Menschen mit Behinderung vom Arbeitsmarkt verdrängt

Von nachrichten.at/apa   11.Mai 2011

Eine Sudie des Institutes für Bildungswissenschaft der Universität Wien ergab, dass 2008 rund 19.000 Personen einen Platz in einer speziellen Einrichtung für Menschen mit Behinderung in Anspruch nahmen. Das ist ein Anstieg von 29,9 Prozent.

In Österreich muss jedoch laut UN-Konvention, ein Recht für behinderte Menschen bestehen, dass einen Zugang zu einem offenen und integrativen Arbeitsmarkt ermöglicht wird.

"Die Zunahme an Werkstättenplätzen muss neben Strukturveränderungen am Arbeitsmarkt und der verschärften Wettbewerbssituation, auch im Zusammenhang mit der erfolgten Einführung der Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung, die sogenannte Behindertenmilliarde, gesehen werden", sagt Studienautor Oliver Koenig.

„Werkstätten für behinderte Menschen sind heute mehr als früher zu einem Auffangbecken für eine immer heterogenere Zielgruppe bei gleichzeitigem immensem Kostenanstieg geworden."

Der finanzielle Aufwand für die Werkstätten belief sich 2008 auf rund 278 Millionen Euro. Im Vergleich dazu wurden österreichweit für Maßnahmen der beruflichen Integration in Summe 172 Millionen Euro ausgegeben.

Die Studie zeigt aber auch, dass nicht nur Schwerstbehinderte in Werkstätten landen: Nach Angaben der Werkstättenstandorte waren mit 64 Prozent Personen mit „Geistiger Behinderung“ am häufigsten in Werkstätten vertreten, an zweiter Stelle kommen bereits mit 16 Prozent Menschen mit einer Lernbehinderung.

Massive Probleme beim Berufseinstieg

Personen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf massive Probleme im Berufsleben Fuß zu fassen. Aber nicht nur am Arbeitsmarkt, sondern auch schon in den Unterstützungsmaßnahmen zur beruflichen Integration herrscht ein massiver Verdrängungswettbewerb.

Die Chancen für Behinderte, nach der Schule in eine reguläre Berufsausbildung und dann in eine Beschäftigung am allgemeinen Arbeitsmarkt wechseln zu können, sind laut Aussagen der Wissenschafter sehr gering.

Die Schulart (Sonderschule) als auch die Lehrplanzuordung haben einen wesentlichen Einfluss darauf, ob die jungen Menschen eine Unterstützungsmaßnahme erhalten und später die Chance auf eine Beschäftigung am allgemeinen Arbeitsmarkt haben.

Bedarf an professionelle Unterstützung

Das „Clearing“, welches zumeist unmittelbar nach der Schule besucht wird und die beruflichen Perspektiven abklären soll, ist laut Studie die einzige Unterstützungsmaßnahme.

"Gerade für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung läuft die Weichenstellung sehr schnell in Richtung Ersatzarbeitsmarkt, jene, die den höchsten Unterstützungsbedarf hätten und die längste Zeit bräuchten, um sich auf ein Arbeitsfeld einzulassen, haben die kürzesten Unterstützungszeiten. Das ist genau dem entgegengesetzt, wie professionelle Unterstützung laufen sollte", sagt Gottfried Biewer, Leiter des Arbeitsbereichs Heilpädagogik und Inklusive Pädagogik.

Der Werkstätten seien ohnehin nicht gerade billig. Laut Biewer gibt es viele Kosten-nutzen-Analysen, die alle eine positive Bilanz der beruflichen Integration zeigen.

Das Programm „Spagat“ des Vorarlberger Instituts für Sozialdienste gilt als vorbildlich, wenn es um die Arbeitsmarkt-Integration von Menschen geht. Ein betreuter, integrativer Arbeitsplatz bietet viele Vorteile, sowohl für den betroffenen Behinderten als auch für die Volkswirtschaft.

Am Beginn steht bei „Spagat“ der Unterstützerkreis, zu dem Lehrer, Familie und Betreuer gehören. Gemeinsam mit dem Behinderten wird überlegt, welches Tätigkeitsfeld infrage kommt. Anschließend werden Kontakte zu Unternehmen geknüpft und ein begleitetes „Schnuppern“ organisiert.