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Die Stille Nacht lasst ihm ka Ruah

Von Helmut Atteneder, 01. Dezember 2018, 00:04 Uhr
Die stille nacht lasst ihm ka ruah
Hans Schwarzmayr vulgo Stöckö Hauns beim Aktenstudium im Franz-Xaver-Gruber-Gedächtnishaus in Hochburg-Ach Bild: VOLKER WEIHBOLD

Seit fünf Jahren ist Hans Schwarzmayr Kustos im Franz-Xaver-Gruber-Gedächtnishaus in Hochburg-Ach. Übern Gruaba kann dem Stöckö Hauns keiner was erzählen.

Draußen rieselt leise der Schnee, aber drinnen dreht sich alles um die Stille Nacht. Am Stubntisch im Herrgottswinkel des Franz-Xaver-Gruber-Gedächtnishauses in Hochburg-Ach sitzt Hans Schwarzmayr, vulgo Stöckö Hauns. Der 74-Jährige ist Kustos in diesem Museum, in dem die Gruber-Gemeinschaft alles zusammengetragen hat, was an das Leben des Komponisten und sein One-Hit-Wonder namens "Stille Nacht" erinnert. In der "Steinpoint-sölde" in der Gemeinde am äußersten Zipfel des Bundeslandes wurde Franz Xaver Gruber am 25. November 1787 geboren. Das liebevoll er- und eingerichtete Museum ist eine Art Nachbau dessen Geburtshauses. Durch den Kachelofen pfeift grad der Wind, als der Stöckö Hauns wie ein Wasserfall vom Gruber zu reden beginnt. Der Hauns nennt sich zu Recht einen Ureinwohner von Hochburg-Ach. Mit Baujahr 1944, fügt er an. Nächstes Jahr wird der Bauernsohn und Maurer im zweiten Bildungsweg ("Immerhin hob i mir mein eigenes Haus bauen können, und es steht immer nu.") also 75. Vor fünf Jahren hat er den legendären Ehrenkustos Werner Sützl beerbt, weil "wenn ma so a Chance bekommt, dann lehnt ma des ned ab".

Seither gibt der Stöckö Hauns sein reiches Wissen über den Geburtsort des weltbekannten Liedes an die jährlich knapp 3000 Museumsbesucher weiter. Und weil die Ehre gar so groß ist, hat er sich zwei Jahre lang so richtig in den Gruber verbissen, hat viel gelesen und studiert, daheim hat er ganze Schachteln voll mit Informationen und Einschlägigem, weil "wenn man sich den Kustos einbüdt, dann muss man auch mehr wissen als die anderen. Heute trau ich mich überall mitreden, wenn es um den Gruber und den Josef Mohr geht." Manchmal gibt es sogar Breaking News: "Bisher hat ma immer glaubt, der Gruber hat zehn Kinder gehabt. Es waren aber nur neune."

Eigentlich hätte der Hauns ja den Stöckl-Hof übernehmen sollen, aber daraus ist nichts geworden, weil der Doktor beim 18-jährigen Buam eine schwere Gelbsucht festgestellt hat. Auch bei der Diagnose war der Herr Doktor nicht zimperlich: "Länger als zehn, 15 Jahr wird der Bua ned durchhalten."

Die Prognose war Gott sei Dank ein handfester Blödsinn. Das Weihnachten von früher hat der Vater von drei Dirndln fest in sich abgespeichert. „Wenn es Richtung Weihnachten gangen ist, dann sind wir zum Christbaumsuchen in den Woid. Heute wird ja der schönste Baum für Weihnachten ausgesucht, damals war’s der Baum, der am wenigsten abgegangen ist.“

Die Stille Nacht aus dem Kriegsradio

Eines haben die Hochburger damals wie heute draußen im Ort und drinnen in den Stuben immer zelebriert: die „Stille Nacht“. Um fünf Uhr abends hat der Vater sein krachendes Transistorradio, das er vom Krieg aus Norwegen mit nach Hause gebracht hat, eingeschaltet. „Und dann ist g’sunga worn.“ Da senkt sich der Blick vom Stöckö Hauns.

Hoizschuah hat der Vater untern Christbaum gelegt, oder von der Mama selbst g’strickte Söckön. Auch an ein – wenn auch im Vergleich zum Jahrhunderte überdauernden Geistesblitz des Franz Xaver Gruber am 24. Dezember 1818 bescheidenes – Weihnachtswunder erinnert er sich. Weil die Eltern während des Zweiten Weltkrieges einen Salzburger Tischler mit Milch, Fleisch und Eiern versorgt haben, hat sich der Tischler später einmal revanchiert. „Mit ana kompletten Bauernstubm.“

Dazu fällt dem Hauns eine Geschichte ein. Mit zwölf Jahren hat den jungen Hauns einmal der Rappel gepackt, und dann ist er hinaus in den Wald und hat dort einen derart verkrüppelten Holzstock gefunden, dass er daraus seine erste eigene Weihnachtskrippe machen wollte. „Vielleicht hätt’ i des ned in da neuen Bauernstubm mochen solln“, sagt der Hauns.

Da huscht wieder ein winziges Lächeln über seine Lippen. Er senkt den Blick und sagt: „Da ist es mir so gangen wia dem Gruaba. Zuerst hat der Votta g’schimpft, und erst wia i mit der Krippn den ersten Preis g’mocht hob, haum se die Wogen dahoam wieder geglättet.“ Zur Erklärung: Dem Gruber seinem Vatern war es zuerst auch nicht recht, dass einer aus der traditionellen Weberdynastie Lehrer werden wollte. Erst, als er einer war, hat’s passt.

Unterwegs auf dem Friedensweg in Hochburg-Ach Bild: Volker Weihbold

Hauns, der Humorist

Dieses Verschmitzte am Hauns verrät eine zweite große Leidenschaft, neben dem Gruaba und seiner Stillen Nacht. Über Jahrzehnte war Hans Schwarzmayr als Humorist und Hochzeitslader bekannt und beliebt. Hunderte Leut’ hat er verheiratet, und lange hat’s keinen Frühschoppen in Hochburg und Umgebung gegeben ohne den feinen Humor vom Hauns. „Mia is nia a Pfarrer von einer Veranstaltung davongaunga. Darauf bin i stoiz“, sagt er. Nur im benachbarten Bayern hat er sich humortechnisch nicht anschauen lassen: „Des wär’ grad so, wie waunst a Bier ins Hofbräuhaus bringst.“ Einen Witz hat der Hauns aber immer auf Lager. „Bei ana Hochzeit hod mi der Bräutigam gefragt, ob des stimmt, dass de Verheirateten länger leben. Hob i g’sagt: Länger lebm tuns in Wirklichkeit ned, ober es kummt eana so vor.“

Ganz im Ernst sind die Hochburger schon sehr stolz auf ihren Gruber. Früher, da gab es eine veritable Rivalität unter den vielen Gemeinden, die sich die Stille Nacht in irgendeiner Form aufs Revers geheftet haben. Und sei es nur, dass der Gruber oder der Mohr halt kurz einmal dort gewohnt haben.

„Grüß Gott, Löwe“: Schwarzmayr als Humorist mit dem ehemaligen Landeshauptmann Erwin Wenzl. Bild: privat

Die (Un-)Gnade der Geburt

Der Hauns hat sich auch darauf längst seinen Reim gemacht: „Es ist ja nichts Verwerfliches daran, dass man stolz ist, dass der Mann hier geboren ist. Aber der Gruaba und der Mohr täten sich wahrscheinlich schämen, wenn sie mitbekommen würden, was die Welt mit diesem einfachen Lied alles herumdoktert hat.“

Und dem Stöckö Hauns fällt auch da ein guter Vergleich ein, mit dem er untermauert, dass es nicht richtig ist, wenn ein Ort auf einen einzigen Menschen reduziert wird, weil der zufällig da geboren ist. „23 Kilometer von uns weg, in Braunau, da sind sie bestimmt nicht stolz, dass genau dort ein gewisser Mensch geboren worden ist.“
Draußen rieselt immer noch leise der Schnee. Drinnen singt der Wind durch den Kachelofen. Der Stöckö Hauns sinniert vor sich hin. Und die Nacht wird langsam still. 

 

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