milizen angekündigt.
Wegen der angespannten Lage sind Abschiebungen afghanischer Staatsangehöriger in ihr Heimatland umstritten.