Afrika: Kontinent leidet unter illegalen Geldflüssen
WIEN. Afrika verliert jährlich durch illegale Abflüsse von Steuergeldern etwa sieben- bis zehnmal mehr, als es durch die öffentliche Entwicklungshilfe bekommt. Diese Tatsache macht Afrika zu einem Nettogläubiger in der globalen Wirtschaft.
Afrika stecke laut Dereje Alemayehu vom Tax Justice Network Africa (TJNA) in einem Teufelskreis der Armut.
Die Verluste in Zahlen: Laut Global Financial Integrity (GFI) verloren die Entwicklungsländer von 2000 bis 2009 insgesamt 8 Billionen US-Dollar aufgrund von illegalen Finanzströmen. Der Verlust Afrikas wird auf 335 Milliarden Dollar geschätzt. Mit einem Wachstum von über 22 Prozent jährlich stiegen die Kapitalflüsse aus Afrika schneller als in anderen Regionen - obwohl Afrika die ärmste Region weltweit ist.
Nicht nur illegale Transaktionen, auch offizielle Steuern kosten Afrika Millionen
"Die Frage ist, ob diverse Steuer-Anreize überhaupt notwendig sind, um ausländische Investoren anzulocken", betonte Alemayehu. Als Beispiel führte er ein Hotel in Tansania an: Da die Investoren die ersten fünf Jahre Steuerfreiheit genießen, wechselt der Betrieb alle fünf Jahre den Besitzer. Die afrikanischen Länder überbieten einander in diesen Steueranreizen und sollten daher Rechenschaft darüber ablegen müssen.
Die Hauptziele der TJNA auf nationaler Ebene in Afrika sind: Die Steuersysteme transparenter und gerechter zu gestalten, den Abfluss durch Steuerbetrug und illegale Kapitalflucht zu stoppen. Dem "race to the bottom" im Steuerwettbewerb unter den afrikanischen Ländern ein Ende zu bereiten und die Harmonisierung der Steuerpolitik zu fördern. Außerdem müsse man die Demokratisierungen unterstützen. International fordert TJNA die Unterbindung von Steueroasen und Briefkastenfirmen, automatischen Informationsaustausch in Steuersachen.
Die Problematiken werden zwar erkannt, doch es hapert an der Umsetzung
Die Anerkennung des Problems sei bereits erreicht, doch es hapere an der Umsetzung: "Die Finanzkrise hat den Druck, den Afrika zuvor aufgebaut hat, geschwächt", bedauerte Alemayehu. Die G20 hätten die politische Macht, haben sich auch die Bekämpfung der Steuerflucht auf die Fahnen geschrieben, doch nun seien die Länder mit ihren eigenen Problemen beschäftigt. Die Auswirkungen der Kapitalflucht beschränken sich jedoch nicht nur auf den Verlust von Ressourcen: Kapitalflucht unterminiere direkt und indirekt die Regierungsfähigkeit und fördere die "Nachfrage- und Angebotsseite" der Korruption.
Ist selbst schuld.
Die Kapitalflucht aus Afrika ist seit langem bekannt. Es sind Afrikas wirtschaftliche und politische Eliten , die illegale Praktiken anwenden, um sich den Reichtum ihrer Ländern anzueignen. Die ins Ausland verschobenen Milliarden fehlen in den Heimat der Machteliten. Die von Tony Blair initiierte "Commission for Africa" hat ausgerechnet, dass sich 40 Prozent der afrikanischen privaten Vermögen außerhalb Afrikas befinden. In Asien sind dies je nach Region 3 und 6 Prozent.
Ein unübersichtliches Chaos von gesetzlichen Bestimmungen gibt Politikern und Funktionären immer wieder einen Vorwand, Gelder von privaten Firmen abzuschöpfen. Das führt zu einer ausgeprägten Schattenwirtschaft und zwingt zahlreiche Unternehmer in eine prekäre Existenz zwischen Legalität und Illegalität.
Volker Seitz, Autor "Afrika wird armregiert"