OÖN-Test: „Google-Handy“ HTC G1

Von Von Thomas Widter   03.Februar 2009

Hier ist er nun also, der erste echte iPhone-Konkurrent. Während bei Apples Handy Hardware und Software aus einer Hand stammen, hat das G1 mehrere Väter: Das Gerät wurde von HTC gefertigt, die dafür nötige Infrastruktur (Funknetz-Technologie) stellt T-Mobile zur Verfügung, hierzulande wie auch in den USA.
Das Betriebssystem stammt von Google und hört auf den Namen „Android“. Es soll künftig auf zahlreichen weiteren Handys unterschiedlicher Hersteller zum Einsatz kommen.

 
In Natura hübscher als auf Fotos

In den USA ist das G1 schon seit einigen Monaten erhältlich. Da die ersten Anwender- und Testberichte nicht selten einige Skepsis enthielten, sind wir besonders gespannt als wir unser Testgerät in Augenschein nehmen. Es wurde oft gesagt - und es stimmt tatsächlich: Das G1 sieht in Natura besser aus als auf Produktfotos, die weiße Version könnte vom Aussehen her fast von Apple stammen.

 
Touchscreen: Absolut vorbildlich

Neben dem großen und sehr gut funktionierenden Touchscreen (320 x 480 Pixel) dienen lediglich vier Tasten und ein (selten benötigter) Trackball der Handysteuerung. Die Tastenbelegung ist anfangs sehr ungewohnt: Die Taste ganz links ruft die Telefonfunktion auf, gefolgt von einer Taste, die den Anwender zum Startbildschirm zurück bringt, einer zum schrittweisen Rückwärtsgehen (z.B. für Menüs), und eine zum Abschalten des Displays (Standby). Noch ein Wort zum Bildschirm: Dieser ist der große Trumpf des Handys. Dank des exzellenten Ansprechverhaltens und des gestochen scharfen Bildes fällt er im Test nie negativ auf.

 
Ausgezeichnete vollwertige Tastatur

Unterhalb des ausklappbaren Berührbildschirms verbirgt sich eine vollständige Tastatur. Diese lässt sich ausgezeichnet mit beiden Daumen bedienen und bietet dank des guten Druckpunkts mehr Komfort als die virtuelle Tastatur des iPhone. Die deutschen Umlaute und auch das scharfe „ß“ sind gut erreichbar. Beim Surfen und in der YouTube-Anwendung lassen sich Stichworte für gezielte Suchabfragen unmittelbar eingeben (einfach drauf-los-Tippen und „Enter“ drücken, um die Suche zu starten).

 
Mittlerweile ausgereiftes Betriebssystem

Die wichtigste Frage ist wohl die nach der Qualität der Software, sprich des Betriebssystems „Android“. In dem uns vorliegenden Zustand kann sie als wirklich ausgereift gelten. Die Navigation ist schlüssig, das Menü klar strukturiert und die einzelnen Programme (wie der Webbrowser, die Kartenanwendung, der Kalender, usw.) leicht bedienbar. Wir haben nur zwei essentielle Kritikpunkte: 1. Obwohl der Großteil der Bedienung über den Touchscreen erfolgt, fehlt häufig eine Möglichkeit, in der Menüführung rückwärts zu gehen (z.B. im Mp3-Player). Die sonst flüssige Touchscreen-Bedienung wird dann stets durch Drücken der hardwareseitigen Retour-Taste unterbrochen. 2. Der Touchscreen reagiert nur auf eine Berührung gleichzeitig, was es unmöglich macht, Landkarten oder Fotos durch das Auseinanderziehen zweier Fingerspitzen zu vergrößern („Multi-Touch“).

 
Programme: Einheitliche Grundausstattung

Eine echte Stärke des G1 ist, dass die mitgelieferten Programme wie aus einem Guss wirken. Der Anwender hat zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, vor einem Sammelsurium unterschiedlicher Bestandteile zu sitzen. Die Einbindung der Onlinedienste Googles ist freilich stark betont, so ist Googles E-Mail-Service „Gmail“ genauso selbstverständlich an Bord wie auch der Instant Messenger „Google Talk“ und ein Programm für YouTube-Videos. Sie alle funktionieren im Test klaglos und schnell, auch YouTube-Clips werden rasch geladen.

 
Barcode-Scanner mit Preisvergleich

Vom Handy aus lassen sich zahlreiche weitere (oft kostenlose) Programme herunter laden. Bereits in der Grundausstattung enthalten ist das geniale „ShopSavvy“, mit dem Produkte (wie etwa im Test eine Handcreme oder CD-Rohlinge) anhand des Barcodes in Onlinestores gesucht werden. Zahlreiche Artikel sind sogar mit Foto gelistet. Dies macht erstens ungeheuren Spaß und ermöglicht zweitens rasche Preisvergleiche beim Einkaufen.

 
Webbrowser mit kleineren Mankos

Der Webbrowser macht im Test eine gute Figur, seine Daten erhält er entweder über UMTS oder WLAN. Auch hier fehlt dem iPhone-verwöhnten Anwender anfangs die Multi-Touch-Fähigkeit. Die Darstellung wird mittels zweier virtueller Tasten verkleinert bzw. vergrößert. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass sich der Webbrowser die eingestellte Darstellungsgröße nicht merkt. Ein Beispiel: Wechselt der Surfer von einem Wikipedia-Artikel, die er manuell verkleinert hat, zu einem verlinkten Artikel, muss er die Anzeige erneut verkleinern. Flash-Inhalte werden nicht angezeigt.

 
Mp3-Player: Software hui, Hardware pfui

Zum wichtigen Mp3-Player lässt sich sagen, dass er softwareseitig vorbildlich umgesetzt wurde. Die Menüführung ist tadellos, selbst die in unsere Mp3-Dateien eingebetteten Coverfotos scheinen auf. (Die fehlende virtuelle Zurück-Taste erwähnten wir bereits.) Alle Songs, die sich auf Handyspeicher und Erweiterungskarte befinden, tauchen automatisch im Menü auf. Hardwareseitig hat das Handy das gleiche Problem wie das erste iPhone: Es lassen sich nur die mitgelieferten Ohrhörer anschließen. Diese klingen okay, sind aber etwas zu üppig dimensioniert und fallen leicht aus dem Ohr.

 
Eine Anschlussbuche für alles

Die Anschlussbuchse für die Ohrhörer ist zugleich diejenige für Ladegerät und USB-Verbindung. Letztere Anwendung will im Test aber nicht so recht klappen, unser PC zeigt weder den internen Handyspeicher noch die Speicherkarte als Laufwerk an. Um Daten auf die mitgelieferte, 2 Gigabyte große microSD-Karte aufzuspielen, müssen wir sie aus dem Handy entfernen und in ein Kartenlesegerät stecken. Ob es sich hierbei um einen Fehler der Software oder der Hardware handelt, ist schwer zu sagen.

 
Fazit: Eine beachtliche Leistung

Unser Fazit: Das G1 ist nicht so selbsterklärend wie Apples iPhone, auch wenn es zwischen diesen beiden Handys viele Parallelen gibt. Googles „Android“-System darf als mittlerweile ausgereift gelten – ausgereift genug, um auf der ersten Handy-Hardware bereits äußerst flott zu laufen. Und das ist eine beachtliche Leistung.