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Wem gehören die Daten aus dem eigenen Auto?

Von Carsten Hebestreit, 06. April 2019, 00:04 Uhr

Dem Hersteller? Oder doch dem Fahrzeugbesitzer? Bisher gibt’s keine klare Antwort auf diese brenzlige Frage.

Meine Werkstatt hat mir klipp und klar gesagt: Entweder du unterschreibst die Vereinbarung oder wir machen kein Service!" Der OÖN-Leser war ob dieser rauen Vorgangsweise mächtig erbost. Der Autofahrer hätte zustimmen sollen, dass sämtliche Daten aus seinem Auto an den Hersteller geschickt werden dürfen. Von der Sitzeinstellung über die Telefonkontakte bis hin zu zurückgelegten Routen. Sagt der Lenker.

Tatsächlich sind moderne Autos rollende Computer, in denen etliche Gigabyte Daten innerhalb weniger Stunden aufgezeichnet werden (können), die die Hersteller verstärkt nutzen. Viele in Echtzeit. Seat-CEO Luca de Meo sagte im OÖN-Interview (20. Oktober 2018): "Vor ein paar Jahren gab’s ein iPhone und einen iPod. Beide haben exakt gleich ausgesehen, nur hatte der iPod keine Internetverbindung. Das Gerät ist aus dem Apple-Angebot verschwunden, das iPhone hingegen hat die Welt verändert. Was heißt das für uns? Nutzt der Kunde die Konnektivität, haben wir zum ersten Mal auf diesem Weg einen Kontakt zu ihm. Oder, besser, zu seinem Auto. Und dieses Auto wird mit anderen Fahrzeugen, mit anderen Geräten vernetzt. Passiert dies, haben wir plötzlich unfassbar viele Daten, mit denen wir Geld verdienen können. Wir müssen uns auf die Zeiten vorbereiten, in denen wir eben nicht mehr nur mit Stahlblech, sondern auch mit Daten und Services Umsatz machen."

Initiative in Brüssel

Inzwischen stellen aber immer mehr Autofahrer die Frage: Wem gehören die Daten eigentlich? Jenem, der das Auto gekauft hat? Oder doch dem Hersteller? "Die europäischen Mobilitätsclubs haben eine Initiative in Brüssel gestartet, um diese Frage zu klären", sagt Oberösterreichs ÖAMTC-Chef Harald Großauer. Klar sei, dass "die Daten dem Fahrzeughalter gehören". Allerdings ist dieser Umstand nicht gesetzlich geregelt.

Welche Daten gespeichert und an die Hersteller via SIM-Karte übertragen oder beim Werkstattbesuch ausgelesen werden, liege völlig im Dunkeln, sagt Großauer. Die OÖN-Motorredaktion hat die Importeure um eine Stellungnahme gebeten (Bericht nebenan).

Daten automatisch übermitteln

Seit Anfang Mai 2018 müssen alle Neuwagen über das Notruf-System E-Call verfügen. Bei einem Unfall werden folgende Daten automatisch an die europäische Notrufnummer 112 übertragen: Unfallzeitpunkt, genaue Koordinaten des Unfalls, Fahrtrichtung, Fahrzeug-ID. Darüberhinaus können auch die Schwere des Unfalls, die Zahl der Passagiere, ob die Insassen angeschnallt waren und ob sich der Wagen überschlagen hat übermittelt werden.

Auch in speziellen Fahrzeug-Apps sind allerlei Aufzeichnungen abrufbar: Gefahrene Routen, zurückgelegte Kilometer, Tankfüllung, ob der Wagen verschlossen ist usw.

Unklar sind auch die möglichen Konsequenzen, wenn nicht nur der Hersteller, sondern auch Versicherungen oder die Polizei Zugriff darauf haben. Rückwirkend einen Strafzettel wegen überhöhtem Tempo etc. kassieren – "Das ist nur eine Möglichkeit", sagt Harald Großauer. Und: "Fahren mit höherer Drehzahl, stärker bremsen, das ESP öfters aktiv: Möglich wäre, dass Versicherungen solche Lenker als Risikofahrer einstufen und höhere Beiträge von ihm verlangen."

Es gibt freilich viele sinnvolle Möglichkeiten, die Konnektivität zu nutzen: Echtzeit-Navigation, GPS-Ortung bei einem Diebstahl, Unfall-Alarmierung, intelligente Verkehrssteuerung, Warnung vor einem Motorschaden etc. Doch der Fahrzeughalter muss selbst entscheiden können, wem er welche Daten zur Verfügung stellt.

Blockt der Hersteller ab, könnten beispielsweise freie Werkstätten bestimmte Reparaturen nicht mehr durchführen. "Das widerspricht dem freien Wettbewerb", sagt der oberösterreichische ÖAMTC-Chef.

"Schwierige Entscheidung"

Was aber tun, wenn der Händler beim Autokauf eine Datenüberlassungsvereinbarung vorlegt? "Eine schwierige Entscheidung", sagt Großauer. Derzeit mangelt es an Alternativen. Unterschreibt der Kunde nicht, verweigert beispielsweise Tesla den Verkauf. Andere Hersteller reduzieren die Funktionen des Infotainmentsystems. Was verständlich ist, denn ansonsten würden die Anbieter vermutlich gegen die DSGVO (Datenschutzverordnung) verstoßen.

Der ÖAMTC und seine Schwesternclubs "bauen derzeit Druck in Brüssel" auf, um eine Klärung in der Datenfrage zu erzwingen. Ob und wann ein Ergebnis vorliegen wird, ist offen.

 

Was muss der Kunde unterschreiben? Welche Daten werden ausgelesen?

Die OÖN-Motorredaktion fragte bei den österreichischen Importeuren nach „Einen Zugriff aufs Kunden-Smartpohne etc. haben wir nicht“

Moderne Autos sind fahrende Computer. Jedes Fahrzeug sammelt etliche Gigabyte an Daten. Aber: Welche Aufzeichnungen werden von den Herstellern verarbeitet? Muss der Kunde die Daten freigeben?

  • BMW: Fahrzeugdaten, die im Laufe eines Fahrzeuglebens zu Qualitätszwecken oder zum Zweck der Forschung und Entwicklung erhoben werden, werden in jedem Fall so anonymisiert, dass ein Rückschluss auf den Kunden nicht mehr möglich ist. Widerspricht der Kunde hingegen der Zurverfügungstellung seiner personenbezogenen Daten, so kann das abhängig vom jeweiligen Service dazu führen, dass der Nutzer diesen Service nur eingeschränkt oder gar nicht mehr nutzen kann. Wie beispielsweise die „Connected App“. Oder auch das BMW-eigene Callcenter, das im Notfall kontaktiert werden kann. Diese Funktion lässt sich einfach deaktivieren. Nicht betroffen davon ist der EU-Notruf E-Call.

    Über eine fest eingebaute SIM-Karte werden Telematik-Daten auf BMW-Server übertragen. Nach Einwilligung der Kunden werden Service-Daten auch an Drittanbieter weitergeleitet, damit diese diverse Dienstleistungen zur Verfügung stellen können. Um dies zu untersagen, genügt ein Mausklick.
  • Ford: Beim Download der FordPass-App muss der Datenverarbeitung zugestimmt werden. Stimmt ein Kunde nicht zu, kann die App nicht verwendet werden. Übertragen (in den Werkstätten) werden nur Fahrzeugdaten, keine persönlichen Daten.
  • Honda: Der Kunde muss keine Vereinbarung unterschreiben, da „keine persönlichen Daten ausgelesen werden“. Honda liest Fehlercodes und fahrzeugspezifische Daten aus, die zur Behebung eines eventuell vorhandenen Problems notwendig sind. GPS- oder Telefondaten werden nicht übermittelt.
  • Hyundai: Mit dem Werkstattauftrag erlaubt der Kunde das Auslesen der Fahrzeugdaten (keine persönlichen Daten). „Ohne Auftrag (Werkstattauftrag) keine Leistung“, sagt Hyundai Österreich.
  • Kia: Ausgelesen werden rein fahrzeugspezifische und keine persönlichen Daten.
  • Mazda: Die Unterzeichnung der Einwilligungserklärung zur Datenverarbeitung ist freiwillig. Unterschreibt ein Kunde nicht, hat dies lediglich Auswirkungen auf künftige Werbeaktivitäten, aber nicht auf die Durchführung von Service- und Wartungsarbeiten. Welche Smartphone-Daten ausgelesen werden, entscheidet der Kunde selbst (MDZ Connect System). Die Freisprecheinrichtung kann verwendet werden, auch wenn der Zugriff auf die Kontakte oder Nachrichten verweigert worden ist.
  • Mercedes: Eine gesonderte Erklärung muss nicht unterschrieben werden, sondern die Datenverarbeitung erfolgt bei Erteilung eines Werkstattauftrages bzw. im Rahmen des Mercedes Me-connect-Vertrages beim Auslesen over-the-air. Erlaubt wird nur das Übermitteln der Fehlercodes (bis 2014 via OBD2-Schnittstelle, danach over-the-air ins Daimler Vehicle Backend). „In beiden Varianten werden nur fahrzeugspezifische Werte – keine personenbezogenen Werte – übermittelt. Ein Zugriff aufs Kunden-Smartphone oder andere mobilen Devices der Kunden haben wir nicht“, sagt Mercedes.
  • Toyota: Aufgezeichnet werden Daten wie Motordrehzahl, Gaspedalstatus, Tempo, Betriebsstatus der Assistenzsysteme wie ABS etc. Diese Fahrdaten werden zur Diagnose von Funktionsstörungen verwendet. Persönliche Daten werden nicht verarbeitet, betonen die Japaner.
  • Volvo: Der Kunde muss keine Vereinbarung unterschreiben. Ausgelesen werden Fehlercodes sowie Diagnoseinformationen und Fahrzeugidentifikationsnummern (VIN) zum Zweck der Autoreparatur. Dazu muss das Fahrzeug an das Diagnosesystem VIDA (Vehicle Information Diagnostic for Aftersales) angeschlossen werden. „Es ist nicht möglich, Informationen aus Smartphones auszulesen.“
  • Volkswagen: Die Kunden müssen jeglicher Verwendung der gesammelten Daten zustimmen. Mobilitätskonzepte der Zukunft, wie vernetztes Fahren, sind auf den Austausch und die Analyse von diesen Daten angewiesen. Dabei handelt es sich grundsätzlich um „Big Data“, also nicht um personifizierte Daten. Die Daten werden anonymisiert weitergegeben, bekräftigt Volkswagen.
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Autor
Carsten Hebestreit
Redakteur Motor
Carsten Hebestreit

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1  Kommentar
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weinberg93 (16.311 Kommentare)
am 07.04.2019 16:53

"Meine Werkstatt hat mir klipp und klar gesagt:"

Na dann halt Automarke oder Werkstätte wechseln.

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