Conchita Wurst: "The Queen of Austria" singt um den Sieg

Von OÖN/APA   10.Mai 2014

Mit dem opulenten, an James-Bond-Soundtracks erinnernden Lied "Rise Like A Phoenix" hat sie es am Donnerstag gegen alle Anfeindungen geschafft: Österreichs Travestie-Star Conchita Wurst steht im heutigen Finale des "Eurovision Song Contest" (ORFeins, 21 Uhr). Auch die Konkurrenz bemühte sich, mit wenig Kleidung (Polen), mit Chor oder Pfeifen aufgepeppten Stimmchen (Schweiz) oder bizarrer Choreographie (Griechenland) aufzufallen, aber nur nach Conchita Wursts Auftritt brodelte es in der "B&W Hallerne" in Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen. Unter dem gellenden Lärm von "Conchita! Conchita!"-Rufen verkündeten die drei Moderatoren der Halbfinal-Show mit "The Queen of Austria" schließlich die Österreicherin als letzte Finalistin. Wurst: "Ich habe mir in dem Moment nur gedacht: Da sitzt doch hinter mir noch die Israeli – und die hat so eine Megastimme. Ich gönne es ihr von Herzen – aber bitte, bitte."

872.000 vor dem Fernseher

Diese Dramaturgie steigerten bloß die Sympathiebekundungen für Wurst, die 1988 als Thomas Neuwirth in Gmunden zur Welt kam und in Bad Mitterndorf in der Steiermark aufwuchs. Bis zu 872.000 Zuschauer verfolgten das Halbfinal-Voting auf ORFeins. Es ist der erste Einzug eines österreichischen Beitrags in das Song-Contest-Finale seit Nadine Beiler 2011.

Im Finale singen sich nun 26 Teilnehmer den Sieg untereinander aus – die jeweils zehn qualifizierten Halbfinalisten der Vorausscheidungen von Dienstag und Donnerstag, plus die Beiträge von Titelverteidiger Dänemark und den fünf größten Beitragszahlern der EBU (European Broadcasting Union): Frankreich, Deutschland, Italien, England und Spanien.

Wurst heißt Neuwirth nicht wegen einer Vorliebe für Fleisch in Schweinedärmen, sondern weil "Aussehen, Geschlecht und Herkunft völlig wurst" seien, "wenn es um Würde und Freiheit des Einzelnen geht", sagt sie. Und der Name Conchita? Stammt angeblich aus dem kolumbianischen Hochland – wo Conchita laut erfundener Biografie herkommt. Dort ist er auch die Niedlichkeitsform für Vagina.

Sie habe sich einst zu dieser Kunstfigur entschlossen, weil Tom Neuwirth in seiner Jugend ständig mit Anfeindungen zu kämpfen hatte. Die Zeiten haben sich ein wenig geändert: Bei Conchita Wursts Pressekonferenz nach dem Halbfinale standen alle Journalisten und Medienvertreter auf und klatschten minutenlang.

Die internationalen Wettbüros trauen Wurst jetzt sogar noch mehr zu: In allen Prognosen liegt die Dame mit Vollbart unter den besten drei – quasi gleichauf mit den favorisierten Schweden und den Niederländern. Wenige Stunden vor dem Beginn des großen Finales sehen die Wettbüros die Vollbartträgerin auf Platz 2. Bei den Fans in Kopenhagen liegt Wurst jedenfalls ohne Zweifel an der Spitze der Popularität - was übrigens auch für die Journalisten gilt. Beim traditionellen Medienvoting im Pressezentrum des ESC liegt Wurst seit einigen Tagen stabil auf Platz 1.

Mit "Undo" bemüht sich die Schwedin Sanna Nielsen um die skandinavische Nachfolge von Celine Dion – wie Wurst kommt sie während ihres Vortrags quasi ohne Bewegung aus. Das niederländische Folkduo "The Common Linnets" erinnert mit seinem berührenden Duett "Calm After The Storm" an die Country-Anleihen von "Lady Antebellum".

Wurst: "Die schönen Reaktionen bedeuten alle noch nichts. Der Sieg ist erst dann greifbar, wenn ich die Trophäe in der Hand habe." (pg)

 

Der Song-Contest-Finalabend, am Samstag, 10. Mai, in ORFeins: 20.15 Uhr: "Conchita – einfach persönlich", die Reportage blickt zurück auf Tom Neuwirths Kindheit. 21 Uhr: "Eurovision Song Contest 2014", durch das Programm führt Andi Knoll.

Bezaubernde Kleider und ein Fehlgriff

Der Linzer Designer Gottfried Birklbauer bewertet die Outfits der Künstler:

Sanna Nielsen (Schweden): Spitze ist modern. Das teilweise transparente Kleid mit 3000 Swarovski-Steinen passt zu ihr. Überhaupt ist das Outfit beim Song Contest sehr wichtig. Drei Minuten entscheiden.

Ruth Lorenzo (Spanien): Etwas provokant, aber auch schön und mit viel Sex-Appeal ist diese Kleid. Das angedeutete Katzengesicht ist genau dort, wo ohnehin die meisten hinschauen.

Gruppe um Sänger Sergej Cetkovic (Montenegro): Ein ästhetischer Auftritt. Nachtblaue Meerjungfrauenkleider und dazu der Sänger im schwarzen Anzug mit dunkelblauem Hemd. Sehr stimmig.

Tinkara Kovac (Slowenien): Lieber schlicht als ein solcher Fehlgriff. Diese Ballrobe aus den 1980er Jahren müsste längst eingemottet werden.

Cleo (Polen): Das traditionelle polnische Outfit fasziniert mich. Besonders schön: bunt bedruckter Rock und der Haarschmuck mit Blumen. Das ist authentisch und keinesfalls verkitscht.

Valentina Monetta (San Marino): Sie versucht mit Hippie-Look und Rüschen mädchenhaft zu sein. Das Kleid passt aber nicht zu ihr. Auch das Weiß steht der Rot-Blonden nicht. Ich sehe sie eher als Vamp.

Emma (Italien): Das Kleid ist wirklich sehr, sehr kurz. Die großen Steine funkeln aber bestimmt schön auf der Bühne und machen das eher schlichte Kleid zum aufregenden Outfit.“

Pollapönk (Island): Das erinnert mich an einen Comic oder Bubble Gum. Hier will jemand bewusst Aufsehen erregen und provozieren. Ich finde, man kann eine Botschaft auch besser rüberbringen. Das Outfit entspricht auch gar nicht dem Zeitgeist.“

Dilara Kazimova (Aserbeidschan): Ein wunderschönes Abendkleid für einen anmutigen Auftritt. Die rote Spitze finde ich wirklich sehr schön.“

Conchita Wurst (Österreich): Diese damenhafte Abendrobe passt nicht zu einem jungen Mann. Das Kleid ist mir zu ladylike. Ich würde ihn lieber in einem flippigen, jungen Kleid sehen. Das hier passt eher zu Dagmar Koller.

Softengine (Finnland): Das ist ein modernes Erscheinungsbild: silbernes tailliertes Sakko, schmale Hose. Sehr trendy!

Paula Seling & Ovi (Rumänien): Ein sexy Showkleid, sehr kurz. Sie zeigt Figur und kann sich das auch leisten. Sehr gelungen.

 

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