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Wohnungslosigkeit bei Jugendlichen ist oft "verdeckt"

Von Lisa Penz, Dieter Seitl   09.Mai 2019

Immer wieder gibt es junge Menschen im Innviertel, denen ein festes Dach über dem Kopf fehlt. Zunächst finden die Betroffenen Unterschlupf beim besten Freund, der besten Freundin – zumindest vorübergehend. Sozialarbeiter sprechen von verdeckter Wohnungslosigkeit. Die Jugendlichen leben ohne festen Wohnsitz im Verborgenen. Deswegen sei es schwer, konkrete Zahlen zu nennen, sagt Irene Huss von Treffpunkt Mensch und Arbeit.

Die Ursachen, warum Jugendliche auf der Straße landen, sind vielfältig. Meist sind schwierige Familienverhältnisse schuld. Ob Alkohol- und Drogensucht, finanzielle Probleme oder Gewalt. Die Umstände führen in jenen Fällen dazu, dass die Jugendlichen von den Eltern verwiesen werden oder selbst das Weite suchen.

Schwierig wird es bei der Wohnungssuche, wenn auf Anhieb etwas Passendes benötigt wird. "Wenn sich die Jugendlichen melden, ist die Not meist schon akut – dann brauchen sie etwas für sofort", sagt Huss. Nur gehe Wohnungs- und Arbeitslosigkeit oft Hand in Hand, weshalb es bei den finanziellen Mitteln mau aussehe.

Thema bei Sozialarbeitern

Für junge Menschen, denen droht, auf die Straße abzurutschen, gibt es Notschlafstellen. Die nächsten in Linz und Salzburg. "Das ist zu weit weg", sagt Waltraud Menghin, Kollegin von Irene Huss. Die Jugendlichen hätten hier ihren Lebensmittelpunkt. Gerade in jungen Jahren sei es wichtig, in der Region bleiben zu können. "Hier sind die Freunde, hier gehen die Jugendlichen zur Schule oder Arbeit. Sie haben ihre Verbindungen und ihren Bezugspunkt in der Region. Es wäre fatal, sie da herauszureißen."

Thema ist die Jugendwohnungslosigkeit auch bei den monatlichen Zusammenkommen der Interessensgemeinschaften in Braunau, bei dem sich Vertreter sozialer Einrichtungen treffen, um sich auszutauschen und besser zusammenzuarbeiten.

Nicht nur Junge betroffen

Konkrete Zahlen über Betroffene gebe es keine, sagt Angela Stoffner, Sozialabteilungsleiterin der Bezirkshauptmannschaft Braunau. Die Kinder- und Jugendhilfe werde immer wieder zu Einzelfällen gerufen, in denen Jugendliche nicht wissen, wo sie schlafen sollen. Gründe seien oftmals Familienstreitigkeiten.

Eine Häufung von Wohnungslosigkeit im Jugendalter gebe es aber nicht. Es seien alle Altersgruppen gleichermaßen betroffen. Besonders schwer haben es Frauen, die zuhause Gewalt erfahren.

Wohnungen zu teuer

Wohnen für Junge sei generell viel zu teuer, heißt es in einer Kampagne der SP Oberösterreich. Vor allem junge Menschen, die keine Spitzenverdiener sind, könnten sich eine Wohnung heutzutage kaum noch leisten, sagt SP-Klubvorsitzender Christian Makor, der auf die Kampagnen-Website www.jungeswohnen.rocks verweist. Es sind nicht nur Jugendliche, sondern Leute aller Altersgruppen dazu eingeladen, sich an der Kampagne zu beteiligen, ihre Situation zu schildern und "gemeinsam die nötigen Schritte zu gehen, damit Wohnen leistbar wird", sagt Makor.

Zahlen und Fakten

Wohnungswerber
Innviertler Gemeinden mit den meisten Wohnungswerbern im Jahr 2018:

  • Braunau 3548
  • Ried 567
  • Tumeltsham 180
  • Ostermiething 168
  • Schärding 117
  • Lengau 110


Immobilienpreise
(jeweils pro Quadratmeter, Bezirksdurchschnitt)
Einfamilienhäuser:

  • Schärding 1556 €
  • Braunau 1472 €
  • Ried 1013 €


Eigentumswohnungen:

  • Braunau 2305 €
  • Schärding 1847 €
  • Ried 1768 €


Miete:
(netto, also ohne Umsatzsteuer und Betriebskosten)

  • Ried 7,20 €
  • Braunau 6,50 €
  • Schärding 6,10 €


Richtwertmieten
Der Richtwert für Mieten in Oberösterreich beträgt 6,29 € pro Quadratmeter netto (ohne Steuer, ohne
Betriebskosten). Die SPÖ kritisiert, dass dieser Richtwert in der Praxis kaum Anwendung findet, er gelte nur für wenige Altbauten.


Wohnbeihilfe
wird nur für Wohnungen gewährt, die maximal sieben Euro pro Quadratmeter kosten. Diese Obergrenze gilt seit 2009 für alle privaten Vermietungen. 2018 gab es landesweit 27.647 Bezieher von Wohnbeihilfe.


Haushaltsbudget
Mehr als ein Viertel der Bevölkerung muss mehr als die Hälfte des Einkommens fürs Wohnen ausgeben.
 

Weniger Wohnbeihilfe, steigende Mieten, landesweite Kampagne
Christian Makor, Fritz Schwarzenhofer, Erich Rippl mit Schlüssel

Weniger Wohnbeihilfe, steigende Mieten, landesweite Kampagne

Die Wohnbeihilfe ist ein wichtiges Netz“, betont der Innviertler SPÖ-Klubobmann Christian Makor bei einer Pressekonferenz zum Kampagnen-Motto „Damit Wohnen wieder leistbar wird“. SP-Landtagsabgeordneter Erich Rippl, Bürgermeister von Lengau, nennt ein Beispiel für die aktuelle Problematik: „Bei einer Mutter mit zwei Kindern wurde nach der jüngsten Mieterhöhung die Wohnbeihilfe um die Hälfte gekürzt.“

Seit 2009 gilt die Obergrenze von maximal sieben Euro Miete pro Quadratmeter für den Anspruch auf Wohnbeihilfe. „Damals ist die Obergrenze in einem realistischen Verhältnis zu den marktüblichen Mieten gestanden, aber seither sind die Mieten doppelt so stark gestiegen als die allgemeine Teuerung“, rechnet Makor vor. 27.647 Wohnbeihilfebezieher gab es 2018, 2010 waren es noch fast 40.000, auch die Beihilfesumme sei gesunken, erläutert der Klubobmann und führt den Rückgang auf die Obergrenze zurück. „Die Mieten dürfen nicht ins Unendliche steigen, es sind jetzt schon zu viele Menschen, die 50 Prozent des Einkommens oder sogar mehr fürs Wohnen aufwenden müssen“, betont Rippl. Vor allem in den Industrieregionen des Innviertels und in den grenznahen Gebieten ist die Nachfrage nach Wohnraum enorm. „Es werden gerade 220 neue Wohnungen in der Unterlochner Straße errichtet“, sagt der Mattighofner Bürgermeister Fritz Schwarzenhofer (SPÖ). 2480 Arbeitsplätze in der Gemeinde, mehr als 5000 Einwohner – auch in allen drei Hauptorten der Gemeinde Lengau werde Wohnraum gesucht, ergänzt Rippl. Rund 4500 Wohnungen werden im Innviertel aktuell gesucht, von Zuzüglern ebenso wie von Leuten, die eine andere Wohnung brauchen.

Die SPÖ fordert in ihrer Kampagne ein faires Mietrecht mit einer wirksamen Mietbremse, eine Wohnbauoffensive für gemeinnützige Mietwohnungen und eine gerechte Wohnbeihilfe für Menschen, die Hilfe brauchen.

Die regionale Lage bestimmt die Preise für Eigentum und Mieten
Remax-Experte Martin Rachbauer

Die regionale Lage bestimmt die Preise für Eigentum und Mieten

Angebot und Nachfrage – und damit die regionale Lage bestimmen das Preisniveau der Mieten, so Herwig Pernsteiner, Direktor der Wohnbaugenossenschaft ISG, die deutlich mehr als 15.000 Wohnungen verwaltet. Generell sei das Angebot an Mietwohnungen in der Region in Ordnung.

Unter dem Strich werde derzeit aus lokaler Sicht in der Stadt Ried „vermutlich etwas zu viel gebaut“, so Experten – mit Verweis auf das Stichwort „Betongold“: Veranlagung in Eigentumswohnungen.

Wobei es angesichts der Quadratmeterpreise bei gewissen Objekten für Anleger schwierig werden dürfte, entsprechende Renditen zu erwirtschaften. „Bei mehr als 3000 Euro pro Quadratmeter wird die Luft dünn“, so Remax-Innviertel-Immobilienprofi Martin Rachbauer.

Die Netto-Mieten seien jedenfalls in der jüngeren Vergangenheit generell nicht so stark gestiegen wie die Gesamt-Mietkosten. „Die Nebenkosten erweisen sich hierbei eher als Preistreiber – vom Heizen über die Hausbetreuung bis hin zu den Kanalgebühren.“

Damit seien die Vermieter nicht unbedingt die Profiteure der höheren Gesamtkosten, die den Mietern anfallen. „Das wird für die Eigentümer, die den Wohnraum nicht selbst nutzen, sondern vermieten, irgendwann zum Renditeproblem. Die Preise für Mietwohnungen im städtischen Bereich ziehen jedenfalls eher an.“

Auch die Baufirmen seien gut ausgelastet, was sich bei Neubauten naturgemäß nicht gerade preisdämpfend auswirke. Zudem seien die Baukosten auch getrieben durch Normen – zum Beispiel bei der Energieeffizienz.
Flächendeckend betrachtet habe sich das Angebot an Mietwohnungen im Innviertel in der jüngeren Vergangenheit auch dank Aktivitäten von Wohnbaugenossenschaften deutlich verbessert, so Experten.

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18. April 2024