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EU-Gipfel diskutiert über mehr Geld für die Türkei

Von nachrichten.at/apa   07.März 2016

Man werde die Beratungen in den kommenden Tagen fortsetzen, hieß es. An der Zusammenkunft hatte auch der türkische Premier Ahmet Davutoglu teilgenommen.

Weitere Milliardenhilfe, visafreies Reisen bereits ab Juni und ein Austausch von syrischen Flüchtlingen im 1:1-Verhältnis: Das sind die Eckpunkte des Flüchtlingsdeals mit der Türkei, über die am Montagabend bei einem EU-Sondergipfel in Brüssel beraten wurde.

Das EU-Angebot sieht Diplomaten zufolge vor, dass Ankara bis Ende 2018 drei Milliarden Euro zusätzlich für die Flüchtlingshilfe bekommt. Im November waren bereits drei Milliarden Euro von den EU-Staaten in Aussicht gestellt worden. Das zusätzliche Geld soll wieder zweckgewidmet für die Flüchtlinge sein und nicht direkt an die Türkei überwiesen werden. Außerdem soll die Visapflicht für Türken bereits am 1. Juni fallen.

Kernpunkt des Deals ist, dass die Türkei in der Ägäis aufgegriffene illegale Migranten zurücknimmt. Im Gegenzug verpflichtet sich die EU, syrische Kriegsflüchtlinge von der Türkei zu übernehmen. Zu diesem Zweck ist ein Mechanismus geplant, wonach für jeden von Griechenland in die Türkei zurückgeschickten Syrer ein syrischer Kriegsflüchtling über das Resettlement-Programm von der EU aufgenommen werde.

"Intensive Diskussionen"

Unklar war am frühen Abend, ob der Gipfelentwurf Aussichten auf einen Konsens hat. Es werde "intensiv diskutiert", hieß es in Diplomatenkreisen. Es sei möglich, dass die Entscheidung auf den nächsten Gipfel am 17. und 18. März vertagt werde, hieß es. Die EU-Staats- und Regierungschefs sollten gegen 19.00 Uhr erneut mit dem türkischen Premier Ahmet Davutoglu zusammenkommen, der sich am Abend positiv zum neuen EU-Entwurf äußerte. Dieser "zielt auf eine neue Ära in den EU-Türkei-Beziehungen ab", sagte er. Mit dem Deal sollen Flüchtlingstragödien verhindert und Schlepper bekämpft werden.

Dem türkischen Premier wurde vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan die Latte hoch gelegt. "Ich hoffe, er kommt mit Geld zurück", sagte Erdogan mit Blick auf den Brüssel-Aufenthalt Davutoglus. Der Präsident kritisierte am Montag in Ankara, dass die EU schon vor vier Monaten Geld versprochen, es aber "immer noch nicht gegeben" habe.

Schelling gegen mehr Geld für Türkei

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) sprach sich unterdessen gegen weiteres Geld für Ankara aus. "Ich bin nicht bereit, über die drei Milliarden hinaus noch mehr Geld zur Verfügung zu stellen", sagte Schelling noch vor Bekanntwerden des neuen EU-Gipfelentwurfs. Er wolle nicht weitere Mittel zur Verfügung stellen, "solange nicht klar ist, dass Länder mit Sonderbelastungen wie Deutschland, Schweden oder Österreich ebenfalls abgegolten werden", sagte Schelling.

Merkel: Kein Schließen

Zu Beginn des Gipfeltages sorgte die deutsche Kanzlerin Merkel für Aufsehen, indem sie öffentlich Widerstand gegen die im Gipfelentwurf enthaltene Schließung der Balkanroute anmeldete. "Es kann nicht sein, dass irgendetwas geschlossen wird", sagte sie in Brüssel. Sie forderte stattdessen eine "nachhaltige Lösung" mit der Türkei. Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprach sich Diplomaten zufolge für eine Änderung der Formulierung aus, die als Erfolg Österreichs und der mitteleuropäischen Staaten angesehen wurde. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sagte bei seinem Eintreffen in Brüssel, er sei "sehr dafür, mit klarer Sprache allen zu sagen: Wir werden alle Routen schließen, die Balkanroute auch. Schlepper sollen keine Chance haben." Auch der slowenische Ministerpräsident Miro Cerar bezeichnete eine Schließung der Balkanroute zum Auftakt des EU-Gipfels als "absolut notwendig".

An der geschlossenen griechisch-mazedonischen Grenze appellierten unterdessen rund 200 verzweifelte Flüchtlinge an die deutsche Kanzlerin, ihnen zu helfen. Die Menschen riefen "Mama Merkel!" und hielten eine deutsche Fahne hoch, wie ein Fotoreporter der Nachrichtenagentur dpa am Montagnachmittag vor Ort beobachtete. Merkel hatte die von Österreich betriebene Schließung der mazedonischen Grenze scharf kritisiert. Österreichische Politiker zeigten sich unbeeindruckt und warfen Berlin ihrerseits Doppelzüngigkeit vor, weil es selbst Flüchtlingskontingente beschlossen habe. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sagte am Montagabend in einem ATV-Interview, die EU müsse "notfalls auch das Zeichen setzen, dass ein Grenze wirklich eine Grenze ist". "Gewaltszenen sind nicht angestrebt, aber da und dort unvermeidbar".

Veto aus Ungarn

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat sein Veto gegen den geplanten Flüchtlingsdeal zwischen der Europäischen Union und der Türkei eingelegt. "Er hat ein Veto eingelegt gegen den Plan, wonach Migranten und Asylbewerber direkt aus der Türkei nach Europa umgesiedelt würden", sagte der ungarische Regierungssprecher Zoltan Kovacs der Nachrichtenagentur Reuters.

Die Ablehnung Ungarns ist keine Überraschung, lehnt es doch seit Monaten strikt jede Aufnahme von Flüchtlingen im Rahmen europäischer Verteilungsmechanismen ab. Orban will seine diesbezügliche Politik auch mit einem Referendum einzementieren.

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