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Herr über 5890 Pfeifen

Von Bernhard Lichtenberger   08.Dezember 2018

Unbeschreiblich! Die Größe, der Klang, die Tiefe. Da wirst du mit allen Sinnen gepackt, das spürst du von der kleinen Zehe bis zur Nase durch", sagt Wolfgang Kreuzhuber über die Rudigierorgel. Die Beziehung zu ihr pflegt er seit 1982. Da wurde er zum Domorganisten ernannt. "Es ist eine sehr glückliche Ehe geworden, wo man aneinander wächst, immer wieder Neues entdeckt."

Morgen, wenn um 10 Uhr mit Bischof Manfred Scheuer der 50. Geburtstag einer der bedeutendsten Orgeln im deutschsprachigen Raum mit einem Festgottesdienst gefeiert wird, zieht der gebürtige Innviertler deren Register. 70 stehen zur Verfügung, und 5890 Pfeifen. Gemeinsam mit Gerhard Raab an der Pflüger-Chororgel wird unter der Leitung von Domkapellmeister Josef Habringer die am 8. Dezember 1901 in Paris uraufgeführte "Messe solennelle" in cis-Moll, op. 16, des Franzosen Louis Vierne gespielt, die dieser für gemischten Chor und zwei Orgeln geschrieben hat.

Nicht nur harmonisch

Der Weg vom Wunsch bis zur Weihe der Rudigierorgel am 7. Dezember 1968 durch Bischof Franz Salesius Zauner verlief nicht nur harmonisch. Ursprünglich verfolgte der Dommusikverein unter Dompfarrer Josef Ledl den Plan, das repräsentative Instrument schon 1962 zur 100-Jahr-Feier der Grundsteinlegung des Maria-Empfängnis-Doms erklingen zu lassen. Trotz zahlreicher kleiner und großer Spenden des Diözesan-Volkes füllte sich der Klingelbeutel nicht im erforderlichen Maß. Zudem regte sich im Klerus Widerstand: Wie könne man in eine Kirchenorgel investieren, wenn andernorts Menschen hungerten?

Erst das engagierte Eintreten des damaligen Landesrats und späteren Landeshauptmanns Erwin Wenzl, der finanzielle Unterstützer fand, brachte das Vorhaben auf die Zielgerade. Die komponierenden Priester-Brüder Josef und Hermann Kronsteiner sowie der Orgelsachverständige Egon Krauss gaben beratend den Ton an. Beauftragt wurden die dänischen Orgelbauer Marcussen & Søn.

So entstand "ein wunderbares Instrument, mit dem man auf hohem künstlerischen Niveau mit allen Möglichkeiten der Klangfarben fast die ganze Orgelliteratur darstellen kann", sagt Kreuzhuber. Die Patina, die sich in 50 Jahren anlegte, habe nicht geschadet: "Rotwein braucht eine gewisse Zeit, um sein Bouquet zu entwickeln. Beim Orgelklang ist es nicht anders. Die kleinen Staubkörnchen in den Pfeifen veredeln den Klang."

Ein Heiligtum

Das allererste Mal saß der Hohenzeller als 24-jähriger Student an der Rudigierorgel, "weil sie für die Friedenswallfahrt für Polen mit geschätzten 12.000 Menschen im Dom einen Organisten gesucht haben. Bis dahin durften Normalsterbliche und nicht in die höheren Weihen Eingetretene das Instrument nicht einmal berühren. Sie galt als Heiligtum", erzählt Kreuzhuber.

Als Domorganist hält er es anders. Im Zuge von Workshops und in der Sommer-Reihe "Musik am Mittag" eröffnet er jungen Organistinnen und Organisten die Chance, sich an der Rudigierorgel auszuprobieren. "Das fühlt sich dann so an wie für einen normalen Autofahrer, der in einen Formel-1-Boliden einsteigen darf."

Dompfarrer Ledl sah in dem Instrument damals eine Vollendung: "Nun steht die prachtvolle Orgel gleichsam als ,Schlussstein’ im Dom, der durch sie sehr an Schönheit gewonnen hat und durch sie berühmt wurde."
 

Die Rudigierorgel in Zahlen

  • 5890 Pfeifen enthält die Rudigierorgel im Linzer Mariendom. 5604 davon aus Zinn, 162 Pfeifen sind aus Kupfer, 68 aus Eichenholz und 56 aus Messing.
  • 300 Kilo wiegt die größte unter den Orgelpfeifen, mehr als neun Meter ist sie lang.
  • 70 Register kann der Organist ziehen. Sechs bis sieben Sekunden lang hallt der Ton in der größten Kirche Österreichs nach.
  • 15,38 Meter ist die imposante Orgel insgesamt hoch. Sie zieht sich über vier Stockwerke.
  • In der Breite erstreckt sie sich über 7,25 Meter.
 
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19. April 2024