Hunderte Verletzte bei Demonstrationen in Kiew

Von nachrichten.at/apa   01.Dezember 2013

Rund hundert Beamte hätten bei Zusammenstößen mit den Demonstranten in Kiew Verletzungen davongetragen, sagte eine Polizeisprecherin.

Zuvor hatten sich in der ukrainischen Hauptstadt rund hunderttausend pro-europäische Demonstranten versammelt und den Rücktritt von Staatschef Viktor Janukowitsch gefordert. Bei einem Einsatz der Polizei gegen die regierungskritischen Demonstranten waren nach Angaben der Opposition und Medienberichten Dutzende Demonstranten verletzt worden.

Oppositionspolitiker verurteilten die Randale Hunderter zum Teil vermummter junger Menschen. "Der Sturm des Präsidentensitzes ist eine Provokation der Regierung, um die friedliche Aktion auf dem Unabhängigkeitsplatz zu diskreditieren", sagte Boxweltmeister Vitali Klitschko. Am Nachmittag besetzten die Demonstranten nach Polizeiangaben außerdem das Rathaus von Kiew.

Bei den Auseinandersetzungen im Zentrum Kiews bewarfen Hunderte vermummte junge Leute die Sicherheitskräfte mit Steinen und griffen Beamte mit einer Planierraupe an. "Gruppen von Provokateuren warfen Flaschen mit brennbarer Flüssigkeit, Steine und Feuerwerkskörper", teilte die Polizei am Sonntag weiter mit.

Die Polizisten setzten wiederholt Blendgranaten sowie Tränengas gegen die Protestierenden ein. Mehrere Demonstranten wurden dabei verletzt. Bereits in der Nacht zum Samstag waren bei einem Polizeieinsatz dutzende Teilnehmer einer Kundgebung verletzt worden.

Pro-europäische Ukrainer demonstrieren seit Tagen gegen den außenpolitischen Kurs von Janukowitsch. Der Staatschef sagte die geplante Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EU Ende der Woche kurzfristig ab, nachdem Russland mit Handelsstrafen gedroht hatte.

Die Demonstranten hatten den Rücktritt von Staatschef Janukowitsch gefordert, weil dieser ein Assoziierungsabkommen mit der EU hatte scheitern lassen. Sie riefen Parolen wie "Revolution". Die Aktivistin Ruslana Lyschischko verlas bei der Kundgebung eine Resolution: "Wir fordern Rücktritt von Janukowitsch", hieß es darin. "Wir erklären, dass wir weiter für eine europäische Ukraine kämpfen." Neben ihr standen die Oppositionsführer Arseni Jazenjuk und Vitali Klitschko.

Rathaus und Haus der Gewerkschaften besetzt

Die Polizei führt derzeit Gespräche mit den Demonstranten in Kiew, um eine friedliche Räumung des Rathauses und des ebenfalls besetzten Hauses der Gewerkschaften zu erreichen. Beide befinden sich in unmittelbarer Nähe des Unabhängigkeitsplatzes, auf dem seit Sonntagmorgen über Hunderttausend Menschen für einen pro-europäischen Kurs der Regierung eintreten.

Sollte es zu keiner Einigung kommen, "wird die Polizei der Gesetzeslage entsprechend vorgehen", hieß es in einer Erklärung des Innenministeriums, die bei der Nachrichtenagentur UNIAN einging.

Die Einnahme des Rathauses geschah mit Unterstützung der nationalistischen Partei "Swoboda". "Das Rathaus wurde widerrechtlich von Banditen in Besitz genommen", erklärte der Swoboda-Vorsitzende Oleh Tjahnybok gegenüber Journalisten. Er spielte damit darauf an, dass die ukrainische Regierung seit zwei Jahren die Wahl eines neuen Bürgermeisters blockiert, damit dieser Posten nicht an einen Oppositionellen falle.

Seit Oktober 2010 verwaltet Olexandr Popow von Janukowitschs regierender "Partei der Regionen" kommissarisch die Geschäfte der Stadt. Damals hatte der Staatspräsident den 2008 wiedergewählten Bürgermeister Leonid Tschernowetzkyj seines Amtes enthoben.

Unterdessen wurde bekannt, dass die ukrainische Polizei am Sonntagabend etwa 300 Autos mit Regierungsgegnern auf dem Weg zur Residenz von Präsident Janukowitsch bei Kiew aufgehalten hat. Mehrere Busse mit Mitgliedern der Spezialeinheit "Berkut" (Steinadler) hätten die Straße zum Dorf Nowyje Petrowzy rund 20 Kilometer nördlich der Hauptstadt blockiert, meldete die Agentur Interfax. Die Demonstranten, die zuvor in Kiew gegen Janukowitsch demonstriert hatten, wollten laut hupend an der Residenz vorbeifahren.