Irlands Ministerpräsident vor Bildung einer Minderheitsregierung
DUBLIN. Nach rund zehn Wochen politischen Stillstands steht Irland vor der Bildung einer neuen Regierung. Der amtierende Ministerpräsident Enda Kenny will sich am Freitag vom Parlament zum Chef einer Minderheitsregierung wählen lassen, wie seine konservative Partei Fine Gael am Donnerstag ankündigte.
Kennys vierter Versuch seit der Wahl vom 26. Februar dürfte zugleich der aussichtsreichste sein. Denn in der vergangenen Woche hatte die zweitstärkste Partei, die liberale Fianna Fail zugesagt, eine solche Minderheitsregierung zu tolerieren und sich sowohl bei der Abstimmung darüber wie auch bei allen anderen wichtigen Entscheidungen bis Ende 2018 zu enthalten. Damit fehlen Kenny nur noch die Stimmen von sechs unabhängigen Abgeordneten für eine Wiederwahl.
Irland war in der Finanz- und Schuldenkrise an die Grenze der Staatspleite geraten und wurde 2010 mit internationalen Krediten gerettet. Den Euro-Rettungsschirm verließ das Land 2014 wieder und gilt inzwischen als Musterschüler unter den ehemaligen Euro-Krisenstaaten. Mit einem Plus von 7,5 Prozent gab es 2015 zum zweiten Mal in Folge das stärkste Wachstum in der EU.
Allerdings kommt der Aufschwung noch nicht bei allen Iren an. Dies dürfte einer der Gründe dafür sein, dass die Wähler die Koalition von Fine Gael und Labour bei der Parlamentswahl jüngst abgestraft haben. Fine Gael erlitt erhebliche Verluste und ist nun mit rund 25 Prozent nur noch wenig stärker als der liberale Rivale Fianna Fail.