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Das Internet mit Filter: Die Probleme des geplanten EU-Urheberrechts

Von Leander Bruckbög, 23. Juni 2018, 00:04 Uhr
Das Internet mit Filter: Die Probleme des geplanten EU-Urheberrechts
Jedes hochgeladene Selfie müsste in Zukunft durch einen Kontrollfilter. Bild: colourbox.de

Auf der einen Seite steht der Schutz der Urheber, auf der anderen breitgefächerte Zensur.

Das Internet und das Urheberrecht haben eine komplizierte Vergangenheit. Lange galt das Netz als rechtsfreier Raum, in dem jeder unter dem Deckmantel der Anonymität tun und lassen konnte, was er wollte. Zudem gab – und gibt es bis heute – im Internet fast alle Inhalte gratis, oft zum Leidwesen des Schöpfers. Denn egal ob eBook, Musik- oder Filmdatei, bezahlt wurde für diese Inhalte nichts. Zahlreiche Gesetzesänderungen und vor allem das Aufkommen von komfortablen Streaminglösungen wie Netflix und Spotify haben das Problem teilweise in den Griff gebracht.

Ein neues Vorhaben der EU soll nun das Urheberrecht in Europa generalüberholen. Am Mittwoch stellte der Rechtsausschuss mit einer recht knappen Mehrheit die Weichen für einen entsprechenden Gesetzesentwurf, der sich in Artikel 11 auch um den so genannten Leistungsschutz für Presseverlage annimmt. Denn noch heute kämpfen Verlage mit der Mentalität, dass Inhalte aus dem Internet nichts wert seien. Während immer noch viele Leser bereit sind, für die gedruckte Zeitung Geld zu bezahlen, sieht das im Netz oft anders aus. Hinzu kommt, dass viele Inhalte einfach von anderen Plattformen übernommen werden.

Vorreiter Deutschland

In Deutschland wurde deshalb bereits im August 2013 das Leistungsschutzrecht für Presseverlage eingeführt. Es verbietet die direkte und kostenfreie Übernahme von Überschriften oder Anreißer-Texten von Nachrichten-Portalen. Was in der Theorie eine gute Idee ist, führt in der Praxis dazu, dass Portale wie Google Artikel von Nachrichtenhäusern aus ihren Suchergebnissen filtern müssen. Doch wer nicht auf Google gefunden wird, bleibt auch im Rest des Internets unsichtbar. In Deutschland zogen etliche Verlage ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes die Reißleine und erteilten Google eine so genannte Gratiseinwilligung, ihre Inhalte weiterzuverwenden. Auch sind derzeit die Prozesskosten für Verstöße gegen das neue Gesetz noch deutlich höher als die gewonnenen Lizenzeinnahmen.

Negativbeispiel Spanien

In Spanien wurde der Leistungsschutz ebenfalls eingeführt, allerdings ohne Opt-out-Möglichkeit für Verlagshäuser. Google deaktivierte daraufhin seinen Dienst Google News, auf dem Links zu Nachrichten von verschiedensten Webseiten gesammelt aufbereitet werden. Eine Studie, die 2015 von spanischen Herausgebern in Auftrag gegeben wurde, stellte dem Gesetz kein gutes Zeugnis aus. Die so genannte Google-Steuer würde spanische Verlage kurzfristig gut 10 Millionen Euro kosten, ein Großteil davon müsse von kleineren Häusern getragen werden. Das Schließen von Google News bedeute im Schnitt sechs Prozent weniger Zugriffe für Zeitungs-Websites, bei kleineren Seiten seien es gar 14 Prozent.

Die Studie kam zu dem Schluss, dass der zusätzliche Traffic durch Seiten wie Google News deutlich mehr Umsatz bringe als durch Verlinkung von Artikeln verdiente Lizenzgebühren.

Unerwähnt blieb bisher, dass der geplante Leistungsschutz nicht nur große Plattformen wie Google betreffen könnte, sondern auch Privatpersonen. So müsste dann jeder, der etwa einen Artikel auf Facebook teilt, Lizenzgebühren bezahlen.

Der Tod der Memes

Noch problematischer sehen die zahlreichen Kritiker Artikel 13 des geplanten Urheberrechts. Damit sollen laut Gesetzestext Anbieter, die große Mengen an von Nutzern hochgeladenen Daten speichern und zugänglich machen, dazu gezwungen werden, diese noch vor der Veröffentlichung auf Copyright-Verletzungen zu überprüfen. Die deutsche Grünen-Abgeordnete Julia Reda bringt ein Beispiel: Die Bild-Plattform fotocommunity.de beherbergt das Portfolio von tausenden Fotografen. Wenn ein Urheberrechtsinhaber eines Bildes die Seite auffordert, dieses nicht zu veröffentlichen, muss die Seite in Zukunft bei allen hochgeladenen Bildern überprüfen, ob es sich um das betreffende Foto handelt.

Allerdings ist das nicht überall so eindeutig wie bei Fotoplattformen. Die im Netz so beliebten Memes, genauer Image Macros, also Bilder, die von Nutzern mit einem mehr oder weniger lustigen Text versehen und dann im Netz geteilt werden, stünden dann ganz oben auf der Abschussliste. Denn die verwendeten Bilder sind meist bekannte Fotos oder Screenshots aus Film und Fernsehen. Diese könnten dann nicht mehr auf Facebook, Twitter und anderen sozialen Netzwerken hochgeladen werden.

YouTube macht’s vor

Wie das in Zukunft funktionieren wird, kann man bereits jetzt am Beispiel von YouTube sehen. Google hat bereits seit Jahren ein automatisiertes System namens Content ID im Einsatz. Lädt ein Nutzer ein Video hoch, wird es über kurz oder lang auf urheberrechtlich geschützte Inhalte überprüft. So soll verhindert werden, dass Musik oder Filmmaterial eines Künstlers ohne dessen Einverständnis auf YouTube veröffentlicht wird. Das System ist bekannt dafür, besonders aggressiv zu sein. Bekanntes Beispiel ist ein Video, das geblockt wurde, weil Vogelgezwitscher hörbar war. Das System sah eine Übereinstimmung zu einem Lied, in dem Vogelgezwitscher gesampelt worden war, und sperrte das Video.

Neben unabsichtlichen Sperren gibt es zudem Nutzer und Unternehmen, die gezielt beliebte Videos sperren lassen und behaupten, der Urheber zu sein. Erst wenn der eigentliche Urheber bereit ist, zu zahlen, wird das Video wieder freigegeben.

Zu diesen Bedenken gesellt sich die Sorge, der Zensur Tür und Tor zu öffnen. In Ecuador wird das Youtube-System bereits seit Jahren verwendet, um regierungskritische Videos blockieren zu lassen. Eine Filterung aller ins Internet hochgeladenen Inhalte kann angesichts dessen durchaus besorgniserregend sein. Mehr als 70 Internet-Pioniere, darunter Tim Berners-Lee und Wikipedia-Gründer Jimmy Wales, hatten in einem offenen Brief davor gewarnt. Auch der europäische Datenschutzverband BEUC sieht potentiell gravierende Folgen: "Das Internet, wie wir es kennen, wird sich ändern, wenn Plattformen systematisch Inhalte filtern müssen, die Nutzer hochladen", sagte Generaldirektorin Monique Goyens. Dadurch werde das Netz von einem Ort des Teilens zu einem Ort der Kontrolle.

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1  Kommentar
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tradiwaberl (15.592 Kommentare)
am 26.06.2018 10:15

Auf deutsch: ein Schuss ins Knie für die Verleger.
Sie würden gerne voll abcashen damit Google ihre Links verwenden darf, aber niemand kann Google zwingen, das zu tun. Also tut Google nichts. Und der Umsatz bricht ein. War natürlich üüüüüüüüberhaupt nicht abzusehen.

Fazit:
Google darf es gratis machen, alle anderen nicht. Die kleineren Suchmaschinen und Linkverzeichnisse werden dadurch geschwächt, das Google-Monopol weiter ausgebaut.
Soll das echt der Sinn von dem ganzen sein ??

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