Roller Derby: Ruppige Frauen auf Rollschuhen

Von rop   11.Februar 2009

Schnelle Bässe dröhnen aus den Lautsprechern. Die Zuschauer feiern auf den Rängen, während auf dem Spielfeld Frauen mit kurzen Röcken und Netzstrumpfhosen auf Rollschuhen um die Wette rasen. Wer jetzt auf einen schlechten Film mit knapp bekleideten Frauen tippt, liegt falsch. Denn in Wirklichkeit handelt es sich um einen Wettkampf in der neuen Frauen-Trendsportart Roller Derby.

"Das Tolle daran ist, dass man sich auch als Frau mal so richtig austoben kann und dabei trotzdem weiblich aussieht", sagt die Spielerin Lili Wolf aus Hamburg. Auch Hollywoodstar Drew Barrymore hat das Extremskaten entdeckt und will bald einen Film dazu in die Kinos bringen - mit Ellen Page aus dem Erfolgsfilm "Juno" in der Hauptrolle.

Die Idee hinter dem Roller Derby ist relativ einfach: Zwei Teams aus jeweils 10 bis 14 Mädchen treten gegeneinander an und versuchen, in zwei Halbzeiten von je 30 Minuten möglichst schnell und möglichst häufig ums Spielfeld zu fahren. Ganz so simpel ist es dann aber doch nicht. "Roller Derby ist ein taktisches Spiel", erklärt Marta, Sprecherin der 2006 gegründeten Stuttgart Valley Rollergirlz. "Zuerst fahren die Blockerinnen los, die - wie ihr Name andeutet - die Bahn für die nachkommenden Spielerinnen der Gegenmannschaft blockieren." Die so genannten Jammerinnen haben dann die Aufgabe, durch diesen Block hindurchzukommen und Punkte für ihr Team zu sammeln.

Dabei geht es ziemlich hart, ruppig und wenig ladylike her: "Greifen, reißen und foulen ist nicht erlaubt", sagt Marta, die sich auf dem Spielfeld Polly Purgatory nennt. "Aber Verletzungen durch Rempeln, Blocken und Stürze sind dennoch programmiert." Blaue Flecken sind daher keine Seltenheit. Auch geprellte Gelenke oder gebrochene Knochen kommen vor - trotz der Pflicht, Helme, Zahnschutz und Schützer an den Handgelenken, Knien und Ellbogen zu tragen. Diese Aggressivität macht für die meisten Spielerinnen den Reiz des Roller Derbys aus. Sie müssen allerdings mindestens 18 Jahre alt sein. "Das Verletzungsrisiko ist einfach eine zu große Gefahr für junge Mädchen", erklärt Lily Wolf, die in Stuttgart zu dem Sport fand und nun in Hamburg das Team Harbor Girls gründet.

An sich ist die Sportart schon ziemlich alt, schließlich gab es Roller Derby bereits Anfang des vergangenen Jahrhunderts in den USA. Dort erreichte der Sport laut der New Yorker Organisation Gotham Girls Roller Derby in den 50er Jahren seinen Höhepunkt. Damals lieferten sich allerdings noch Männer und Frauen Rollschuhrennen. Dann jedoch wurde der Sport unpopulär, bis er vor einiger Zeit in den USA wiederentdeckt wurde.  Seit etwa 2001 haben sich auf der anderen Seite des Atlantiks mehr als 100 Teams gegründet - Roller Derby ist in den USA damit eine der derzeit am schnellsten wachsenden Sportarten. Außerdem gibt es Teams in Australien, England, Irland und Kanada. In Deutschland dagegen spricht sich der Reiz des Roller Derbys gerade erst herum. Bis jetzt gibt es neben Stuttgart nur in Ludwigsburg eine offizielle Mannschaft, gleich mehrere befinden sich jedoch in der Gründungsphase, etwa in Bremen und Berlin.

"Man braucht eine Menge Ausdauer und Kondition", sagt die 29-jährige Studentin Polly Purgatory, deren Spielname ihrem Temperament nach "Fegefeuer" heißt. Auch Tempo und Reaktionsvermögen sind wichtig, schließlich müssen die Gegnerinnen trotz des unüberschaubaren Spielfeldes im richtigen Moment umgangen und überholt werden. "Voraussetzung ist natürlich auch, dass die Spielerinnen nicht zimperlich oder empfindlich sind." Vor allem aber müssen interessierte Frauen Spaß und Herzblut für diesen Extremsport mitbringen. "Das ist so anstrengend, dass man es nur machen kann, wenn man wirklich voll dahinter steht", findet Polly Purgatory.

Doch wer sich erst einmal fürs Roller Derby entschieden hat, wird wohl kaum enttäuscht: Als wilde Skater-Girls kämpfen die Frauen zu Punkrockmusik und hoffen beim nächsten Spiel auf jubelnde Zuschauer und den Sieg inklusive der Trophäe, einem goldenen Rollschuh.