Drei Patres nach Missbrauchsvorwürfen freigestellt

Von apa/nachrichten.at   11.März 2010

Schon gestern seien die drei Patres vom Stift Kremsmünster (Bezirk Kirchdorf in Oberösterreich) ihrer Ämter enthoben worden.

Ein Patre gab Missbrauch zu

Einer der mittlerweile 75-jährigen Mitbrüder habe den ihm vorgeworfenen Übergriff bestätigt, gab Abt Ambros Ebhart heute in einer einilg einberufenen Pressekonferenz bekannt. Insgesamt fünf Personen, die in den 1980er Jahren Opfer von Missbrauch geworden sein sollen, hätten sich gemeldet. Ebhart betonte, dass man Interesse an einer umfassenden Aufarbeitung habe.

Kopf des Schülers fest in Schoß gedrückt

„Es ist so passiert“, zitierte Abt Ebhart aus dem Gespräch mit einem der Patres. Dieser soll den Kopf eines Schülers, der sich neben ihm hingekniet habe, gerieben und und fest in seinen Schoß gedrückt haben. Der Geistliche habe den Vorwurf in einer ersten Reaktion als „Unsinn und ein Zusammenreimen nach 30 Jahren“ bezeichnet, die Aussage später aber bedauert, sagte Ebhart. Der Mitbruder sei „sehr betroffen“, dass seine Handlungen als Missbrauch erlebt worden seien.

„Ich bedauere, dass Menschen solche Leiderfahrungen in unseren Einrichtungen gemacht haben“, erklärte Ebhart, der Kremsmünster seit drei Jahren als Abt vorsteht. Das Stift habe ein Interesse daran, dass alle Fälle aufgearbeitet werden, und sei froh um jede Hilfe von staatlichen und diözesanen Stellen. Man werde die Vorwürfe in die diözesane Kommission gegen Missbrauch und Gewalt einbringen und deren Empfehlungen umsetzen.

Klarheit und Barmherzigkeit eingefordert

„Es braucht die Klarheit, aber genauso die Barmherzigkeit“, betonte Ebhart. Einer der drei Kremsmünsterer Mitbrüder sei geistlicher Begleiter von Schülern gewesen, ein anderer habe Pfarrtätigkeiten verrichtet, der dritte Aufgaben im Stift versehen.

An die Kommission seien - Kremsmünster eingerechnet - aktuell in Summe neun Missbrauchsvorwürfe herangetragen worden, berichtete ihr Vorsitzender Josef Gruber. Er erklärte, dass die Einrichtung, die neben sexuellem Missbrauch auch Gewaltdelikte und Missbrauch von Autoritätsverhältnissen untersuche, weisungsfrei und unabhängig sei. Im Fall von strafrechtlichen Gegebenheiten würden entsprechende Schritte in die Wege geleitet, betonte Gruber.

Opfer melden sich, Kirchenaustritte befürchtet

Die aktuelle Welle von Missbrauchsvorwürfen führt auch dazu, dass sich immer mehr Betroffene in die Öffentlichkeit wagen. Allein in Wien haben sich in der Vorwoche zwölf Personen bei der Ombudsstelle der Erzdiözese Wien für Opfer sexuellen Missbrauchs in der Kirche gemeldet, berichtete deren Leiter Johannes Wancata heute. Es sei auch zu erwarten, dass die derzeitige Diskussion für einen Anstieg der Kirchenaustritte sorge.

Elf Fälle wurden bei der Ombudsstelle Steiermark in den vergangenen zwei Wochen bekannt. Zischen 1996 und 2009 waren sechs Fälle gemeldet worden.

Drei Verdachtsfälle am Mittwoch und vorläufig zwölf heute wurden bei Diözese Innsbruck gemeldet. 33 Verdachtsfälle gibt es seit 1995.

Seit dem Auffliegen des Falls von St. Peter Salzburg gebe es viel mehr Anfragen als bisher, „und zwar mehr als im Zeitraum von 2002 bis 2009. In diesem Zeitraum hat es bei mir zehn Anfragen gegeben, mittlerweile gibt es innerhalb von zwei Tagen mehr als in diesen acht Jahren zuvor“, sagte der Ombudsmann Prälat Johann Reißmeier. Wegen des Ansturms soll die Ombudsstelle erweitert werden.

Politische Debatte entbrannt

Die politische Debatte zu dem Thema ist voll entbrannt. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim forderte heute unter anderem eine Verlängerung der Verjährungsfristen, Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) kann sich sogar einen Wegfall vorstellen. Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) erklärte, sie sei bereit, eine Anzeigenpflicht bei Sexualdelikten zu diskutieren.

Die Grünen wollen grundsätzlich über Verjährungsfristen diskutieren, wichtig sei aber ein Expertendiskurs und keine Schnellschüsse, sagt Justizsprecher Albert Steinhauser. BZÖ-Chef Josef Bucher fordert sofort einen Runden Tisch. Eine Verlängerung Verjährungsfristen forderte bereits gestern FPÖ-Chef H.C. Strache.