HTC: Der tiefe Fall des Handy-Pioniers

Von Leander Bruckbög   23.September 2017

Viele können sich noch an das erste iPhone erinnern. Doch wissen Sie auch, welches das erste Android-Handy war? Es scheint eine Ewigkeit her, als Anfang 2009 das T-Mobile G1 in Österreich erschien. Mit schnellem mobilen Internet und magerer Akkulaufzeit sollte es einen Vorgeschmack auf die Entwicklung moderner Handys geben. Hersteller des Geräts war das erst zwölf Jahre zuvor gegründete Unternehmen HTC aus Taiwan. Schon Anfang der 2000er experimentierte die Firma mit Touchscreens am Handy und machte sich mit Windows-Geräten einen Namen. Als Google auf den jungen Smartphone-Markt drängte, sah man das Potential und konzentrierte sich voll auf das Betriebssystem des Suchmaschinen-Giganten. 2011 erreichte das Unternehmen einen Smartphone-Marktanteil von zehn Prozent und wurde als "Handyhersteller des Jahres" ausgezeichnet. Nur zwei Jahre später war der Marktanteil auf unter drei Prozent gesunken. Auch wenn sich die Zahlen wieder etwas erholt haben, die Aktie kam nicht aus dem Keller.

Gut, aber nicht hervorragend

Bei einem so drastischen Fall würde man vermuten, dass HTC eine Reihe an misslungenen Geräten vorgestellt hat. Dies ist jedoch nicht der Fall, HTC hat über die Jahre meist ausgezeichnete Geräte auf den Markt gebracht. Die Top-Modelle konnten stets mit jenen der Konkurrenz mithalten und überzeugten auch die Tester. Dennoch reichte das nicht, um sich merklich von anderen Anbietern abzuheben. Unterdessen schwang sich Samsung zum größten Handy-Hersteller auf, dessen Modelle fast jeder vor dem Kauf eines Smartphones in Betracht zieht. Und wer ein iPhone will, muss ohnehin seit jeher zu Apple.

Hinzu kommt, dass andere große Android-Hersteller wie Samsung erhebliche Teile ihres Handyumsatzes mit Billig- und Mittelklassegeräten lukrieren. HTC war hier nie wirklich erfolgreich. Ein Marketingbudget, das nicht mit jenem der Weltkonzerne mithalten konnte, trug das seine zum mangelnden Erfolg bei. War HTC in den Anfangsjahren fast synonym mit Googles Handy-Betriebssystem, denkt heute kaum noch jemand an die Marke, wenn er "Android" hört.

Google kauft halbes Team

Googles Ankündigung, einen Teil des Smartphone-Geschäfts von HTC zu übernehmen, kam daher wenig überraschend. HTC gibt die Hälfte seines Smartphone-Personals und zahlreiche Patente an Google ab, bleibt aber mit einer Finanzspritze von umgerechnet etwa 920 Millionen Euro Handy-Produzent. Weiters konzentriert man sich auf die Weiterentwicklung des VR-Headsets Vive, das im aufsteigenden Virtual-Reality-Markt ganz vorne mit dabei ist.

Fokus auf Top-Modellen

Es bleibt zu hoffen, dass sich das Unternehmen nun gesundgeschrumpft hat und im Handybereich zurück zu dem Pioniergeist findet, der es groß gemacht hat. Der Nachfolger des derzeitigen Flaggschiff-Modells U11 ist jedenfalls bereits in Arbeit. Man will sich nun voll auf die gut gehenden High-End-Modelle konzentrieren. Die größere Nähe zu Google könnte dabei durchaus gut tun. HTC hat bereits mehrere Geräte für Googles Nexus- und Pixel-Reihe produziert, auch das kommende Pixel 2 stammt aus dem Hause HTC.