Hashtag #MeTwo macht Alltagsrassismus sichtbar
WIEN/BERLIN.Unter dem Hashtag #MeTwo sind User seit einigen Tagen aufgerufen, ihre Erfahrungen mit Alltagsrassismus zu schildern. Zehntausende Menschen beteiligten sich bisher an der Kampagne.
Nach dem Rücktritt des deutschen Fußball-Nationalspieler Mesut Özil hat die Rassismusdebatte nicht nur die Politik, sondern auch die sozialen Medien erfasst. "MeTwo" (Ich Zwei) entstand in Anlehnung auf den Hashtag "MeToo", unter dem vor allem Frauen ihre Erlebnisse mit Sexismus und sexueller Gewalt auf Twitter teilten.
"Nicht nur eine Identität"
"Ich fühle mich in Deutschland zu Hause. Habe hier Freunde, gehe hier arbeiten. Und gleichzeitig kann ich mich auch zu einer anderen Kultur oder zu einem anderen Land verbunden fühlen", erklärte der Initiator der Aktion, Ali Can, in einem über Facebook veröffentlichten Video. "Ich habe nicht nur eine Identität. Nach Özil habe ich über Diskriminierung nachgedacht und tausende von Menschen in Deutschland haben die selben Erfahrungen gemacht", so der Deutsche mit türkischen Wurzeln. Einige Tage nach dem Aufruf zu #metwo, spricht Can in einem ZDF Interview über die rasche Verbreitung der Debatte.
Hashtag #metwo verbreitet sich wie ein Lauffeuer
Binnen weniger Tage teilten Zehntausende in Deutschland, aber auch in Österreich und weltweit ihre Erlebnisse. "Ihr erzählt eure persönlichen Geschichten, wozu Mut gehört!" "Der öffentliche Diskurs hat begonnen", freute sich Can. Niemand könne später sagen, man habe nichts davon gewusst.
Die Reaktionen auf Twitter sind vielfältig - Berichte von Alltagsrassismus, Aufrufe über die Bedeutung von Rassismus zu diskutieren aber auch kritische Meinungen zu der Debatte häufen sich:
was wir mit #metwo sagen wollen: wir wollen keine bindestrich-deutschen sein. wir gehören zu deutschland, egal ob wegen unser staatsangehörigkeit oder weil wir hier seit jahrzehnten leben und steuern zahlen. wir möchten dass aus "ihr" und "wir" ein gemeinschaft entsteht. ?
— Mevhibe (@mevhibemagmarx) 28. Juli 2018
Vor dem Basketballtraining, ein Mitspieler war schlecht gelaunt. "Geh' doch zurück ins KZ", sagte er. #metwo
— Kathrin Wesolowski (@wiesokate) 30. Juli 2018
Meine Mutter ist mit 3 kleinen Kindern vor dem Genozid in Bosnien geflüchtet. 2015 während der Flüchtlingskrise schimpfen ihre KollegInnen über die Geflüchteten und sagen aber zu ihr „Wir meinen dich eh nicht, du bist eh eine von uns“ #metwo
— melissa (@tausendeworte) 30. Juli 2018
Mit zu den dunklen Seiten, meiner sonst sehr glücklichen Kindheit in Österreich gehören die „Neger! Neger!“-Rufe auf den Spielplätzen. #metwo
— Eugenious (@dj_eugenious) 28. Juli 2018
Der Hashtag bewegt nicht nur junge Leute
Um einen vernünftigen Beitrag zu #MeTwo zu schreiben, reicht Twitter einfach nicht. Bin schon als Kind verprügelt worden von zwei Deutschen Erwachsenen, weil ich Jude bin. Nun bin ich Anfang Sechzig... Bräuchte ein 5Bd. Kompendium, um alles zu erzählen, was ich erlebt habe ?
— Richard C. Schneider (@rc_schneider) 28. Juli 2018
Özil hat "die Tür geöffnet"
Besonders seit dem Rücktritt des deutschen Fußball-Nationalspieler Mesut Özil hat die Debatte unerwartete Ausmaße angenommen. Der Initiator der Kampagne #metwo bedankt sich bei Özil, dass es die Diskussion damit möglich gemacht hat.
Vor zwei Tagen startete ich die Kampagne #MeTwo und jetzt sind es über 3500 Tweets. Menschen mit Migrationshintergrund haben nur darauf gewartet, dass es diese öffentliche Diskussion gibt! Danke #Özil, dass du uns die Tür geöffnet hast, um über Rassismus zu sprechen!
— Ali Can (@alicanglobal) 26. Juli 2018
Özil hatte seinen Rücktritt vor über einer Woche mit einem Gefühl von Rassismus und Respektlosigkeit begründet und auch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) dafür verantwortlich gemacht. "Ich bin Deutscher, wenn wir gewinnen. Wenn wir verlieren, bin ich Immigrant", kritisierte der 29-Jährige. Die Vorwürfe Özils lösten deutschlandweit eine Debatte über Rassismus aus. Der deutsche Außenminister Heiko Maas betonte, dass die #MeTwo-Debatte zeige, dass Rassismus in Deutschland ein Problem sei. "Es ist beeindruckend und schmerzhaft, wie viele Menschen sich hier äußern", twitterte Maas.
#MeTwo Aktion hat deutlich gezeigt: Zu viele Menschen haben nicht verstanden was #Rassismus bedeutet und reagieren deshalb mit Relativierung und Unverständnis auf die Berichte. Selbst nach so vielen Tweets will man Rassismuserfahrung nicht anerkennen. Wir haben noch viel vor uns
— Elhakam Sukhni (@ESukhni) 28. Juli 2018
Die Gegenbewegung ist groß
#metwo wird aber nicht ausschließlich von Menschen verwendet, die Alltagsrassismus verdeutlichen wollen. Auf Twitter sind genau so zahlreich Beiträge zu finden, die sich gegen die Rassismus Vorwürfe auflehnen, Alltagsrassismus verleugnen oder die Beiträge unter dem Hashtag scharf kritisieren.
Immerhin in einem Punkt hat die Integration schon mal geklappt. Jammern können die Migranten schon wie die Deutschen. #Metwo
— Frank (@Kittypunk7) 30. Juli 2018
Dank #MeTwo kann sich jetzt auch der letzte (Integrations)Versager einreden, er/sie sei nur wegen des ganzen #Rassismus nix geworden.
— Claire Grube ?? (@meischer) 30. Juli 2018
#metwo Du muss dich entscheiden Deutschland oder Türkei, Merkel oder Ergodan
— Klaus Jensen (@Klaus88Jensen) 31. Juli 2018
Alle sind herzlich willkommen aber man sollte sich anpassen, wenn man lieber Diktatur statt Demokratie möchte ist es jedem frei sich zu entscheiden. Das ist der freie Wille den uns Gott gegeben hat ?